Filmografie / Hörspiel
Josef Sieber wurde am 28. April 1900 als Sohn eines Arbeiters – sein Vater Ludwig Sieber war Schachtmeister – im westfälischen Witten1) geboren. Als er zwei Jahre alt warten, zogen seine Eltern ins sauerländische Halver1), wo Josef Sieber seine Kindheit und Jugend verbrachte. Nach der Volksschule machte er eine Schlosserlehre, entschied sich dann aber für die "christliche Seefahrt" und ging mit 16 Jahren als Schiffsjunge zur Handelsmarine, später als Freiwilliger zur Kriegsmarine, fiel seinen Kameraden durch seine schöne Gesangsstimme auf. Nach Ende des 1. Weltkrieges fuhr er zunächst weiter zur See, verspürte dann jedoch den Wunsch, Schauspieler zu werden. Anfang der 1920er Jahre besuchte der musisch begabte Sieber das Konservatorium in Hagen, schnupperte Theaterluft als Statist am "Städtischen Schauspielhaus Hagen"1) und wurde mit seiner schönen Baritonstimme Mitglied des Theaterchors.
Nach Beendigung seiner Ausbildung erhielt er 1924 ein festes Engagement am "Städtischen Schauspielhaus" in Hagen, wo er zunächst kleine Rollen spielte, aber auch als Sänger in Erscheinung trat. Weitere Stationen seiner Theatertätigkeit wurden das "Stadttheater Würzburg"1) (1926) und das "Stadttheater Aachen"1) (1927). Von 1931 bis 1933 gehörte er zum Ensemble des "Hessischen Landestheaters Darmstadt"1), anschließend wechselte Sieber an das Berliner "Schillertheater"1), wo er meist bodenständige Figuren spielte und an der Seite so legendärer Kollegen wie beispielsweise Heinrich George (1893 – 1946) und Eugen Klöpfer (1886 – 1950) zu sehen war. Bis Kriegsende gehörte Sieber, der 1938 mit dem Titel "Staatsschauspieler" ausgezeichnet worden war, dem Ensemble der Berliner "Volksbühne"1) an, konnte auch nach 1945 seine Theatertätigkeit ungemindert fortsetzen, da er sich immer von den braunen Machthabern distanziert hatte, auch wenn er sich der NS-Propagandafilm-Maschinerie nicht ganz entziehen konnte.
 

Josef Sieber (r.) mit Werner Hinz in dem Schauspiel "Die Wildente"1)
von Henrik Ibsen1) an der Berliner "Volksbühne"
Regie: Karl Heinz Martin1) → Info-Karte; Premiere: 23. April 1941
www.volksbuehne-berlin.de
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0082187)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Josef Sieber (rechts) mit Werner Hinz in dem Schauspiel "Die Wildente" von Henrik Ibsen; Regie; Karl Heinz Martin; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0082187); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Quelle: www.deutschefotothek.de
Szenenfoto mit Josef Sieber und Kate Kühl aus "Die Dreigroschenoper": Premiere: 15. August 1945 am Berliner "Hebbel-Theater"; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000011_010); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Quelle  www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 Als sich am 15. August 1945 im Berliner "Hebbel-Theater"1) mit "Die Dreigroschenoper"1) von Bertolt Brecht/Kurt Weill1) der erste Vorhang nach Kriegsende hob, gehörten unter der Regie von Karlheinz Martin1) Josef Sieber als "Bettlerkönig" Jonathan Jeremiah Peachum und Kate Kühl1), die in der von Erich Engel1) inszenierten Uraufführung am 31. August 1928 im "Theater am Schiffbauerdamm"1) die Lucy gespielt hatte, als dessen Frau Celia Peachum zur Besetzung. Als Macheath, genannt "Mackie Messer" glänzte Hubert von Meyerinck, als Polizeichef "Tiger" Brown (Hans Leibelt) und Roma Bahn als dessen Tochter Lucy. Sieber trat in den Folgejahren an verschiedenen deutschen Bühnen auf, war unter anderem zwischen 1949 und 1954 Mitglied der "Hamburger Kammerspiele"1), lebte später in München.
 
Szenenfoto mit Josef Sieber und Kate Kühl aus "Die Dreigroschenoper"
Premiere: 15. August 1945 am Berliner "Hebbel-Theater"
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000011_010)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983)
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
Vor allem durch den Film wurde Sieber einem breiten Publikum bekannt. Meist waren es prägnante Nebenrollen, die der eher bieder wirkende Mann in seinen mehr als 60 Kinofilmen auf der Leinwand verkörperte. Erste Erfahrungen vor der Kamera sammelte der Schauspieler in den Streifen "Pappi"2) (1934) und "Ein Mann will nach Deutschland"1) (1934), weitere kleinere Aufgaben erhielt er in Unterhaltungsproduktionen wie "Punks kommt aus Amerika"3) (1935), "Zigeunerbaron"3) (1935), "Das Mädchen Johanna"1) (1935) und "Die letzten Vier von Santa Cruz"3) (1936). Mit der Zeit wurden die Rollen größer, in der ganz auf den berühmten italienischen Tenor Beniamino Gigli zugeschnittenen melodramatischen Romanze "Du bist mein Glück"3) (1936) mimte er als Carlo Scarpa den Entdecker und Förderer des Startenors Mario Monti (Beniamino Gigli). Es folgten Produktionen wie "Hummel – Hummel" (1936), "Mordsache Holm"1) (1938), "Verwehte Spuren"1) (1938) oder "Hochzeit mit Hindernissen"3) (1939), bis Kriegsende agierte Sieber in zahlreichen Streifen an der Seite so legendärer Ufa-Stars jener Jahre wie Hans Albers, Willy Fritsch, Heinz Rühmann, Emil Jannings, Marika Rökk, Zarah Leander oder Kristina Söderbaum
Überwiegend sind es die urwüchsigen, kauzigen Typen, mit denen Sieber dem Kinopublikum in Erinnerung geblieben ist, auch wenn ihm nie die ganz großen Hauptrollen vergönnt waren. So zeigte er sich beispielsweise mit Hans Albers in dem Abenteuer "Wasser für Canitoga"1) (1939) und mit Heinz Rühmann in der Komödie "Paradies der Junggesellen"1) (1939). Sieber mimte hier den Apotheker Cäsar Spreckelsen, der sich mit heiratsunwilligen, bereits zweifach geschiedenen Standesbeamten Hugo Bartels (Heinz Rühmann) und dem Studienrat Dr. Balduin Hannemann (Hans Brausewetter) eine Wohnung teilt, um gemeinsam den Reizen der Damenwelt besser widerstehen zu können. Unvergessen bleibt wohl das Lied "Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern", welches Sieber gemeinsam mit Rühmann und Brausewetter schmetterte. René Deltgen und Ernst von Klipstein waren seine Partner in dem Zirkusfilm "Die 3 Codonas"1) (1940), der Geschichte vom Aufstieg und Untergang der gleichnamigen, weltberühmte Trapeztruppe, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Furore gemacht hatte.
Es folgten zahlreiche populäre Produktionen, mit denen auch Sieber zum Publikumsliebling avancierte. Neben Emil Jannings und Werner Krauss schlüpfte er in dem Biopic "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes"1) (1939) in das Kostüm eines Waldhüters, erneut mit René Deltgen drehte er den Spionagestreifen "Achtung! Feind hört mit!"1) (1940) und spielte einen Werkmeister, in "Kora Terry"1) (1940) sah man ihn an der Seite von Marika Rökk und Will Quadflieg als getreuen Freund Karel Tobias, genannt "Tobs". Zur Filmografie jener Ära zählen "Das Herz der Königin"1) (1940) mit Zarah Leander als schottische Königin Maria Stuart1), "Diesel"1) (1942) mit Willy Birgel als Rudolf Diesel1), "Paracelsus (1943) mit Werner Krauss als Theophrastus Bombastus von Hohenheim1), genannt "Paracelsus", oder "Junge Adler"1) (1944) mit jungen Darsteller wie Dietmar Schönherr, Hardy Krüger und Gunnar Möller, die nach 1945 Karriere bei Film und Fernsehen machten. Eine seiner seltenen Hauptrollen spielte Sieber in dem Flussschiffer-Drama "Schicksal am Strom" (1944) und verkörperte den Binnenschiffer Karl Rubach, Besitzer eines alten Frachtkahns, der auch wegen der Ausbildung seiner Tochter (Karin Hardt) in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Eine seiner letzten Filme bis Kriegsende war die Literaturadaption "Der stumme Gast"1) (1945) frei nach der Novelle "Unterm Birnbaum"1) von Theodor Fontane1) mit der Rolle des Knechts Jakob Hinzpeter, "Die Schenke zur ewigen Liebe" (1945) nach dem Roman von Walter Vollmer"1) blieb unvollendet.
"Morituri": Abildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche den Film am 22.08.2014  auf DVD herausbrachte. "Morituri": Szenenfoto mit Carl-Heinz Schroth (Armand) und Josef Sieber (Eddy, der Staatenlose); mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche den Film am 22.08.2014  auf DVD herausbrachte. Nach Ende des 2. Weltkrieges konnte Sieber seine Filmkarriere erfolgreich fortsetzen, gehörte als Eddy, der Staatenlose, zur Besetzung des von Eugen  York1) in Szene gesetzten Dramas "Morituri"1) (1948), einer der ersten deutschen Spielfilme, der sich mit dem Holocaust1) auseinander setzte und nach einer Idee von Produzent Artur Brauner1) realisiert wurde.

"Morituri": Abbildung DVD-Cover bzw. Szenenfoto
mit Carl-Heinz Schroth (l.) als KZ-Häftling Armand
und Josef Sieber als Eddy, der Staatenlose
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche
den Film am 22.08.2014 auf DVD herausbrachte.

Sieber blieb seinem Image treu und mimte auch im deutschen Nachkriegsfilm meist bodenständige, urwüchsig-arglose, oft humorige Typen. Er gab Hausmeister wie in dem Krimi "Fünf unter Verdacht"1) (1950), Oberförster wie in dem Heimatfilm-Klassiker "Grün ist die Heide"1) (1951), Polizisten wie in dem Rühmann-Klassiker "Keine Angst vor großen Tieren"1) (1953), alte Artisten wie in dem Zarah Leander-Melodram "Ave Maria"1) (1953) oder Pförtner wie in Helmut Käutners1) sozialkritischem Drama "Der Rest ist Schweigen"1) (1959). Man erlebte ihn unter anderem als Kleinkriminellen Kruschke in Kurt Hoffmanns1) Komödie "Klettermaxe"1) (1953), als Ex-Wachtmeister Pauschke in den beiden Teilen von "Meines Vaters Pferde" (1954, "Lena und Nicoline"/"Seine dritte Frau") sowie als sympathisches Faktotum Hein Daddel in der "Immenhof"-Trilogie "Die Mädels vom Immenhof"1) (1955), "Hochzeit auf Immenhof"1) (1956) und "Ferien auf Immenhof"1) (1957). Seine Charakterstudie des alten, starrsinnigen Großvaters Kraske in der von Herbert Ballmann1) nach dem gleichnamigen Jugendbuch1) von Erwin Strittmatter1) für die DEFA1) realisierten Adaption "Tinko"1) (1957) brachte Sieber exzellente Kritiken ein. Zu seinen letzten Arbeiten vor der Kinokamera zählte die von dem gleichnamigen Roman1) von Jerome K. Jerome1) inspirierte Komödie "Drei Mann in einem Boot"1) (1961), wo er neben Walter Giller, Heinz Erhardt und Hans-Joachim Kulenkampff den Kapitän Ackerboom mimte → Übersicht Kinofilme.
  
Seit Ende der 1950er Jahre trat Sieber vermehrt im bundesdeutschen Fernsehen auf, bereits 1952 hatte er in dem Stück "Stille Nacht, Heilige Nacht"4) über die Entstehung des berühmten Weihnachtsliedes "Stille Nacht, Heilige Nacht"1) von Josef Mohr1) (Text), dargestellt von Alf Pankarter (1916 – 1993), und Franz Xaver Gruber1) (Musik), dargestellt von Hans Henn (* 1926), mitgewirkt. 1957 beeindruckte er beim "Deutschen Fernsehfunk"1) (DFF) unter der Regie von Wolfgang Luderer1) mit der Hauptrolle eines spielsüchtigen Kleinbürgers in dem Fernsehspiel "Baccarat"5) aus der Feder von Leonhard Frank1) und bewies einmal mehr, dass er nicht nur in leichten Unterhaltungsfach zu überzeugen wusste. In "Ein gewisser Judas"4) (1958) nach dem Bühnenstück "Un nommé Judas" von Claude André Puget (1905 – 1975) und Pierre Bost mit Oskar Werner (auch Regie) als Judas1) zeigte er sich als der Schmied Bartholomäus. Bis zu seinen frühen Tod sah man den Schauspieler auf dem Bildschirm unter anderem in zwei "Stahlnetz"-Folgen, unter der Regie von John Olden1) gab neben Inge Meysel als Catherine Lefèbvre1), genannt "Madame Sans-Gêne", einen Bänkelsänger in "Madame Sans-Gêne"4) (1960) nach dem Bühnenstück von Victorien Sardou1) oder war in Literaturverfilmungen wie "Die Dame ist nicht fürs Feuer"4) (1960) von Christopher Fry1) und "Die Wildente"4) (1961) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Henrik Ibsen1) im Fernsehen präsent. Nach der Rolle des Genossen Schmidt in dem Dreiteiler "Die Revolution entlässt ihre Kinder"4) (1962), von Rolf Hädrich1) nach der Autobiografie von Wolfgang Leonhard1) mit Christian Doermer in der Hauptrolle in Szene gesetzt, stand er letztmalig für die Kriminalkomödie "Heiraten ist immer ein Risiko"4) (EA: 17.03.1963) nach dem Schauspiel "Risky Marriage" von Peter Hacks1) (unter dem Pseudonym "Saul O'Hara"1)) als Oberst John Brocklesby vor der Kamera → Übersicht TV-Produktionen.
Zudem betätigte dich der Schauspieler verschiedentlich als Sprecher beim Hörfunk, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.

Josef Sieber starb mit nur 62 Jahren am 3. Dezember 1962 in Hamburg an den Folgen eines Herzanfalls; die letzte Ruhe fand der stets bescheiden wirkende Schauspieler auf dem Friedhof in Grünwald1) bei München (Grabfeld 8a) → Foto der inzwischen nicht mehr existierenden Grabstelle bei knerger.de. Seit 1935 war er mit Ehefrau Johanna (geborene Karola Johanna Hildebrandt; 14.11.1909 – 24.11.1994) verheiratet, die später an der Seite ihres Mannes beigesetzt wurde.

Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch sowie
den Artikel zum 100. Geburtstag in "Das Ostpreußenblatt" bei www.webarchiv-server.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmdienst.de, 3) filmportal.de, 4) Die Krimihomepage, 5) fernsehenderddr.de
      
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia,  filmportal.de, Murnau Stiftung,
Die Krimihomepage, fernsehenderddr.de, kulturportal-west-ost.eu)
Kinofilme Fernsehen
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de