Wolfgang Dehler wurde am 2. November 1936 in Beucha bei Leipzig (Sachsen)
geboren. 1955 begann er ein Studium an der Theaterhochschule in Leipzig,
welches er drei Jahre später erfolgreich abschloss. Engagements in Leipzig,
Weimar sowie ab 1967 am "Staatstheater in Dresden" schlossen sich an. Ab den
1970er Jahren wirkte Dehler auch in Berlin, trat an der "Komischen Oper",
dem "Theater im Palast der Republik" (TiP) und an der
"Volksbühne" auf. An der "Volksbühne ist er mit der
Titelrolle in Friedrich Wolfs1) Tragikomödie "Koritke" (1982; auch
"Die Zeche zahlt Koritke") in nachhaltiger Erinnerung geblieben;
das Stück, angesiedelt in den 1920er Jahren, wurde 1984 auch für das
Fernsehen übernommen. Doch vor allem mit der Titelrolle in Lessings "Nathan der Weise"1)
oder als Shakespeare-Interpret ("Richard III."1)/"Jago" in
"Othello"1)/"Falstaff"
in "Die
lustigen Weiber von Windsor"1)) begeisterte der kraftvolle Charaktermime das Publikum.
Dehler war damals mit 42 Jahren der jüngste "Nathan", den es bis dahin
gegeben hatte, Weitere glänzende Auftritte
hatte er beispielsweise als Protagonist in Goethes "Faust I"1) und "Faust II"1) oder
als Gottlieb Biedermann in Max Frischs "Biedermann und die
Brandstifter"1), als Caliban,
Prosperos wilder und missgestalteter Sklave, in Shakespeares "Der
Sturm"1) oder als Stadthauptmann
Dmuchanowski in Gogols Komödie "Der Revisor"1) konnte er ebenfalls mit seiner kraftvollen
Darstellung überzeugen.
Wolfgang Dehler als Staatssekretär Antonio Montecatino in
"Torquato
Tasso"1) von Johann Wolfgang von Goethe,
1963 am "Deutschen Nationaltheater Weimar"
Foto (Urheber): Günter Dietel, mit freundlicher Genehmigung
des "Theatermuseum Meiningen"1); das Copyright
liegt beim
"Theatermuseum Meiningen" → www.meiningermuseen.de
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Mit seiner gewaltigen Stimme
machte er als Tevje in dem Musical "Anatevka"1) an der
Berliner "Komischen Oper"
Furore, über 250 Mal verlieh er dem jiddischem Milchmann seine ureigenen,
unvergesslichen Züge. Seine herausragenden Interpretationen wurden 1979 mit dem
"Nationalpreis
der DDR, III. Klasse für Kunst und Literatur"1)
ausgezeichnet "für seine großen darstellerischen Leistungen in
Theater, Film, Fernsehen und Funk." wie es in der Begründung hieß.
Mit Beginn der 1960er Jahre hatte Dehler vermehrt Aufgaben für Film und
Fernsehen übernommen und zeigte in zahlreichen Produktionen seine enorme
Wandlungsfähigkeit. "Es frappierte vor allem das Weltmännische an
ihm, die Eleganz, die sich mit Verstand und Wendigkeit
angenehm verbindet. Undurchsichtige, fragwürdige Existenzen vom Literarischen her gerade
ein Klischee erfüllend werden durch ihn originell. Selbst Ganoven
und Windhunde geraten ihm nie billig. Immer ist man überzeugt:
Ein Mann wie der weiß und kann mehr, als er sich anmerken läßt."2)
schrieb die Theaterkritikerin und Buchautorin Erika Stephan 1976 über den
Schauspieler.
Sein Bildschirmdebüt hatte der 24-jährige Dehler 1960 als Dom Theodorico Raposo
in "Die Reliquie" nach dem Roman
von José Maria Eca de Queiroz1)
gegeben, in späteren Jahren verkörperte er
auch eindrucksvoll historische Persönlichkeiten wie August den Starken1)
im 1. Teil des Mehrteilers "Johann Sebastian Bach" (1985, mit Ulrich Thein in der
Titelrolle) oder den Reichskanzler
Otto von Bismarck1) in
"Bebel und Bismarck" (1987), einem Historien-Dreiteiler in der
DDR1-Reihe "Das Preußen des 19. Jahrhunderts im Spiegel von
DDR-Fernsehfilmen".
Wolfgang Dehler mit seiner Paraderolle des Tevje in dem Musical "Anatevka",
1990 am "Landestheater
Detmold"1)
Foto mit freundlicher Genehmigung des Landestheaters,
die Bildrechte liegen beim "Landestheater Detmold"
→ www.landestheater-detmold.de
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Zu Dehlers Arbeiten vor der Kamera zählen
Historienfilme wie "Lützower"1) (1972), Literaturadaptionen wie
"Die
Gerechten von Kummerow"1) (1982), Dramen wie "Ärztinnen" (1984)
oder Science-Fiction-Filme wie "Besuch bei Van Gogh" (1985).
Dehler hinterließ in DEFA-Filmen wie "Brandstellen" (1978) oder
"Dach überm Kopf" (1980) nachhaltigen Eindruck, spielte in
sehenswerten TV-Produktionen wie "Die Bilder des Zeugen Schattmann"1) 1972)
oder "Märkische
Chronik"3) (1983).
Immer wieder tauchte Dehler in populären Krimiserien wie "Der Staatsanwalt hat das Wort"
sowie "Polizeiruf 110"1) auf. Hier verkörperte er schon mal den
Täter, trat aber auch als Oberleutnant Strahl (1983) oder Ermittler
Dillinger
(1987/1991) in Erscheinung, der im "Polizeiruf 110" Verbrechens-Aufklärung
betreibt; zwei Drehbücher zu der populären Reihe stammten überdies aus
seiner Feder, die Episoden "Trio zu viert"1) (1989)
und "Ein verhängnisvoller Verdacht"1) (1991).
Eine schöne Rolle war auch die des verwitweten Klempnermeisters Hermann Schindler
in der ganz auf Dehler zugeschnittenen Unterhaltungsserie "Mensch,
Hermann!"1) (1987), wo er sechs Folgen lang auch mal als Charmeur glänzen
durfte → www.fernsehserien.de.
Nach der sogenannten "Wende" wurde es etwas ruhiger um den
beliebten Schauspieler, zunächst sah alles nach einem Karriere-Knick aus.
Doch dank seiner Vielseitigkeit war Dehler bald wieder gut im Geschäft. Er spielte in einigen gesamtdeutschen
Produktionen wie der "Polizeiruf 110"-Folge "Ein verhängnisvoller Verdacht" (1991)
oder in zwei "Tatort"-Folgen. Roland Suso Richter
besetzte ihn mit dem kleinen Part eines Genetikers in dem Thriller "Nichts als die Wahrheit"1) (1999) neben Götz George in der Rolle
des Josef Mengele; zuletzt sah man
Dehler als Vater Thies in zwei Folgen der Serie "Klinikum Berlin Mitte Leben in
Bereitschaft" (2000).
Darüber hinaus führte Dehler Regie am Theater, war mit seiner tiefen, sonoren
Stimme für Audio-Produktionen tätig und arbeitete für die
Synchronisation: So lieh er unter anderem Sean Connery, Robert Loggia, Leonard Nimoy und Paul Sorvino
seine unverwechselbar-markante Stimme, war unter anderem als "Zeus" im Disney-Trickfilm "Hercules"1) (1997) zu hören → Auswahl Synchronrollen bei Wikipedia. Bereits seit
Ende der 1960er Jahre bereicherte Dehler die Ensembles von Hörspielen, eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank
aufgeführten Produktionen findet man hier
am Ende des Artikels.
Er wirkte an verschiedensten Schallplattenaufnahmen (Klassik) als
Sprecher mit, auf den Alben "Ströme Negerlyrik aus zwei Kontinenten" (19??) und
"Im blauen Mond September" (1982) stellt er sich auch als Jazzsänger vor.
Wolfgang Dehler anlässlich eines Live-Konzerts
mit Band in Dortmund 1995,
Foto mit Dank aus dem Privatarchiv der Familie Dehler
© Familie Dehler
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Das Multitalent Dehler erfreute mit eigenen Theater- und
Chansonabenden das Publikum, malte Bilder, schrieb Lieder und verfasste auch
die autobiografische Anekdotensammlung mit dem Titel "
einfach absurd!" (1998) mit 52 skurrilen Geschichten.
Auf der Bühne war Dehler ebenfalls bald wieder erfolgreich, anfangs
tingelte er zwar einige Zeit als Märchenonkel durch die
Provinz, trat bald jedoch wieder an kleineren Theatern auf. So spielte er unter anderem an dem
von Rolf Hoppe geleiteten "Hoftheater Dresden" neben Julia Loibl die männliche
Titelrolle in "Der Abbé und das Mädchen", einem Schauspiel nach
"Die Meinungen des Jerôme Coignard" von Anatole France1) . 1996/1997
bzw. 1999 bis 2001 sah man Dehler bei den Störtebeker-Festspielen1) in Ralswiek auf der Insel Rügen,
wo er als wettergegerbter Fischer oder als mächtiger Hochmeister des
Ritterordens "seinen Mann" stand.
Wolfgang Dehler liest aus seinem Buch "
einfach absurd!"
(1998)
Foto mit Dank aus dem Privatarchiv der Familie Dehler
© Familie Dehler |
Der vielseitige Künstler Wolfgang Dehler, einer der bekanntesten
Schauspieler im Osten Deutschlands, starb am 25. April 2003 mit 66 Jahren in seiner
Wahlheimat Rio de Janeiro; seine letzte Ruhe fand er im August 2007 auf dem Urnenhain Tolkewitz in
Dresden → Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons.
Seit 1999 lebte
Dehler in fünfter Ehe mit der Brasilianerin Angela Cavalcanti4)
zusammen und verbrachte seine letzte Lebenszeit seit 2002 in Brasilien. Aus der
1969 geschiedenen
Ehe mit Wera Paintner, Tochter des
Schauspielers Martin Flörchinger (1909 2004),
stammen die Töchter Barbara (geb. 08.08.1960) und Maria (geb. 07.08.1963) sowie Sohn Thomas (geb. 20.10.1961); Thomas Dehler1) ist in die Fußstapfen seiner Eltern
getreten und arbeitet ebenfalls als Schauspieler sowie als Schauspiel-Dozent → www.thomasdehler.com.
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