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Johanna (Hannerl) Matz wurde am 5. Oktober 1932 als Tochter
eines Ingenieurs in Wien geboren. Nach einer umfassenden Ballettausbildung
bereits als Kind bei Toni Birkmeyer1)
(1897 1973) und Grete Wiesenthal1)
(1885 1970) besuchte sie in Wien mehrere Jahre die "Hochschule für Musik und darstellende
Kunst"1) (19401948).
Anschließend vertiefte sie bis 1950 ihre Studien am "Max Reinhardt Seminar"1) (19481950),
erhielt dort unter anderem Unterricht von den Burgschauspielern Helene Thimig
(1889 1974) und
Alfred Neugebauer1)
(1888 1957). Nach der Abschlussaufführung wurde sie an das berühmte
"Burgtheater"1)
verpflichtet, das mit Unterbrechung von zwei Jahren (1952 1954)
als Ensemble-Mitglied bis 1993 Jahre ihre künstlerische Heimat
bleiben sollte. Ihr Debüt hatte sie als jugendliche Protagonistin Frankie
Addams in dem Stück "Frankie und die Hochzeit" gegeben, der
Bühnenfassung des Romans "The Member of the Wedding" ("Das
Mädchen Frankie") von Carson McCullers1).
Wenig später erhielt Johanna Matz ihre erste Filmrolle in dem
melodramatischen Episodenfilm "Asphalt"1) (1951;
auch "Die Minderjährigen") und
mimte eine interessante, wenn auch
untypische Rolle als Gestrauchelte: Das Mädchen Erika, das zum Opfer eines Lebemannes
wird und das Leben einer Prostituierten führt.
Erst Franz Antel1) erkannte die ihr eigene Aura von Spontaneität und
Unverdorbenheit und setzte sie ebenfalls 1951 neben Paul Hörbiger
und Maria Andergast in der Bühnenadaption "Der alte Sünder"1)
ein: Hier mimte sie die jüngste Tochter eines leichtlebigen
Modehausbesitzers (Hörbiger), die
als süß-naives Engelchen über die Leinwand huscht, eine Rolle, die
ihrem späteren Image gemäß besetzt schien.
Johanna Matz um 1970
Foto mit freundlicher Genehmigung der
Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Alfred Cermak → Bildarchiv Austria;
Datierung: um 1970
© Alfred Cermak/ ÖNB
Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 120/8) |
Ernst Marischka1),
der später Romy Schneider
populär machen sollte, übertrug Matz dann eine ehemalige Magda Schneider-Rolle
(→ Film 1932
bei Murnau Stiftung) in dem Wiener Verwechslungslustspiel "Zwei
in einem Auto"1) (1951)
und formte sie zum beseelten und zugleich schlagfertigen "Wiener
Mädel" jenem spezifischen Typus, der seit Paula Wesselys
Wechsel ins Frauenfach nicht mehr im deutschsprachigen Film vertreten war.
Unter der Regie von Arthur Maria Rabenalt1)
unterstrich Matz dann 1952 als "Die
Försterchristel"1)
nach der gleichnamigen Operette
von Georg Jarno1) ihren
Charme und Liebreiz, der dem erotischen Flair unschuldiger Jugendlichkeit
entspringt und reifte damit zum Filmstar. Ein weiterer Film, das Melodram
"Der
große Zapfenstreich"1) (1952),
sollte Johanna Matz einen neuen Publikumskreis erschließen, doch
dieser Versuch schlug trotz durchaus positiver Kritiken fehl.
Anfang 1953 ging Matz mit Hardy Krüger
und Johannes Heesters
nach Hollywood und drehte dort mit Otto Preminger1)
den Streifen "Die Jungfrau auf dem Dach"1)
(deutschsprachige Version von "The Moon Is Blue"1)).
Obwohl der Leinwandstar in diesem Film beachtliches komödiantisches
Talent bewies, favorisierte das Publikum jedoch weiterhin ihr bereits zum
Klischee gewordenes Rollenbild der "Wienerin".
Es folgten Produktionen wie "Arlette
erobert Paris"1) (1953),
"Alles für Papa"1) (1953),
"Mannequins für Rio"1) (1954),
"Ingrid Die Geschichte eines Fotomodells"1) (1955)
und "Der Kongreß tanzt"1) (1955),
ein Remake des legendären Films aus dem Jahre 19311).
Mit dem
Spielfilm "Mozart"1) (1955), der in Deutschland
unter dem Verleihtitel "Reich mir die Hand, mein Leben" zur Aufführung
gelangte, wurde eine Episode im letzten Lebensjahr
des von Oskar Werner
dargestellten Wolfgang Amadeus Mozart1) thematisiert.
Hier spielte Johanna Matz die junge
Sängerin Annie Gottlieb (real: Anna Gottlieb1)),
erste Interpretin der Pamina, die Mozart schon seit längerem
verehrt und sich während der Proben zu "Die
Zauberflöte"1) in den Komponisten verliebt. Die Produktion,
gedreht von Karl Hartl1)
nach eigenem Drehbuch anlässlich des bevorstehenden 200. Geburtstages des
Komponisten unter Mitwirkung der "Wiener Philharmoniker"1) sowie Solisten der "Wiener Staatsoper"1), lief 1956 als
österreichischer Beitrag bei den "Internationalen
Filmfestspielen von Cannes"1).
Nach "Wen
die Götter lieben"1) aus dem
Jahre 1942 mit Hans Holt, war dies bereits
der zweite Film von Karl Hartl, der sich mit Mozarts Leben befasste.
Foto: Aufnahmen zu den Dreharbeiten des Film "Alles für Papa"
(Regie: Karl Hartl),
der in den Göttinger Filmateliers
im Oktober bis Dezember 1953
entstand.
Hannerl Matz, die die Hauptrolle
verkörperte, im Gespräch mit dem
Regisseur Karl Hartl.
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, B 145 Bild-F001053-0004;
Fotograf: W. Brodde / Lizenz CC-BY-SA
3.0 / Datierung: 13. Oktober 1953
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz
wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv B 145 Bild-F001053-0004 bzw. Wikimedia Commons
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Den Ausbruch aus ihrem bisherigen Rollen-Klischee ermöglichte ihr erst Harald Braun1)
mit dem Titelpart in "Regine"1)
(1956), einem Film nach Motiven der gleichnamigen
Novelle1) von Gottfried
Keller1) mit
Horst Buchholz
und Erik Schumann
als Partner Johanna Matz bewältigte die dramaturgisch
schwierige Wandlung eines Mädchens zur Frau mühelos. Und als
sie 1958 mit "Das Dreimäderlhaus"1)
neuerlich in das vertraute Wien-Milieu zurückkehrte, war der Bruch mit
dem erfolgreichen Darstellungsstil unübersehbar.
Die Försterchristel des deutschen Films machte in den 50er Jahren
mit ihrer treuherzig-luftigen Backfischerotik eine Blitzkarriere. In einer
Zeit, da die Menschen hungrig waren nach "beseeltem Liebreiz",
nach Frische, Natürlichkeit und mädchenhafter Sauberkeit verkörperte
sie den Prototyp des "Wiener Hascherl". Dass sie nicht "die
Matz" sondern "das Hannerl" war, spricht für ihre
uneingeschränkte Volkstümlichkeit, weniger für die schauspielerische
Lücke, die sie füllte.2)
Zu ihren weiteren Leinwandauftritten zählte die Rolle der Vivie in
Ákos Ráthonyis Shaw-Adaption bzw. Skandalfilm "Frau Warrens Gewerbe"1) (1960),
zwei Jahre später erlebte man sie als Maria Thorwald in dem Familienepos
"Die Glücklichen Jahre der Thorwalds"1). Nach Franz Antels
Heimatfilm "Ruf
der Wälder"1) (1965, mit
Hans Jürgen Bäumler)
tauchte sie lediglich noch einmal in dem Rühmann-Streifen "Der
Kapitän"1) (1971) sowie in der Eric Malpass-Verfilmung "Als
Mutter streikte"1) (1975) im Kino
auf → Übersicht Kino-Produktionen.
Aber auch in Operetten wie "Im
weißen Rößl"1) (1967)
von Ralph Benatzky wusste sie zu überzeugen, wo sie, wie bereits im Film
aus dem Jahre 19521), die Wirtin
zum "Weißen Rößl" Josepha Vogelhuber spielte Peter Weck
war als Zahlkellner Leopold Brandmeyer ihr Partner. In "Amouren"3)
nach der Komödie von Noël Coward
zeigte sie sich 1972 mit O. W. Fischer,
nach längerer Pause wirkte sie 1991 in mehreren Folgen als Priorin
in der ganz auf Thekla Carola Wied
zugeschnittenen Serie " Wie
gut, daß es Maria gibt"1)
mit. Zuletzt sah man die Schauspielerin 2004 mit einem kleinen Part
in der Episode "Verfehlungen" aus der Serie "Schlosshotel
Orth"1) → Übersicht TV-Produktionen.
1967 wurde Johanna Matz als bis dahin jüngste Darstellerin zur
"Kammerschauspielerin" ernannt, anlässlich der 200-Jahr-Feier des
"Burgtheaters"1) würdigte man sie im April 1976 mit dem "Großen Ehrenkreuz für Verdienste um die Republik Österreich"1). Am
5. November 2002 erhielt sie aus der Hand des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel1)
das "Österreichische
Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse"1).
Schüssel würdigte Johanna Matz als "Künstlerin, die Wahrheit vermittle und die Gabe habe, Freude zu
geben". Kunst habe mit dem Leben zu tun und zeige die dahinter liegende Wahrheit, so Schüssel und erinnerte an die frühen Jahre der 2. Republik.
"Was haben die Menschen als erstes wiederaufgebaut: Den Stephansdom, das Burgtheater und die Oper. Mit geringsten Mitteln wurde damals Kunst gemacht und dargestellt.
Der Mensch selbst, der Schauspieler, der Autor, waren dabei der Mittelpunkt weniger die Inszenierung. Kunst war echter und
wahrhafter", betonte der Bundeskanzler. Eben dies habe Johanna Matz durch ihr Schauspiel ihrem Publikum vermittelt, so Schüssel. Staatssekretär
Morak1) bezeichnete Matz als
"jemanden, der den Menschen in der Nachkriegszeit Hoffnung geben
konnte". "Johanna Matz ist aus der österreichischen Kulturgeschichte nicht
wegzudenken", betonte Morak. Die Ausgezeichnete betonte, dass es ihr ein
"großes Anliegen sei, weiterhin für Österreich als Kulturträgerin der deutschen Sprache tätig zu
sein". (Quelle: www.ots.at).
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Wenig später konnte die Schauspielerin das "Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien"1)
entgegen nehmen. Die Verleihung durch Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny1)
fand anlässlich ihrer Rückkehr auf die Bühne am
20. November 2002 im "Gloria-Theater"1) nach der Premiere des
Lustspiels "Das Konzert"1)
von Hermann Bahr1) statt, hier hatte sie die
Rolle der Marie, Ehefrau des Pianisten Gustav Heink (Günther Frank1))
gestaltet. "Als grandiose Charakterdarstellerin und Mitglied des Burgtheaterensembles war Johanna Matz für Generationen
von Schauspielerinnen ein Vorbild", so der Kulturstadtrat bei der Überreichung der Auszeichnung. Sie habe
"mit allen wichtigen Schauspielern und Regisseuren zusammengearbeitet und dadurch das kulturelle Leben Wiens mitgestaltet und geprägt."
Wir freuen uns sehr, dass Johanna Matz zum Theater zurückgekehrt ist und wir sie wieder in Wien auf der Bühne bewundern können." Das hochkarätige Premierenpublikum,
unter anderem Altbundespräsident Kurt Waldheim1)
nebst Gattin Elisabeth, bedankte sich mit
"standing ovations". (Quelle: www.wien.gv.at)
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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