Attila Hörbiger als Andreas Aichwalder, Lehrer und Führer der Bergwacht in "Im Schatten des Berges", einem Heimatfilm aus dem Jahre 1940; Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung Attila Hörbiger wurde am 21. April 1896 als Sohn des Ingenieurs Hanns Hörbiger1) (1860 – 1931), dem Begründer der umstrittenen "Welteislehre"1), im ungarischen Budapest1) geboren; die Familie stammte aus der "Hörbig" in Tirol, der Urgroßvater war ein bekannter Orgelbauer gewesen. Attila war der ältere Bruder des ebenfalls berühmten Paul Hörbiger (1894 – 1981), mit dem er jahrelang verfeindet war und sich erst im hohen Alter aussöhnte.
Attila Hörbiger verbrachte seine Kindheit in Budapest, bis die Familie 1903 nach Wien übersiedelte, besuchte zwischen 1906 und 1914 das "Stiftsgymnasium St. Paul"1) in Kärnten, nahm dann als Kriegsfreiwilliger am 1. Weltkrieg teil. Anschließend studierte er zunächst kurz an der Wiener "Hochschule für Bodenkultur", musste die Ausbildung jedoch abbrechen, da ihn sein Vater, der sein ganzes Vermögen in Kriegsanleihen angelegt hatte, nicht mehr unterstützen konnte. Hörbiger nahm nun Unterricht an der Schauspielschule des "Deutschen Theaters"1) in Berlin, gab 1919 sein Theaterdebüt in einer Operette am Theater der Wiener Neustadt1). Über Bozen1) (1920), das "Raimundtheater"1) in Wien (1921), das "Stadttheater Reichenberg"1) (1922) kam er wieder zurück nach Wien, wo er ab 1923 an den "Jarno-Bühnen" von Josef1) und Georg Jarno1) tätig war. Weitere Stationen seiner Theaterlaufbahn wurden 1925 das "Deutsche Theater"1) in Brünn, 1926 bis 1928 das "Neue Theater" in Prag, wo er erstmals mit Paula Wessely (1907 – 2000) zusammen traf, die er am 23. November 1935 heiratete.
 
Foto: Attila Hörbiger als Andreas Aichwalder, Lehrer und Führer der Bergwacht in
"Im Schatten des Berges"1), einem Heimatfilm aus dem Jahre 1940
Foto mit freundlicher Genehmigung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Von 1928 bis 1949 wurde dann das Wiener "Theater in der Josefstadt"1) Hörbigers künstlerische Heimat, anschließend ab 1950 das berühmte "Burgtheater"1), wo er aus Anlass der festlichen Wiedereröffnung des im 2. Weltkrieg zerstörten "Burgtheaters" am 14. Oktober 1955 (Premiere) den Rudolf von Habsburg1) in dem Grillparzer-Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende"1) gestaltete – Ewald Balser gab den böhmischen König Ottokar1). Hörbiger trat am "Burgtheater auch nach seiner Pensionierung im Jahre 1975 weiter auf, daneben arbeitete er bis in die 1980er Jahre für Funk und Fernsehen. Anfang der 1950er Jahre gehörte Hörbiger zusammen mit Johannes Klein (Intendant von 1951 bis 1959) zu den Gründungsmitgliedern der "Bad Hersfelder Festspiele"1).
Auf der Bühne hatte Hörbiger als vitaler Naturbursche und jugendlicher Liebhaber begonnen, erst relativ spät konnte er sich als sensibler und differenzierter Charakterdarsteller beweisen. Lange stand er im Schatten seines Bruders Paul Hörbiger, war schließlich jedoch ebenso populär wie dieser.
Auf der Bühne sah man ihn oft an der Seite seiner Frau Paula Wessely, unter anderem mehr als vierzig Mal mit der Rolle des Grafen von Dunois in Shaws "Die heilige Johanna"1). Er brillierte als Schiller'scher "Wilhelm Tell"1) oder Goethes "Egmont"1) ebenso wie als Petrucchio in Shakespeares "Der Widerspenstigen Zähmung"1) oder als Hassenreuther in Hauptmanns "Die Ratten"1).
  

Attila Hörbiger 1938
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Weltbild; ©ÖNB/Wien; Datierung: 20.04.1938
Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P861)

Attila Hörbiger 1938; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Weltbild; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 20.04.1938; Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P861)
Er glänzte unter anderem in Tolstois unvollendetem Dram "Und das Licht scheint in der Finsternis" oder später als der alte Galotti in Lessings "Emilia Galotti"1). Zu Hörbigers weiterem herausragenden Rollenrepertoire zählten beispielsweise der Miller in Schillers "Kabale und Liebe"1), der Rudolf II.1) in Grillparzers "Ein Bruderzwist in Habsburg"1), der Pianist Gustav Heink in Hermann Bahrs "Das Konzert"1), einem Lustspiel, mit dem er 1966 mit seiner Tochter Christiane als Gegenspielerin auf Tournee ging. Eine Glanzrolle war auch der leicht heruntergekommene Major Cornelius Melody in dem O'Neill-Schauspiel "Fast ein Poet", für dessen Gestaltung er bereits im November 1959 mit der "Kainz-Medaille"1) ausgezeichnet wurde.
Attila Hörbiger 1947 als "Jedermann"; Urheber: Archiv der Salzburger Festspiele; Foto Doliwa; Quelle: www.salzburgerfestspiele.at bzw. Wikimedia Commons; Lizenz: CC BY 3.0 Bei den "Salzburger Festspielen"1) trat Hörbiger viele Jahre als Protagonist im Jedermann"1) auf – Max Reinhardt1) soll ihn als besten Darsteller dieser Figur bezeichnet haben -, zudem begeisterte er das Salzburger Publikum  in weiteren Inszenierungen:
(Fremde Links: Wikipedia, R = Regie)
Hörbigers letzte Bühnenrolle war zur Spielzeit 1984/85 am "Burgtheater" die des "Winters" in der Zauberposse "Der Diamant des Geisterkönigs"1) von Ferdinand Raimund1) – Paula Wessely spielte "die Hoffnung" (Regie: Hans Hollmann1); Premiere: 13.10.1984).
  
Attila Hörbiger 1947 als "Jedermann"
Urheber: Archiv der Salzburger Festspiele; Foto Doliwa
Quelle: www.salzburgerfestspiele.at; bzw. Wikimedia Commons; Lizenz:CC BY 3.0
Beim Film begann Attila Hörbiger 1922 zunächst als Statist in dem monumentalen Stummfilm "Sodom und Gomorrha"1), weitere kleinere Rollen folgten, in denen er in den 1920er Jahren oft den Bösewicht, Kraftmenschen und herrischen Herrn verkörperte. Zusammen mit Bruder Paul trat er in "Der unsterbliche Lump"2) (1930) auf, seine erste Hauptrolle spielte er 1931 als Franz in dem Melodram "Die große Liebe"1), wo er einen späten Kriegsheimkehrers mimte, der von einer alten Frau als Sohn "adoptiert" wird. Zwar hatte der Schauspieler 1936 in "Mädchenpensionat" eine sympathische Rolle, doch sein Image war fest mit dem "Kraft- und Saft-Lackel", wie es Willi Forst einmal formulierte, verbunden. Einen besonderen Leinwanderfolg konnte Hörbiger 1935 als Partner seiner Frau in dem Rührstück "Die Julika"1) verbuchen, bis Ende der 1940er Jahre folgten Kinoerfolge wie "Manege"2) (1937), "Zwischen Strom und Steppe"2) (1938), "Frau am Strom"2) (1939), "Grenzfeuer"3) (1939), "Renate im Quartett"2) (1939),  "Donauschiffer"2) (1940), "Im Schatten des Berges"1) (1940), "Die letzte Runde"2) (1940), "Späte Liebe" (1943), "Die kluge Marianne" (1943), "Das unsterbliche Antlitz"2) (1947), "Maresi"2) (1948), "Der Engel mit der Posaune"1) (1948) oder "Vagabunden der Liebe" (1949), oft an der Seite seiner Ehefrau. Viele Jahre später wurde Hörbiger noch zum Vorwurf gemacht, er habe in der Nazizeit zur Spitzengruppe regimekonformer Filmschauspieler gehört und unter anderem in Propagandafilmen wie "Heimkehr"1) (1941) mitgewirkt. Auf der anderen Seite wurde darauf verwiesen, dass das politisch eher naive Ehepaar Hörbiger auch in der Nazizeit verfolgten Kollegen die Treue gehalten habe.

Porträt Attila Hörbiger 1938
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Ungenannt; Datierung: 1938
© ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer Pf 16.122 : E (1))

Porträt Attila Hörbiger 1938; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Ungenannt; Datierung: 1938; Copyright ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer Pf 16.122 : E (1))
Mit männlicher Entschlossenheit gab Hörbiger Landwirte und Rittmeister, wie 1936 den Karl von Tamassy in dem genannten Streifen "Die Julika, er stellte Soldaten, Zirkusartisten, Gebirgsbauern, Abenteurer oder Bergsteiger dar – aber mit zunehmendem Alter auch immer häufiger skurrile Typen oder versoffene Domestiken. Wo er als in sich gekehrter Mann nicht brutal sein musste, fand er Nuancen, wie die souveräne, wegwerfende Geste. Den Höhepunkt seiner dramatischer Spannkraft erreichte Hörbiger 1950 als Drechslermeister Schalanter in der Literaturadaption "Das vierte Gebot"1) nach dem gleichnamigen Volksstück von Ludwig Anzengruber1): Mit naturalistischen Ausdrucksmitteln veranschaulichte der Schauspieler hier den Abstieg eines bürgerlichen Handwerkers zum Asozialen und Alkoholiker – und zum gescheiterten Vater. Wieder in einer Adaption eines Volksstücks von Anzengruber war er dann 1956 als aufrechter und menschlich anständiger Zöllner in "Der Meineidbauer"2) auf der Leinwand zu sehen – Tochter Christiane stellte die .Marie "Marei" Roth dar. Gemeinsam mit ihr war er auch in dem Drama "Kronprinz Rudolfs letzte Liebe"1) (1956), einem Historienfilm über Kronprinz Rudolf1) (Rudolf Prack) und dessen Freitod mit seiner Geliebten Mary Vetsera1) (Christiane Hörpiger) auf Schloss Mayerling1), aufgetreten und hatte den Josef Bratfisch1), treuer Leibfiaker des Kronprinzen, verkörpert. In weiteren Nachkriegsproduktionen wurde Hörbiger meist mit prägnanten Nebenrollen besetzt, so etwa als Oberst Weigant in "Kaiserjäger"1) (1956) oder als der Finkenbauer Jörg der Ganghofer-Adaption "Der Edelweißkönig"1) (1957).
Mit "Der Alpenkönig und der Menschenfeind"1) (1965), einer für das Kino geschaffenen Aufzeichnung der "Burgtheater"-Inszenierung von Rudolf Steinboeck1), bewies Hörbiger als "Menschenfeind" Rappelkopf, welch grandioser Nestroy- und Raimund-Interpret er war – Bruder Paul Hörbiger spielte nicht minder exzellent den Alpenkönig Astragalus. 1977 stand er dann als liebenswerter alter Mann für Vojtěch Jasnýs1) Kurzspielfilm "Die Rückkehr des alten Herrn" vor der Kamera und hatte damit einen letzten großen Kinoerfolg → Übersicht Kinofilme.
Vereinzelt übernahm Hörbiger auch Aufgaben in TV-Produktionen, die Fernsehzuschauer erlebten den Österreicher neben diversen Theater-Übertragungen vor allem in Literaturadaptionen. So beispielsweise als Fabrikant Christian Erdmann in der Fritz Hochwälder1)-Verfilmung "Der Unschuldige"4) (1962), als Professor Pflugfelder in "Professor Bernhardi"4) (1962) nach dem Theaterstück von Arthur Schnitzler1) oder als den alten Karl Knie in "Katharina Knie – Ein Seiltänzerstück" (1964) nach dem Volksstück von Carl Zuckmayer1) mit Tochter Christiane Hörbiger in der Titelrolle. Gemeinsam mit ihr trat er auch in "
An der schönen blauen Donau"4) (1965) in Erscheinung, mit Ehefrau Paula Wessely spielte er in "Nichts als Erinnerung"5) (1974), gedreht von Michael Kehlmann nach dem Roman von Milo Dor1), und zeigte sich als der in Konkurs geratene Bankier Slobodan Raikow. Letzte TV-Auftritte hatte Hörbiger 1981 als Pater Florian in zwei Episoden der Serie "Ringstraßenpalais"6) → Übersicht TV-Filme.
 
 
Attila Hörbiger starb am 27. April 1987 wenige Tage nach seinem 91. Geburtstag in seinem Heim im Wiener Gemeindebezirk Grinzing1). Die letzte Ruhe fand er in Wien auf dem Grinzinger Friedhof1) in einem ihm ehrenhalber gewidmeten Grab (Gruppe 6, Reihe 3, Nummer 3); auch seine Frau Paula Wessely wurde später dort beigesetzt → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Attila Hörbiger 1973 bei der "Max-Reinhardt-Matinee" im "Theater in der Josefstadt"; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Alfred Cermak; Datierung: 09.09.1973; Copyright Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/20) Hörbiger hat nahezu alle Auszeichnungen erhalten, mit denen ein Schauspieler geehrt werden kann: Unter anderem wurde er 1950 vom vom österreichischen Bundespräsidenten zum "Kammerschauspieler"1) ernannt, am 29. Juni 1954 erhielt er das "Bundesverdienstkreuz 1. Klasse"1), 1959 die "Kainz-Medaille"1), 1961 den "Ehrenring der Stadt Wien"1). Seit 1963 trug er anlässlich des "Burgtheater"-Jubiläums den Professoren-Titel, 1966 überreichte man ihm den "Grillparzer-Ring"1). 1971 verlieh ihm sein Heimatland das "Österreichische Ehrenkreuz 1. Klasse für Wissenschaft und Kunst"1), im gleichen Jahr wurde er Ehrenmitglied des "Burgtheaters" und 1977 verlieh man ihm das "Große Goldene Ehrenzeichen" für Verdienste um die Republik Österreich"1). 1985 wurde Hörbiger mit dem "Raimund-Ring"1) ausgezeichnet, außerdem war er Träger des "Nestroy-Ringes"1) (1980).
 
Attila Hörbiger 1973 bei der "Max-Reinhardt-Matinee"
im "Theater in der Josefstadt"
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Alfred Cermak → Bildarchiv Austria; Datierung: 09.09.1973
© Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/20)
Attila Hörbiger war seit 23. November 1935 bis zu seinem Tod in zweiter Ehe mit seiner Kollegin Paula Wessely verheiratet. Aus der Verbindung stammen die Töchter Elisabeth Orth (geb. 1935), Christiane Hörbiger (1938 – 2022) und Maresa Hörbiger1) (geb. 1945), die alle ebenfalls erfolgreiche Schauspielerinnen wurden. Seine erste Ehe hatte der Schauspieler am 14. Juni 1924 mit der Opernsängerin Consuelo Martinez geschlossen, am 26. November 1934 kam es zur Scheidung, am 14. November 1935 zur kirchlichen Annullierung der Ehe → Stammbaum der Familie Hörbiger bei Wikipedia
Im Sommer 1975 erschien ein biographischer Bericht von Hörbigers ältester Tochter Elisabeth Orth mit dem Titel "Märchen ihres Leben – Meine Eltern Paula Wessely und Attila Hörbiger"; bereits 1963 war von Hans Weigel1) das Buch "Der Schauspieler Attila Hörbiger" veröffentlicht worden.
Textbausteine des Kurzportraits aus "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars"*)
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei film.virtual-history.com
*) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf  Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 166)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) Murnau Stiftung, 4) Die Krimihomepage, 5) deutsches-filmhaus.de, 6) fernsehserien.de
     
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Murnau Stiftung, Die Krimihomepage,
 deutsches-filmhaus.de, fernsehserien.de)

Attila Hörbiger auf einem Sammelbild aus der Serie
"Bühnenstars und ihre Autogramme", die 1933 den
"Gold-Saba"-Zigaretten der "Garbaty"-Zigarettenfabrik
von Josef Garbáty beilagen.
Urheber: Ernst Förster (1879 – 1943)
Quelle: Wikimedia Commons;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Attila Hörbiger auf einem Sammelbild aus der Serie "Bühnenstars und ihre Autogramme", die 1933 den "Gold-Saba"-Zigaretten der "Garbaty"-Zigarettenfabrik von Josef Garbáty beilagen. Urheber: Ernst Förster (1879–1943); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei
Kinofilme – Stummfilm (Auszug) Kinofilme – Tonfilm Fernsehen
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