Filmografie / Hörspiel
Claus Biederstaedt erblickte am 28. Juni 1928 im damals pommerschen Stargard1) (heute Polen) als einziger Sohn von Fritz Biederstaedt (1897 – 1971), Oberstudienrat für Musik und Geschichte, der auch als Dirigent und Organist tätig war, und dessen Ehefrau, einer Musikpädagogin und Sängerin, das Licht der Welt.
Claus Biederstaedt; Copyright Virginia Shue Noch kurz vor Kriegsende musste der Gymnasiast seinen Militärdienst leisten und wurde als Reserveoffiziersbewerber bei der Luftwaffe eingesetzt. Wikipedia notiert: "Als 16-jähriger Schüler wurde er während des 2. Weltkrieges an die Ostfront einberufen. Nachdem seine Mitschüler alle gefallen waren, gelang es ihm gerade noch, mit einem verwundeten Kameraden vor den heranrückenden sowjetischen Truppen in Richtung Westen zu fliehen. Biederstaedts Mutter, ebenfalls auf einem Treck nach Westen unterwegs, war aufgrund der desolaten Lage der festen Überzeugung, ihr einziger Sohn Claus sei gefallen, und nahm sich daher das Leben. Nachdem er wieder mit seinem Vater zusammengetroffen war, zogen beide nach Hamburg. Dort besuchte er das "Wilhelm-Gymnasium"1), um sein Abitur nachzuholen
  
Das Foto wurde mir freundlicherweise von
der Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Anschließend begann Biederstaedt ein Medizinstudium, das er jedoch nach vier Semestern zugunsten einer Schauspielausbildung abbrach, nachdem er Will Quadflieg kennenlernte. Dieser gab ihm an der an der Schauspielschule des Hamburger "Deutschen Schauspielhauses"1) Unterricht, weitere Lehrer waren unter anderem Josef Dahmen (1903 – 1985) sowie Joseph Offenbach (1904 – 1971), bei dem er sich zeitweise als Regieassistent betätigte. Das aufstrebende Talent erwarb sich Kenntnisse im Fechten, rhythmischer Gymnastik, Kostümkunde, Literaturgeschichte, Sprechtechnik und dem Rollenstudium. Nach der Abschlussprüfung vor der "Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger" erhielt Biederstaedt 1950 ein erstes Theaterengagement am "Staatstheater Wiesbaden"1), Engagements an Bühnen in Hamburg, Berlin, München und Köln sollten folgen.
Anfang der 1950er Jahre holte ihn Regisseur Rolf Hansen1) für den Dieter Borsche-Streifen "Die große Versuchung"1) (1952) erstmals vor die Kamera und übertrug ihm die Rolle des jungen Assistenzarztes Huber. Für seine überzeugende Darstellung wurde Biederstaedt auf Anhieb mit dem "Bundesfilmpreis"1) als "Bester Nachwuchsdarsteller"1) ausgezeichnet.
1953 folgte die Rolle des Rautenkranz in der heiteren Geschichte in "Liebeskrieg nach Noten"1), anschließend übernahm er prägnante Nebenrollen in Produktionen wie "Ewiger Walzer"1) (1954), "Sauerbruch – Das war mein Leben"1) (1954) oder "Kinder, Mütter und ein General"1) (1955). 1954 erlebte man ihn als Robert in "Feuerwerk"1) neben Lilli Palmer und Romy Schneider, 1955 mimte er in der Kästner-Verfilmung "Drei Männer im Schnee"1) den Dr. Fritz Hagedorn als Partner der beiden anderen "Männer im Schnee" Paul Dahlke und Günther Lüders.
Von nun an war Biederstaedt auf den Typ des Sonnyboys, dem die Herzen der Frauen zufliegen, festgelegt. Er zeigte sich an der Seite vieler weiblicher Stars der 1950er Jahre, so in "Schwarzwaldmelodie"1) (1957) und "Die Christel von der Post"1) (1956) mit Gardy Granass, in "Das Donkosakenlied"1) (1956) mit Sabine Bethmann, in "Kleines Zelt und große Liebe"1) (1956) mit Susanne Cramer1), in "Kindermädchen für Papa gesucht"1) (1957) und "Die Beine von Dolores"1) (1957)  mit Germaine Damar, in "Scala – total verrückt"1) (1958) mit Maj-Britt Nilsson1) und in "Mandolinen und Mondschein"1) (1959) mit Christine Görner1) und Monika Dahlberg1).
 

DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung der heute nicht
mehr existierenden "e-m-s new media AG
"

Mandolinen und Mondschein
In den 1960er Jahren folgten Rollen in Unterhaltungsstreifen wie beispielsweise "Willy, der Privatdetektiv"1) (1960), "Was macht Papa denn in Italien?"1) (1961), "Wenn die Musik spielt am Wörthersee"1) (1962), "Übermut im Salzkammergut"1) (1963) oder "Hotel der toten Gäste"1) (1965) – bis Mitte der 1960er Jahre war Biederstaedt regelmäßig auf der Leinwand präsent. Seine letzte Arbeit für das Kino war der Streifen "Auch ich war nur ein mittelmäßiger Schüler"1) (1974) nach Motiven des Romans "Memoiren eines mittelmäßigen Schülers"1) von Alexander Spoerl1) → Übersicht Kinofilme.
 
Danach widmete sich der Schauspieler vermehrt seiner Theaterarbeit und übernahm Rollen in Fernsehspielen, war er unter anderem als Antipholus von Syrakus in der Shakespeare-Adaption "Komödie der Irrungen" (1964) auf dem Bildschirm zu sehen, oder als Ingenieur Lewitzki in "Hava, der Igel"2) (1966). In Erinnerung ist Biederstaedt auch mit der Figur des Martin Koldewey bzw. Ehemann der Protagonistin Heidelinde Weis in der Familienserie "Meine Frau Susanne"3) (1963) geblieben, in der kurzlebigen Arztserie "Ein Chirurg erinnert sich"3) (1972) nach dem Buch "Hinter uns steht nur der Herrgott" von Hans Killian1) mimte er den perfekten Chefarzt Dr. Ebner. In den 1970er und 1980erJahren erlebte man ihn neben Gastauftritten in so beliebten Krimiserien wie "Der Kommissar", "Sonderdezernat K1", "Der Alte"1) oder "Derrick"1) beispielsweise in TV-Stücken wie "Tausend Francs Belohnung"2) (1974), "Haben Sie nichts zu verzollen?" (1977), "Villa zu vermieten" (1982). Zwischen 1978 und 1982 spielte er 60 Folgen lang den Kriminaloberinspektor Heiner Kettwig in der Krimiserie "Die unsterblichen Methoden des Franz Josef Wanninger"3), der Fortsetzung von "Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger" mit dem "Urbayern" Beppo Brem  → Übersicht TV-Produktionen.
Auch wenn er nicht immer die ganz großen Hauptrollen spielte, avancierte Biederstaedt mit seinen über 50 Kinofilmen zu einem der beliebtesten Filmstars der 1950er und 1960er Jahre. Er war der nette junge Herr des deutschen Nachkriegslustspiels, ein fröhlicher Zeitgenosse, der unbekümmert seinen Charme versprühte und die Lage meisterte. Er war in Melodram und Schnulze, sogar in Kriegsfilmen zu Hause und gab diesen Werken durch sein augenzwinkerndes Auftreten aber immer den Tonfall eines vertrauten Heimatfilms.4)
 
Claus Biederstaedt und Heidi Brühl bei Dreharbeiten im Studio Hamburg zu "Geld oder Liebe" (06.04.1981); Copyright Virginia Shue

Claus Biederstaedt und Heidi Brühl bei Dreharbeiten
im Studio Hamburg zu "Ehe oder Liebe" (06.04.1981) → IMDb
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Seit Ende der 1980er Jahre stand Biederstaedt ausschließlich auf der Theaterbühne, begeisterte vor allem in Boulevardstücken das Publikum, und führte auch Regie in Berlin, Frankfurt/Main und Düsseldorf. Zu einer seiner letzten Bühnenrollen zählte das Stück "Ach du lieber Geist" von Curth Flatow1), mit dem er sich 2003 nach einer langen und erfolgreichen Karriere am Berliner "Theater am Kurfürstendamm"1) vorerst von seinem Theaterpublikum verabschiedete. Doch so ganz konnte es der Vollblutschauspieler nicht lassen, schon bald ging er wieder auf Tournee wie mit der von ihm in Szene gesetzten flotten, pointenreichen Komödie "Der Neurosen-Kavalier", wo er 2006/2007 an der Seite von Karin Dor als kleptomanischer Witwe allabendlich am Bonner "Contra-Kreis-Theater"1) als Kaufhaus-Räuber Felix Bollmann brillierte, der sich in eine Arztpraxis flüchtet und dort unfreiwillig in die Rolle eines Psychiaters schlüpfen muss → www.contra-kreis-theater. Bereits am 19. Dezember 1986 hatte dieser Komödien-Hit von Gunther Beth1) und Alan Cooper (= Dieter B. Gerlach) in einer Inszenierung von und mit Claus Biederstadt an der Stuttgarter "Komödie im Marquardt"1) seine Uraufführung gefeiert, wurde in den nachfolgenden Jahrzehnten in zahllosen deutschen Städten, zuletzt im Frühjahr 2008 im Essener "Theater im Rathaus"1) aufgeführt.

Neben seiner umfangreichen Arbeit für Film und Bühne war Biederstaedt ein gefragter Sprecher, lieh internationalen Filmstars wie beispielsweise Marlon Brando, Charlton Heston, James Mason, James Garner, Yves Montand, Peter Falk ("Columbo") oder Paul Newman seine prägnant-sonore Stimme; mehr zu seiner umfangreichen Arbeit für die Synchronisation bei synchronkartei.de. In der Kultserie "Raumpatrouille" (1966) beispielsweise sprach er den Einführungstext ("Was heute noch wie ein Märchen klingt…"), als Erzähler aus dem Off kam er in der mehrteiligen Simmel-Adaption "Es muss nicht immer Kaviar sein"3) (1977) zum Einsatz. Zudem stand der Schauspieler verschiedentlich im Hörspielstudio, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
Als Regisseur machte er sich ebenfalls einen Namen, unter anderem inszenierte er 1985 Drama "Des Teufels General"1) von Carl Zuckmayer1), ein Jahr später dessen Schauspiel "Der Hauptmann von Köpenick"1) und 1993 das Stück "Vor Sonnenuntergang" von Gerhart Hauptmann1).
 
Am 28. Juni 2008 beging der einstige Sonnyboy des deutschen Films seinen 80. Geburtstag; kurz zuvor hatte er sich einer schweren Hüftoperation unterziehen müssen. Im Dezember 2011 berichtete Die Bild-Zeitung, dass Biederstaedt aufgrund einer Krebserkrankung im Mund nie wieder in seinem Beruf als Schauspieler arbeiten könne → www.bild.de.  

Foto (Quelle): Wikipedia bzw. Wikimedia Commons
Urheber: Udo Grimberg (Wikipedia-Benutzer Chester100)
Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Claus Biederstaedt; Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Urheber: Udo Grimberg; Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert.

Claus Biederstaedt starb am 18. Juni 2020 im bayerischen Fürstenfeldbruck1), wenige Tage vor seinem 92. Geburtstag. Die letzte Ruhe fand er auf dem Gemeindefriedhof von Eichenau1) (Ldkrs. Fürstenfeldbruck) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Der Künstler war seit 1972 in zweiter Ehe seit mehr als 45 Jahren mit seiner Frau Barbara, einer Kieferorthopädin, verheiratet und lebte in der Gemeinde Eichenau1) nahe München. Neben seiner Witwe hinterließ er einen Sohn (* 1961) aus erster Ehe, der ausgebildeter Filmeditor ist.
"Sonnyboy, Gentlemen, Charmeur – so wurde der Schauspieler Claus Biederstaedt oft beschrieben. In Serien wie "Derrick" gehörte er oft dazu. Jedenfalls war er einer der letzten großen Darsteller im Nachkriegsdeutschland." schrieb die "Deutsche Welle" in einem Nachruf.
Siehe auch Wikipedia, das Interview bei "Deutsche Welle" (1972) sowie
den Artikel zum 85. Geburtstag (2013) bei abendzeitung-muenchen.de
Fotos bei www.virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) die Krimihomepage, 3) fernsehserien.de
4) Quelle: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf  Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 37)
    
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, prisma.de, Die Krimihomepage, fernsehserien.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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