Filmografie
Annie Girardot (Annie Suzanne Girardot) eblickte am 25. Oktober 1931 als Tochter der Hebamme Raymonde Noëlle Félicie Girardot (1902 – 1989) in der französischen Hauptstadt Paris1) (10. Arrondissement1)) das Licht der Welt. Den mit einer anderen Frau verheirateten Vater Auguste Heflinger – er starb, da war die kleine Annie erst zwei Jahre alt – lernte sie nie kennen. Anfangs bei einer Pflegefamilie in Saâcy-sur-Marne1) lebend, wuchs sie dann bei der Mutter im "Château de Bénouville" in Bénouville1) auf, das während des 2. Weltkriegs als Entbindungsheim diente.*)
Annie Girardot anlässlich der "César"-Verleihung 2005;  Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia; Urheber: Georges Biard; Lizenz CC-BY-SA 3.0.; Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 3.0 Unported lizenziert. Nach dem Besuch eines Gymnasium in Caen1) ließ sie sich zunächst  zur Krankenschwester ausbilden, entschied sich dann jedoch für die Schauspielerei und nahm an Kursen unter anderem bei den Schauspielern Henri Bosc (1884 – 1967) und Jean Meyer1) teil, ab 1950 studierte sie am "Conservatoire national supérieur d’art dramatique"1) (CNSAD)", wo sie 1954 ihren Abschluss mit Auszeichnung machte. Wenig später erhielt sie ein Engagement an der "Comédie-Française"1), machte hier vorzugsweise in Komödie unter anderem von Molière1) auf sich aufmerksam, als Protagonistin Marfot und Partnerin von Robert Hirsch1) (Pascal/Maxime) in dem durch einen Kriminalfall ("L'affaire du Corbeau") inspirierten, umstrittenen Stück "La machine à écrire" (dt. "Die Schreibmaschine") von Jean Cocteau1) wurde sie 1956 Jean Meyers Inszenierung von Cocteau als "das schönste dramatische Theatertalent der Nachkriegszeit" bezeichnet. "Anonyme Briefe treiben die "gute Gesellschaft" eines französischen Provinzstädtchens zur Verzweiflung. Der Skandal grassiert. Ein Selbstmord folgt dem andern. Man hat die Wahl, den Täter auf der Schreibmaschine unter einer Reihe psychologisch bemerkenswerte Personen zu suchen." notiert spiegel.de zur Handlung.
Zudem trat Girardot vorübergehend in Kabaretts auf und übernahm erste Rollen beim Film wie unter der Regie von André Hunebelle1) in der Komödie "Treize à table"2) (1956, "Dreizehn an einem Tisch") nach dem Theaterstück von Marc-Gilbert Sauvajon (1909 – 1985). 
    
Annie Girardot anlässlich der "César"1)-Verleihung 2005
Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons;
Urheber: Georges Biard;  Lizenz: CC-BY-SA 3.0
Ende Dezember 1957 verließ sie die " Comédie-Française", konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Arbeit vor der Kamera, trat in französischen und italienischen Produktionen als Charakterdarstellerin in Erscheinung und zeigte sich des Öfteren in Rollen des Vamps oder Prostituierten mit tragischem Schicksal. Bereits 1956 wurde sie mit dem "Prix Suzanne Bianchetti"1) als "Beste Nachwuchsdarstellerin" für ihren Part der Schülerin Gisèle in dem Streifen "L'homme aux clefs d'or"2) (1956, "Der Mann mit dem goldenen Schlüssel") ausgezeichnet. Erzählt wurde die Geschichte des gutmütigen Hochschul-Professors Antoines Fournier (Pierres Fresnay), der wegen angeblicher Vergewaltigung Gisèles entlassen wird und später als Concierge in einem Nobelhotel arbeitet. Es folgten prägnante Auftritte unter anderem in dem französisch-italienischen Krimi "Maigret tend un piège"1) (1958, "Kommissar Maigret stellt eine Falle"), von Jean Delannoy1) gedreht nach dem gleichnamigen Roman1) von Georges Simenon1) mit Jean Gabin als Kommissar Maigret1), in dem sie als Yvonne, Ehefrau des Künstlers Marcel Maurin (Jean Desailly1)), der später als Serienmörder überführt wird, zur Besetzung gehörte.
Die erste große Leinwandrolle, die ihren Namen auch international bekannt werden ließ, erhielt die junge Annie Girardot von Luchino Visconti1) in dessen Sozialdrama "Rocco e i suoi fratelli"1) (1960, "Rocco und seine Brüder") an der Seite von Alain Delon als Rocco Parondi. Sie spielte die Prostituierte Nadia, die in einer berühmten und in einigen Ländern geschnittenen Szene von ihrem Geliebten und Roccos Bruder Simone (Renato Salvatori1)) mit 13 Messerstichen getötet wird. Aufmerksamkeit erregte sie auch als die lasterhafte Kollaborateurin Juliette Morand in Roger Vadims1) Drama "Le vice et la vertu"1) (1963, "Das Laster und die Tugend") bzw. als Gegenpol zu ihrer tugendhaften Schwester Justine (Catherine Deneuve), entstanden nach dem Roman "Justine"1) von Marquis de Sade1) in einer modernisierten Version bzw. angesiedelt in den letzten Jahre des 2. Weltkriegs. Unter anderem präsentierte sie sich in dem eher zu vernachlässigenden Streifen "I compagni"1) (1963, "Die Peitsche im Genick") als Niobe, "Affäre" des von Marcello Mastroianni gespielten, sozialistischen Aufwieglers Professor Sinigaglia, oder als Clara in der Komödie "Un monsieur de compagnie"1) (1964, "Ich war eine männliche Sexbombe") nach dem Roman von André Couteaux1) mit Jean-Pierre Cassel1) als Titelheld Antoine.
In den 1960er und 1970er Jahren war Annie Girardot in Italien und Frankreich sowohl in tragischen als auch komischen Rollen, zum Teil recht burschikoser Natur, zu sehen und avancierte zu einem gefeierten Star. Für ihre Darstellung der neurotischen Kay, die in dem von Marcel Carné1) nach der gleichnamigen Romanvorlage von Georges Simenon1) realisierten Spielfilm "Trois chambres à Manhattan"1) (1965, "Drei Zimmer in Manhattan") den verheirateten Filmschauspieler François Combe (Maurice Ronet1)) kennenlernt, wurde sie anlässlich der "Internationalen Filmfestspiele von Venedig" 1965 mit dem "Coppa Volpi"1) ausgezeichnet. Als Catherine, Ehefrau des renommierten Pariser TV-Berichterstatters Robert Colomb (Yves Montand), der sie in der Dreiecksgeschichte "Vivre pour vivre"1) (1967, "Lebe das Leben) mit dem Fotomodell Candice (Candice Bergen1)) betrügt, glänzte sie unter der Regie von Claude Lelouch1) und wurde 1968 beim "Festival Internacional de Cine de Mar del Plata"1) mit dem Darstellerpreis belohnt. In dem Liebesfilm "Un homme qui me plâit"3) (1969, "Der Mann, der mir gefällt") zeigte sie sich als sensible, zurückhaltende und sehr sympathische Schauspielerin Henri Françoise, die auf den Filmkomponisten Henri (Jean-Paul  Belmondo) trifft, zu einer ihren besten Rollen gehörte auch das Dienstmädchen, mit dem Hausherr Glauco (Michel Piccoli) in Marco Ferreris1) absurden Farce "Dillinger è morto"1) (1969, "Dillinger ist tot") ein Verhältnis beginnt.
 
"Der Mann, der mir gefällt": Szenenfoto mit Jean-Paul Belmondo als Filmkomponist Henri und Annie Girardot als die gefeierte Schauspielerin Françoise; mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das romantische Roadmovie-Abenteuer im Juli 2022 auf DVD herausbrachte. "Der Mann, der mir gefällt": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das romantische Roadmovie-Abenteuer im Juli 2022 auf DVD herausbrachte.
"Der Mann, der mir gefällt" (1969, "Un homme qui me plaît"): Regie: Claude Lelouch
Abbildung DVD-Cover sowie Szenenfoto mit Jean-Paul Belmondo als Filmkomponist Henri und
Annie Girardot als die gefeierte Schauspielerin Françoise → wunschliste.de
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das romantische Roadmovie-Abenteuer
im Juli 2022 auf DVD herausbrachte.

Das darstellerische Potential von Annie Girardot war sehr vielseitig und so konnte sie souverän die Genres wie auch die Typisierungen wechseln, bereicherte mit ihrem Spiel Dramen, Krimis oder Komödien gleichermaßen, stellte Polizistinnen oder machtbesessene Mütter ebenso authentisch dar, wie "leichte Mädchen", vereinsamte Frauen, Liebhaberinnen oder Ärztinnen. An die internationale Spitze spielte sie sich als 32-jährige Klassenlehrerin Danièle Guénot, die sich in André Cayattes1) Drama "Mourir d'aimer"2) (1971, "Aus Liebe sterben") in den 17-jährigen Schüler Gérard Leguen (Bruno Pradal1)) verliebt und in den Tod getrieben wird. Der Film basierte auf dem Leben der 32-jährigen Lehrerin Gabrielle Russier (1937 – 1969), die nach einer romantischen Affäre mit einem ihrer Schüler wegen Verführung eines Minderjährigen zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wurde und sich am 1. September 1969 ihrer Wohnung in Marseille1) das Leben nahm → fernsehenderddr.de. Weniger gute Kritiken erhielt die von Guy Casaril1) gedrehte Komödie "Les novices"2) (1970, "Die Novizinnen") mit ihrem Part der Prostituierten Mona Lisa, welche die aus dem Kloster geflohene Agnès (Brigitte Bardot) kennenlernt → fernsehenderddr.de.
Dagegen gehörte die Rolle der schüchternen, kontaktarmen Muriel Bouchon, die in der amüsanten Geschichte "La vieulle fille" (1972, "Das späte Mädchen") auf den redseligen und spöttischen Möchtegern-Frauenheld Gabriel Marcassus (Philippe :Noiret1)) trifft, wieder zu einer der Highlights ihres filmischen Schaffens, gemeinsam mit Noiret wurde sie bei den 22. "Internationalen Festspielen Berlin"1) ("Berlinale 1972"1)) mit einem Preis ausgezeichnet, Regisseur Jean-Pierre Blanc erhielt den "Silbernen Bär"1) für die "Beste Regie"1).
In dem von Serge Korber1) nach dem Roman von Catherine Paysan1) gedrehten Ehedrama "Les Feux de la Chandeleur"1) (1972, "Kerzenlicht") brillierte sie als die alleinerziehende Mutter Marie-Louise Boursault, die von ihrem Gatten, dem Anwalt Alexandre Boursault (Jean Rochefort), verlassen wurde. In dem Psycho-Thriller "Traîtement de choc"1) (1973, "Der Schocker") kam sie als Hélène Masson daher, die sich zwecks Frischzellentherapie in die Behandlung von Dr. Devilers (Alain Delon) begibt, in der Tragikomödie "La gifle"1) (1974, "Die Ohrfeige") bildete sie gemeinsam mit Lino Ventura das Elternpaar der Medizinstudentin Isabelle Douléan (Isabelle Adjani1)). Die titelgebende Ärtin Dr. Françoise Gailland, Ehefrau von Gérard (François Périer1)) sowie Mutter der schwangeren Teenager-Tochter Élisabeth (Isabelle Huppert1)) und von Sohn Julien (William Coryn), verkörperte sie in dem von Jean-Louis Bertuccelli1) gedrehten Melodram "Docteur Françoise Gailland2) (1976, "Dr. med. Françoise Gailland") so beeindruckend, dass sie im Folgejahr mit dem als französischer "Oscar"1) geltenden Filmpreis "César"1) in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" geehrt wurde. Ebenfalls 1977 konnte sie den italienischen Preis "David di Donatello"1) als "Beste ausländische Darstellerin" für ihre Rolle der Jacqueline, Friseurin im Hunde-Salon "Chenil du chien chic", entgegennehmen, die in der turbulenten Story "Cours après moi que je t'attrape"2) (1976, "Lauf mir nach, dass ich dich fange") per Heiratsanzeige den Steuereinnehmer Paul (Jean-Pierre Marielle1)) kennen- und lieben lernt → fernsehenderddr.de.

Wiederholt war Philippe Noiret1) ihr Partner, so auch in dem von Philippe de Broca1)  in Szene gesetzten Kassenschlager "Tendre Poulet"1)  (1977, "Ein verrückte Huhn") mit ihrer Rolle der liebenswert-resoluten Kommissarin Lisette "Lise" Tanquerelle und Noiret als deren alte Jugendliebe (und eingefleischter Polizisten-Hasser), Profesor Antoine Lemercie. "Nicht frei von platten Versatzstücken eines traditionellen Komödien- und Krimi-Repertoires, gewinnt der Film vor allem durch die Leistung der Hauptdarstellerin und die handwerkliche Sorgfalt eine ansehnliche Unterhaltungsqualität." urteilt filmdienst.de → siehe auch fernsehenderddr.de. Mit "On a volé la cuisse de Jupiter" (1980) drehte de Broca eine Fortsetzung, die bei uns unter dem Titel "Wer hat den Schenkel von Jupiter geklaut?" in die Kinos gelangte und in der Girardot/Noiret ihre Rollen wiederholten, um sich diesmal auf eine Hochzeitsreise nach Griechenland zu begeben. Hier meint filmdienst.de: "Die Fortsetzung der Komödie "Ein verrücktes Huhn", die gegenüber dem Vorgängerfilm deutlich abfällt, jedoch mit vielen überdrehten Klamaukszenen noch hinlänglich kurzweilig unterhält." → fernsehenderddr.de
De Broca brachte mit "Le cavaleur"3) (1978, "Edouard, der Herzensbrecher") eine erotische Farce auf die Leinwand, in der Girardot als Lucienne die Ex-Frau des berühmten Pianisten Edouard Choiseul (Jean Rochefort) spielte, der schließlich auch von Gattin Marie-France (Nicole Garcia1)) samt der drei kleinen Töchter verlassen wird. In der humorigen Geschichte "La clé sur la porte"2) (1978, "Die Klassenlehrerin") war sie als die Protagonistin Marie Arnault die geschiedene, liberale Lehrerin und Mutter von drei Kindern, die in dem jungen Notarzt Philippe (Patrick Dewaere1)) nicht nur bei der Lösung ihrer Probleme mit einem schwer erziehbaren Schüler Unterstützung findet, für Regisseur André Cayatte1) gab sie in dem Krimi "L’amour en question"2) (1978, "Anklage Mord" → fernsehenderddr.de) die ermittelnde Hauptkommissarin Suzanne Corbier. Auch hier fällt bei filmdienst.de die Kritik (überwiegend) positiv aus: "Ein fesselnder Kriminalfilm, der die Rechtssysteme beider Länder gegenüberstellt und auf die Unterschiede zwischen der französischen und englischen Justiz verweist, dabei jedoch recht oberflächlich verfährt. Eindrucksvoll und überzeugend: Annie Girardot in der Hauptrolle." In "La Zizanie" (1978, "Der Querkopf") konnte als Bernadette, leidgeprüfte Ehefrau des Unternehmers, Erfinders und Bürgermeisters Guillaume Daubray-Lacaze (Louis de Funès), einmal mehr ihr komödiantisches Talent unter Beweis stellen.
 
Sehenswert war ebenfalls der spannende Krimi "Une robe noire pour un tueur"2) (1980, "Verdammt zum Schafott"), in dem sie als Pflichtverteidigerin Florence Nath dem wegen Polizistenmordes unschuldig zum Tode verurteilten, entflohenen Simon Risler (Claude Brasseur) beistand. "Einmal mehr erzählt Regisseur José Giovanni1) die Geschichte eines Einzelgängers, der unschuldig in die Mühlen der Justiz gerät. In der Rolle des Simon glänzt der französische Charakterdarsteller Claude Brasseur, Annie Giradot überzeugt als engagierte Anwältin." kann man bei prisma.de lesen. In dem Drama "La vie continue"2) (1981, "Doch das Leben geht weiter" begegnete sia als die verwitwete Jeanne und Mutter von zwei Kindern dem kürzlich von seiner Frau verlassenen Pierre Marchand (Jean-Pierre Cassel1)), in dem Krimi "Liste noire"1) (1984) mit dem deutschen Titel "Back Fire – Eine Mutter sieht rot" mimte sie die Jeanne Dufour, die einen gnadenlosen Rachefeldzug startet, nachdem ihre 17-jährige Tochter Nathalie (Sandrine Dumas) von Gangstern erschossen wurde.
Einmal mehr für Claude Lelouch1) stand sie vor der Kamera und spielte in "Weggehen und Wiederkommen"1) (1985, "Partir revenir"), der dramatischen Geschichte um eine jüdische Familie im besetzten Frankreich zur Zeit des Nationalsozialismus, als Hélène die Ehefrau von Roland Rivière (Jean-Louis Trintignant), welche die vierköpfige jüdische Familie Lerner während des 2. Weltkriegs in ihrem Schloss versteckte, eine ihrer letzten großen Hauptrollen.

Ab Mitte der1980er Jahre wurde es stiller um die gefeierte Schauspielerin, sie zeigte sich nur noch selten auf der Leinwand und ihre Popularität schien nachgelassen zu haben. Doch dann verzeichnete sie ein grandioses Comeback als sie in Claude Lelouchs Adaption "Les misérables"1) (1995), einer modernisierten Version des Roman (dt. "Die Elenden"1))  von Victor Hugo1), neben dem Protagonisten Jean-Paul Belmondo (in einer Dreifach-Rolle) die Bäuerin Madame Thénardier spielte und für ihre schauspielerische Leistung 1996 den "César"1)  diesmal in der Kategorie "Beste Nebendarstellerin"1) erhielt.
Im neuen Jahrtausend übernahm Annie Girardot hin und wieder kleinere, dennoch prägnante Nebenrollen, so als Mutter der Titelfigur Erika Kohut (Isabelle Huppert1)) in dem von Michael Haneke1) nach dem gleichnamigen Roman1) von Elfriede Jelinek1) realisierten Spielfilm "Die Klavierspielerin"1) (2001, "La Pianiste") und konnte erneut einen "César" als "Beste Nebendarstellerin" entgegennehmen. Unter der Regie von Urs Egger1) entstand das berührende Drama bzw. die Geschichte dreier Berliner Juden "Epsteins Nacht"1) (2002) mit Mario Adorf (Jochen Epstein), Bruno Ganz (Adam Rose) und Otto Tausig (Karl Rose) sowie Günter Lamprecht (SS-Hauptsturmführer Giesser alias der Gemeindepriester Groll) in den Hauptrollen, in dem sie als Hannah Liebermann Adam Roses einstige Jugendliebe darstellte.
  

Annie Girardot anlässlich der "César"1)-Verleihung 1996
Quelle: Wikimedia Commons; Urheber: Georges Biard;
Lizenz: CC-BY-SA 3.0

Annie Girardot anlässlich der "César"-Verleihung 1996; Quelle: Wikimedia Commons; Urheber: Georges Biard; Lizenz: CC-BY-SA 3.0
Der Elefantenkuh Denise lieh sie in der Originalversion des Zeichentrickfilm "La prophétie des grenouilles"1) (2004, "Das Geheimnis der Frösche") ihre Stimme (deutsche Sprecherin: Edith Hancke), zeigte sich in der mit Gérard Depardieu1) als Serge und Jean-Paul Rouve1) als Claude Mendelbaum gedrehten Komödie "Je préfère qu’on reste amis…"1) (2005, "Zwei ungleiche Freunde") als Claudes Mutter Madame Mendelbaum. Zu Annie Girardots letzten Arbeiten für den Kinofilm zählte Michael Hanekes Thriller "Caché"1) (2005), in dem sie als Mutter des mit Anne (Juliette Binoche1)) verheirateten Moderators Georges Laurent (Daniel Auteuil1)) auftrat, und der von (Regie/Drehbuch) und mit Jane Birkin entstandene Streifen "Boxes" (2007) → Wikipedia (englisch).
Neben der umfangreichen Arbeit für das Kino war Annie Girardot zudem für das Fernsehen tätig, verkörperte beispielsweise in der von Alberto Negrin1) inszenierten, internationalen Produktion bzw. dem Zweiteiler (später Vierteiler) "Mussolini and I"4) (1985, "Ich und der Duce") über den von Bob Hoskins1) dargestellten italienischen Diktator Benito Mussolini1) und sein Verhältnis zu seinem Schwiegersohn Graf Galeazzo Ciano1) (Anthony Hopkins) dessen Gattin Rachele Mussolini1). In den auf sechs Eoisoden ausgelegten, heiteren Geschichten "Florence ou La vie de château"4) (1987, "Schloss zu vermieten") musste sie als Schlossherrin Florence, Schwester des faulen Hector (Jean-Luc Bideau1)), einen Teil ihres Anwesens an finanzkräftige Gäste untervermieten, um Geld für die längst fällige Renovierung aufzutreiben, und erlebt dabei immer wieder turbulente Situationen. In der Serie "Orages d’été"4) (1989, "Sommergewitter") war sie dann die einstige Zirkus-Clownin Emma Lambert, die des Nomaden-Lebens überdrüssig ist, auf  den Bauernhof ihrer Familie zurückkehrt und dort nur Chaos vorfindet. Unter anderem wirkte Annie Girardot in dem Vierteiler "Delitti privati"1) (1993, "Mord in der Toskana") als das Medium Ada Roversi mit oder präsentierte sich in dem Dreiteiler "Les filles du Lido"2) (1995, "Der Traum vom Lido") als Madame Carmino, Betreiberin des traditionsreichen Pariser Varietés "Lido"1). Nach dem Roman von Vicky Baum1) entstand unter der Regie von Peter Patzak1) der Zweiteiler "Hotel Shanghai"4) (1997), in dem sie als Madame Tissaud zur Besetzung gehörte → Übersicht Filmografie (Auszug) sowie Auszeichnungen bei der "Internet Movie Database" und  Wikipedia.
Darüber hinaus feierte Annie Girardot immer wieder große Erfolge auf der Theaterbühne, zu einer ihrer Paraderolle geriet die Figur der Lehrerin Dona Marguerite, die in dem satirischen Mono-Drama "Madame Marguerite" ("Monologue tragi-comique pour une femme impétueuse…") des 1949 in Rio de Janeiro (Brasilien) geborenen Autors Roberto Athayde, die ihre(n) Schüler auf das Leben vorbereitet. Unzählige Male trat sie seit der von Jorge Lavelli (1932 – 2023) am Pariser "Théâtre Montparnasse"1) inszenierten französischen Erstaufführung (Oktober 1974) damit auf, so unter anderem 2002 auch in Moskau1) und im Sommer 2003 in Tschechien1) bzw. am "Švanda Theater" im Prager Stadtteil Smíchov1) sowie in Hradec Králové1) → deutsch.radio.cz. 2002 wurde sie für ihre grandiose Interpretation mit dem Theaterpreis "Molière"1) ("Beste Hauptdarstellerin"1)/"Meilleure comédienne") sowie einen "Ehren- Molière" für ihre gesamte Bühnenkarriere geehrt. 1989 veröffentlichte die Schauspielerin ihre Memoiren unter dem Titel "Vivre d'aimer" (dt. "Leben um zu lieben") in n Anlehnung an den Film "Mourir d’aimer"2) (1971). Eine weitere Publikation aus ihrer Feder war das gemeinsam mit Marie-Thérèse Cuny verfasste Buch "Paroles de femmes" (1981). Erwähnenswert ist zudem, dass die Französin 1992 als Jury-Präsidentin der "42. Berlinale"1) fungierte.

Annie Girardot, 1989 fotografiert von
Klaus Titzer (→ www.klaustitzer.com)
während einer Pressekonferenz in Wien
Foto mit freundlicher Genehmigung der
Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
sowie des Urhebers KLaus Titzer (10.07.2024)
© Klaus Titze/ÖNB/Wien; Datierung: 18.09.1989
Bildarchiv Austria (Signatur: KT_19890918_0952_03)

Annie Girardot, fotografiert von Klaus Titzer (www.klaustitzer.com) 1989 während einer Pressekonferenz in Wien; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) sowie des Urhebers KLaus Titzer (10.07.2024); Copyright Klaus Titze/ÖNB/Wien; Datierung: 18.09.1989; Bildarchiv Austria (Signatur: KT_19890918_0952_03)
Im Jahr 2006 ging durch die Medien, die Schauspielerin leide bereits seit den späten 1990er Jahren an einer beginnenden Alzheimer-Erkrankung1). "Ihr engster Freundeskreis um ihren persönlichen Assistenten Léo Bardon hatte beschlossen, die Diagnose vor ihr und der Öffentlichkeit geheim zu halten, sodass sie weiterhin Filme drehen konnte. Der Filmemacher Nicolas Baulieu thematisierte ihre Geschichte in dem Fernsehfilm "Annie Girardot, ainsi va la vie" (2008). Girardots Filmpartner und Freund Alain Delon war von ihrem Schicksal so ergriffen, dass er sich in der französischen Alzheimer-Gesellschaft "IFRAD" engagierte, deren Ehrenvorsitzender er 2010 wurde." vermerkt Wikipedia.
2008 vermeldete die Presse, dass Annie Girardot in einem mit medizinischen Geräten ausgestatteten Haus in Paris lebe, da die Krankheit weiter fortgeschritten und sie vollkommen in das Dunkel des Vergessens abgetaucht sei. Am 28. Februar 2011 starb die französische Film-Ikone Annie Girardot 79-jährig im Pariser "Hôpital Lariboisière"1) im Kreise ihrer Familie. Die letzte Ruhe fand sie auf dem Pariser "Cimetière du Père Lachaise" (Division 49) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Seit 1962 war Annie Girardot mit ihrem italienischem Schauspielerkollegen Renato Salvatori1) (* 20.03.1933) verheiratet, aus der Verbindung ging die am 5. Juli 1962 in Rom geborene Tochter Giulia hervor. Obwohl sich das Paar später wieder trennte, ließ es sich nie scheiden; Renato Salvatori starb am 27. März 1988. Während der  Dreharbeiten zu "Kerzenlicht" (1971/72), in dem Bernard Fresson1) den Verlobten von Girardots Filmtochter Claude Jade1) spielte, kam es zu einer Liebesbeziehung mit Fresson, die sieben Jahre lang andauerte.
 
DIE ZEIT (www.zeit.de) schrieb in einem Nachruf unter anderem weiter "Die als sensibel und impulsiv beschriebene gelernte Krankenschwester spielte in rund 40 Jahren in künstlerisch ambitionierten, aber auch in unterhaltsamen Filmen mit. Sie übernahm dabei die verschiedensten Berufe, als Richterin, Rechtsanwältin, Taxichauffeurin oder Polizistin. Von glamourös bis burschikos fand sie sich in allen Genre-Rollen zurecht." "Die grandiose Durchschnittliche" titelte "Die Welt" (www.welt.de), der Autor und Filmkritiker Hanns-Georg Rodek1) vermerkt zum Tode von Annie Girardot in diesem Artikel weiter: "Sie war immer eher die Durchschnittliche, mit rauher Stimme und struppiger Frisur, "eine von uns". So konnte sie alles sein: eine zurückhaltende Liebhaberin (in Lelouchs "Der Mann, der mir gefällt"), ein Dienstmädchen, das mit Michel Piccoli eine Liebschaft beginnt (in Ferreris "Dillinger ist tot") oder eine Ärztin (in "Dr. med. Françoise Gailland"), die ihr den ersten César einbrachte."
Für die F.A.Z. war sie "eine klassische Schauspielerin für die dunkleren Spielarten des Kinos": Annie Girardot, auch wenn sie gelegentlich in Komödien mitspielte, war eine klassische Schauspielerin der "série noire", des Melodrams, der dunkleren Spielarten des Kinos. (…) Die gewisse Traurigkeit, die oft um ihre Züge spielte und einen Nachklang von Erfahrungen zu enthalten schien, über die man eher im Flüsterton spricht, gab ihren Figuren auch dort Kontur, wo sie, wie so oft, nur in Nebenrollen glänzen konnte. (…)

Textbausteine des Kurzportraits von prisma.de 
Siehe auch Wikipedia (deutsch), Wikipedia (englisch)
Fotos bei Wikimedia Commons, virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) Quwlle: Wikipedia (französisch)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmdienst.de, 3) wunschliste.de, 4) fernsehserien.de
    
Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipeia, prisma.de (deutscher Titel), filmportal.de; R = Regie)
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