Lino Ventura wurde am 14. Juli 1919 als Angiolino Giuseppe Pasquale Ventura in der italienischen Stadt Parma1) geboren. Bereits mit acht Jahren zog er 1927 mit seinen Mutter Luisa Borrini nach Frankreich, sie lebten zunächst im italienischen Viertel von Montreuil1), später im 9. Arrondissement1) von Paris1). Den Vater Giovanni Ventura, der die 20-jährige schwangere Mutter verlassen hatte, lernte er nie kennen. Bereits mit neun Jahren ging er von der Schule ab, um die Mutter finanziell zu unterstützen, absolvierte später eine Mechanikerlehre und arbeitete dann eine kurze Zeit in diesem Beruf; daneben betätigte er sich in allerlei Gelegenheitsjobs wie Hoteljunge, Handelsvertreter und Büroangestellter. "Während des 2. Weltkriegs wurde er zur italienischen Armee eingezogen, desertierte 1943 und versteckte sich bis zum Ende der deutschen Besatzung in einer Scheune in Baracé1)." notiert Wikipedia. Acht Jahre lang war er unter dem Namen Lino Borrini als Ringer unterwegs, 1950 errang er den Titel als Europameister im Freistilringen und war Veranstalter von Catchturnieren, musste dann aber wegen einer Sportverletzung seine Karriere als Profisportler beenden.
Durch Jean Gabin (1904 – 1976) ermuntert, kam Ventura dann zum Film und erhielt eine erste Rolle als Drogendealer Angelo in Jacques Beckers1) Gangsterstreifen "Touchez pas au grisbi"1) (1953, "Wenn es Nacht wird in Paris") neben Jean Gabin und Jeanne Moreau. In den folgenden Jahren spielte Ventura – meist im Schatten Jean Gabins – Nebenrollen als hartgesottener Gangster in französischen und italienischen Produktionen.
Seinen ersten größeren Auftritt erhielt Ventura von Claude Sautet1), wo er sich in dem Krimi "Classe tous risques"1) (1960, "Der Panther wird gehetzt") mit Jean-Paul Belmondo die Hauptrolle teilte. Bald schon avancierte Ventura mit Charakterrollen zum Nachfolger von Jean Gabin und drehte erfolgreiche Filme mit führenden europäischen Regisseuren. Unter ihnen ist der Franzose Louis Malle1) zu nennen, mit dem er als Kommissar Cherier den vielbeachteten Krimi "Ascenseur pour l'échafaud"1) (1957, "Fahrstuhl zum Schafott") drehte, realisiert nach dem gleichnamigen Roman von Noël Calef1) mit Jeanne Moreau in der weiblichen Hauptrolle.
Gemeinsam mit Protagonistin Danielle Darrieux stand er für das von Julien Duvivier1) inszenierte Drama "Marie-Octobre"1) vor der Kamera, der italienische Starregisseur Vittorio De Sica beispielsweise gab ihm die Rolle von Giovannas Vater in der Satire "Il giudizio universale1) (1961, "Das Jüngste Gericht findet nicht statt"), für den Spanier Carlos Saura1) mimte er den El Lutos in "Llanto por un bandido"1) (1964, "Cordoba") und für Henri Verneuil1) stellte er den Inspektor Le Goff neben Jean Gabin und Alain Delon in dessen Meisterwerk "Le clan des siciliens"1) (1969, "Der Clan der Sizilianer") dar.
 
"Marie-Octobre": Szenenfoto mit Lino Ventura als Nachtclub-Besitzer Carlo Bernardi; links Bernard Blier als Rechtsanwalt Julien Simoneau; mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das Drama Mitte November 2020 auf DVD herausbrachte "Marie-Octobre": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das Drama Mitte November 2020 auf DVD herausbrachte.
"Marie-Octobre": Abbildung DVD-Cover sowie Szenenfoto mit Lino Ventura als
Nachtclub-Besitzer Carlo Bernardi  links Bernard Blier als Rechtsanwalt Julien Simoneau 
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche das Drama Mitte November 2020 auf DVD herausbrachte.
  
Ventura avancierte nicht nur in Frankreich und Italien zum Star, den ersten großen internationalen Erfolg verzeichnete er 1966 mit der Rolle des Gangsters Gustave 'Gu' Minda in Jean-Pierre Melvilles1) kühl inszeniertem, inzwischen zum Klassiker gewordenen Thriller "Le deuxième souffle" ("Der zweite Atem"). Zu seinen besten Arbeiten gehörte dann wohl der ebenfalls von Melville gedrehte Kriegs- bzw. Agentenfilm "L'armée des ombres" (1969, "Armee im Schatten") mit Ventura als Anführer der Résistance1) Philippe Gerbier. Über die die düstere Adaption des gleichnamigen Romans von Joseph Kessel1) notiert das "Lexikon des internationalen Films": "Distanzierte, sachliche und unpathetische Schilderung der zermürbenden und selbstzerstörerischen Aktionen einer französischen Widerstandsgruppe im Zweiten Weltkrieg. Durch Verzicht auf alles Reißerische und durch hervorragende schauspielerische Leistungen erreicht der Film eine außergewöhnliche Intensität, ohne dass die innere Spannung nachlässt". → filmdienst.de
Der Thriller "Le rapace"2) (1968, "Im Dreck verreckt"), gedreht von Regisseur José Giovanni1) nach einem Roman von John Carrick, zeigte Ventura als Profikiller Rital, der den Präsidenten eines lateinamerikanischen Landes zu ermorden soll. So urteilt filmdienst.de: "Der im wesentlichen unpolitische Thriller, der auch seine psychologischen Möglichkeiten nicht ausschöpft, vermag allein durch die schauspielerische Präsenz von Lino Ventura zu überzeugen." Und Pidax-Film (DVD-Veröffentlichung 12.02.2021) notiert: "Der französische Star ist der richtige Mann für den kaltblütigen Scharfschützen, der aber auch Herz zeigt."
 
"Im Dreck verreckt": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film (DVD-Ver&öffentlichung: 12.02.2021) "Im Dreck verreckt": Szenenfoto mit Lino Ventura als Profikiller Rital; mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film (DVD-Veröffentlichung: 12.02.2021)
"Im Dreck verreckt": Abbildung DVD-Cover sowie Szenenfoto mit
Lino Ventura als Profikiller Rital
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film (DVD-Veröffentlichung: 12.02.2021)
  
Ein weiterer Höhepunkt in Venturas Karriere war 1973 die Rolle des charmanten Ganoven Simon in Claude Lelouchs1) unterhaltsamen Gauner- und Liebeskomödie "La bonne année"2) ("Ein glückliches Jahr"), für die er beim "Internationalen Filmfestival von San Sebastián"1) eine Auszeichnung erhielt → Filminfo bei dieterwunderlich.de. Dazwischen und in den folgenden Jahren drehte der Schauspieler zahlreiche, international erfolgreiche Kinofilme. Er war 1973 beeindruckend und köstlich zugleich als genervter, wortkarger Profikiller Ralf Milan in der grotesken Geschichte "L'emmerdeur1) ("Die Filzlaus") an der Seite von Jacques Brel als geschwätzigem Selbstmordkandidaten. 1974 mimte er den sorgenvollen Vater von Isabelle Doulean (Isabelle Adjani1)) in der Tragikomödie "La gifle"1) ("Die Ohrfeige"), ein Jahr später war er der unbequem-unbestechliche Kommissar Verjeat in der turbulenten Action-Story "Adieu, poulet"1) (1975, "Adieu, Bulle").
Er präsentierte sich als Inspektor Amerigo Rogas in dem Polit-Thriller "Cadaveri eccellenti"1) (1976, "Die Macht und ihr Preis") und als verzweifelter Vater in einem weiteren Thriller, "L'homme en colère"1) (1978, "Ein Mann in Wut"). 
 In dem Agentenstreifen "Espion, lève-toi"1) ("Der Maulwurf") zeigte sich Ventura 1981 brillant als der reaktivierte Spion wider Willen an der Seite von Michel Piccoli und im gleichen Jahr als der hartnäckige, erfahrenen Polizist Antoine Gallien in dem kammerspielartigen Krimi "Garde à vue"1) ("Das Verhör") neben einem nicht weniger phantastischen Michel Serrault1) als angesehener Notar und Verdächtiger Jerome Martinaud.

"Der Maulwurf": Abbildung DVD-Cover sowie Szenenfoto
mit Lino Ventura als ehemaliger Spion Sébastien Grenier
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche den
Agentenfilm Anfang August 2019 auf DVD herausbrachte.

"Der Maulwurf": Szenenfoto mit Lino Ventura als als ehemaliger Spion Sébastien Grenier; mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche den Agentenfilm Anfang August 2019 auf DVD herausbrachte. "Der Maulwurf": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche den Agentenfilm Anfang August 2019 auf DVD herausbrachte
In Erinnerung bleibt Ventura auch mit der zentralen Figur des Galeerensträflings Jean Valjean in der Literaturadaption "Les Misérables"1) (1982, "Die Legion der Verdammten"), in Szene gesetzt von Robert Hossein nach dem Roman "Die Elenden"1) ("Les Misérables") von Victor Hugo1). Nach dem Abenteuer "Le ruffian"1) (1983, "Der Rammbock") und dem Part des ehemaligen Rennfahrers Aldo trat Ventura in einem seiner letzten Filme in Aktion – in der Dokumentation "Cento giorni a Palermo"1) (1984, "Die 100 Tage von Palermo") als verbissener Mafia-Gegner General Carlo Dalla Chiesa1), der in den 1970er Jahren für seinen Kampf gegen den italienischen Terrorismus berühmt wurde → Übersicht Filmografie.
Lino Ventura verkörperte zumeist mit äußerst sparsamen Mitteln in seinen Filmen den harten, aber zutiefst menschlichen Typus, der verschlossen wirkt, sich aber durch kleine Gesten und sehr deutliche Handlungen mitteilt und damit eine ungeheure Leinwandpräsenz erreichte. "Seine Charaktere traten in der Regel wortkarg und mürrisch auf, handelten aber intelligent und entschlossen. Venturas Figuren umgab eine Aura der Melancholie, hinter deren ruppiger Schale der Zuschauer nichtsdestoweniger ihre Menschlichkeit und Sensibilität erahnen konnte. Ventura bereicherte seine Rollen durch subtilen Humor, indem er beispielsweise die Rolle des notorischen Griesgrams gezielt auf die Spitze trieb. Der Darsteller mit dem markanten Charakterkopf vertrat in altmodischer Weise eine unbeirrbare Moral und drückte sich dabei weniger durch Worte als durch Handlungen und Gesten aus. Er war in der Lage, während eines Films zunächst als wortkarger Muffel aufzutreten, um dann in einer einzigen Szene mit großer Präzision eine gehörige Portion Emotionalität zu offenbaren." vermerkt Wikipedia (abgerufen 01.08.2011).
Obwohl sich der Schauspieler zeitlebens dem Starrummel entzog, war er dennoch bis zu seinem Tod der Publikumsliebling in Frankreich und gehörte zu den Spitzenstars des Landes. Hierzu mögen sein unspektakuläres Auftreten und sein soziales Engagement – besonders für geistig behinderte Kinder – beigetragen haben. Ob als Bulle oder Ganove, in über 80 Filmen stand Ventura im Verlaufe seiner Karriere vor der Kamera und avancierte zum "Bogart" des französischen Films. "Der politisch konservative Ventura wurde von vielen als Einzelgänger geschildert, der auch am Filmset kaum Freundschaften oder nähere Kontakte pflegte. Ausnahmen waren die Schauspielkollegen Jacques Brel und Hardy Krüger, mit denen er eng befreundet war." kann man bei Wikipedia lesen.
 
Im Alter von 68 Jahren starb der vierfache Vater am 22. Oktober 1987 in seinem Haus im Pariser Vorort Saint-Cloud1) an den Folgen eines Herzinfarktes. Anlässlich der Beisetzung folgten seinem Sarg Tausende durch die Straßen von Paris, die letzte Ruhe fand er in einem Familiengrab auf dem Friedhof von Le Val-Saint-Germain1) nahe Paris → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Seit dem 8. Januar 1942 war der Schauspieler glücklich mit Odette Lecomte, die er bereits 1935 kennengelernt hatte, verheiratet, führte im Gegensatz zu anderen Kollegen, über viereinhalb Jahrzehnte lang eine Ehe ohne Schlagzeilen und schottete sein Privatleben vor der Öffentlichkeit streng ab. Aus der Verbindung gingen die Kinder Laurent, Mylene, Linda und Clelia hervor. Veranlasst durch die schwere Behinderung der jüngsten Tochter Linda, gründete Ventura 1966 die Stiftung "Perce-Neige" ("Schneeglöckchen"), deren Ziel es ist, Spenden zur Einrichtung von Behindertenheimen zu sammeln.
Venturas Witwe Odette  († 2013) veröffentlichte mit "Lino" eine Biografie über ihren Mann, die 1993 in Deutschland unter dem Titel "Lino: Das Leben des Lino Ventura" publiziert wurde.
Von Philippe Kohly entstand die filmische Dokumentation "Lino Ventura – Ganove mit Herz" (2016): "Ob knallharte Polizisten oder schwere Jungs – Lino Ventura war als Schauspieler ein Naturtalent. Seine Mimik war sparsam, er wirkte kantig, aber auch melancholisch: Er vermittelte immer den Eindruck, dass hinter seinen Figuren, die meist in sich gekehrte Einzelgänger waren, ein Mann mit Prinzipien und ausgeprägtem Moralbegriff steht, solide und wortkarg, hart und sentimental. (…) Das Porträt bringt eine sehr intime Seite des Schauspielers zutage. Ob als Agent, Killer oder Kommissar – immer sind in den Figuren auch die Verletzungen seiner Kindheit spürbar. Privat führte Ventura ein solides, bürgerliches Leben und eine skandalfreie Ehe mit der Frau, die er als 17-Jähriger kennenlernte und mit der er vier Kinder hatte." (Quelle: programm.ard.de)
Textbausteine des Kurzportraits von prisma.de
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch, zauberspiegel-online.de
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Filme (Auszug)
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