Filmografie / Hörspiel
Fritz Lichtenhahn wurde am 6. Mai 1932 als Sohn eines Arztes im Schweizerischen Arosa1) geboren. Nach Schule und Abitur begann er zunächst in Zürich ein Studium der Germanistik, bevor er sich entschied, Schauspieler zu werden. Eine dementsprechende Ausbildung absolvierte er am "Bühnenstudio Zürich", erste Theaterengagements führten ihn nach Graz (1956/57) und Essen (1957–1960). Dann stand er fast zehn Jahre lang am "Bochumer Schauspielhaus" auf der Bühne, wo er in Inszenierungen des Intendanten Hans Schalla1) zu überzeugen wusste und die klassischen Helden der Weltliteratur ebenso brillant gestaltete wie Rollen in modernen Stücken So erlebte man ihn beispielsweise als Schriftsteller Alwa Schön in Frank Wedekinds "Lulu, als Gymnasiallehrer Fjodor Iljitsch Kulygin in Tschechows "Drei Schwestern"1), als Behringer in Ionescos "Die Nashörner"1), oder als Zettel in "Ein Sommernachtstraum"1) und als Haushofmeister Malvolio in "Was ihr wollt"1) – beides Stücke von Shakespeare. Während seiner beiden letzten Jahre in Bochum kam es zu einer engen Zusammenarbeit mit mit Niels-Peter Rudolph1), der ihn unter anderem mit der Figur des Architekten in "Der Architekt und der Kaiser von Assyrien" von Fernando Arrabal1) betraute. So schrieb Heinrich Vormweg1) in der "Süddeutschen Zeitung" (21.02.1968): "Fritz Lichtenhahn als Architekt faszinierte durch eine intensive Gelassenheit, in der Unschuld und potentielle Geworfenheit gleichermaßen virulent waren."*)
 
   

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Fritz Lichtenhahn 02; Copyright Virginia Shue
1969 wechselte Lichtenhahn für drei Spielzeiten nach Hamburg an das "Deutsche Schauspielhaus", von 1973 bis 1987 gehörte er (mit Unterbrechungen) zum Ensemble der "Staatlichen Schauspielbühnen Berlin", zwischen1987 und 1997 zeigte er seine schauspielerische Kunst am Hamburger "Thalia-Theater", danach war er freiberuflich tätig. Im folgenden eine Auswahl der Rollen und Stücke, mit denen Fritz Lichtenhahn Publikum und Kritiker im Verlaufe der Jahrzehnte zu überzeugen wusste (Link: Wikipedia; R = Regie):
In jüngerer Zeit zeigte der große Mime Ende November 2006 in den "Hamburger Kammerspielen"1) mit seinem Programm "Das letzte Band. Eine Erinnerung" einmal mehr seine darstellerische Kraft. In dem Beckett-Monolog mit Tonbändern erinnerte er sich an die rund 20 Jahre alte Thalia-Produktion, 1992 war er in Samuel Becketts "Das letzte Band" (Krapp's Last Tape) am Hamburger "Thalia Theater" aufgetreten. Damals notierte Werner Burkhardt1) in der "Süddeutschen Zeitung" (08.06.1992): "Vor dem Eisernen nimmt ein wunderlicher alter Clown Abschied von einem Leben, das längst zerflattert ist. Behutsam, ohne Hast und Aufbegehren, zeichnet Lichtenhahn einen Menschen, dessen Resignation nicht erst von heute ist. Schon auf dem Band, das er abhört, klingt die Stimme, als müsse sie sich die Lebenspartikel aus tiefer Vergangenheit hervorholen. " In dem Stück, welches vielleicht als der schönste und poetischste Monolog gelten kann, den je ein Dramatiker für einen gereiften Schauspieler geschrieben hat, zeigt Beckett einen alten, abgerissenen Mann, der sich auf einem Tonband alte Berichte seiner selbst anhört und die Weisheiten seiner jüngeren Jahre mit Hohn und Bitterkeit kommentiert – eine Paraderolle für Fritz Lichtenhahn.
 
 

Fritz Lichtenhahn auf der Theaterbühne
im Rahmen einer Tournee 1986
in dem Stück "Meisterklasse" (Master Class)
von David Pownall; Regie: August Everding1)

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Fritz Lichtenhahn auf der Theaterbühne in dem Stück "Meisterklasse" (Master Class) von David Pownall; Regie: August Everding; Copyright Virginia Shue
Fritz Lichtenhahn 02; Copyright Virginia Shue Der Schauspieler, den man bereits 1964 mit dem "Nachwuchspreis des Landes NRW"1) auszeichnete, wurde Anfang der 1970er Jahre durch seine Rolle des Bruno Semmeling in Dieter Wedels Mehrteiler "Einmal im Leben – Geschichte eines Eigenheims"2) (1972) über Nacht auch einem breiten Publikum bekannt. Ganz Deutschland fieberte damals mit, als Familienvater Bruno Semmeling und sein "Trudchen" alias Antje Hagen2) den Traum vom Eigenheim verwirklichten. Als deutsche "Durchschnittsfamilie" wurden die "Semmelings" damals zum Kult, vier Jahre später sah man Bruno und Trude in der Fortsetzung "Alle Jahre wieder: Die Familie Semmeling"1): Nach Jahren hatte es die durch den Hausbau arg gebeutelte Familie Semmeling geschafft, in den Winterurlaub zu fahren und wie sollte es anders sein – dieser Urlaub hatte weniger mit Entspannung als mit einer Reihe von Ärgernissen zu tun. Auch für Wedels neuerliche, hochkarätig besetzte Produktion "Die Affäre Semmeling"1) (2002) stand Fritz Lichtenhahn zusammen mit seiner Filmehefrau Antje Hagen wieder vor der Kamera – gemeinsam mit Mario Adolf, Heiner Lauterbach, Heinz Hoenig, Robert Atzorn, Stefan Kurt und Heike Makatsch. Einmal mehr war die brave Familie Semmeling durch eine Erbschaft und den Forderungen des Finanzamtes den Tücken des Lebens ausgeliefert – diesmal gebeutelt von Bürokratie und Politik.
 
 
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. 
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Nach seinem ersten großen Publikumserfolg als "Bruno Semmeling" folgten auf dem Bildschirm immer wieder sporadische Auftritte in so beliebten Krimi-Reihen wie beispielsweise "Tatort", "Die Männer vom K3", "SOKO 5113" oder "Polizeiruf 110", aber auch Rollen in zahlreichen weiteren erfolgreichen und anspruchsvollen Fernsehproduktionen. Man sah Lichtenhahn beispielsweise 1980 in Rainer Horbelts Droste-Hülshoff-Adaption "Die Judenbuche", in Konrad Sabrautzkys Komödie "Unternehmen Arche Noah", nach dem Drehbuch von Elke Heidenreich, war er 1983 der Vater Schlegel sowie 1987 der Lippenholtz in Tom Toelles "Der Schrei der Eule", einem Krimi nach dem Roman von Patricia Highsmith. In den 1990ern stand er unter anderem als SED-Politiker Hans Modrow1) in dem szenischen Dokumentarfilm "Wer zu spät kommt – Das Politbüro erlebt die deutsche Revolution"1) (1990) oder als Paul Hinrich für Iris Gusners Romanze "Sommerliebe"3) (1993) vor der Kamera, mimte in Dieter Wedels Mehrteiler "Der Schattenmann"1) (1996) einen raffinierten Schweizer Bankier oder war in Hartmut Griesmayrs "Mord auf dem Konto" (1996) wieder als Bankangestellter zu sehen. Die Fernsehzuschauer konnten sich 2004 auf Lichtenhahns Auftritt in "Polizeiruf 110 – Vater unser"4) freuen, wo er die Rolle des Rentners Joseph Waller spielte. Danach übernahm er eine kleine Rolle in der ZDF-Komödie "Treuepunkte"3) (2008), die Thomas Nennstiel nach dem Bestseller von Susanne Fröhlich mit Christine Neubauer in der Hauptrolle inszeniert hatte.

Fritz Lichtenhahn fotografiert von Sandro Most während der
Produktion des Hörspiels "Extraordinary. Stille. Ce soir" von
Jean-Claude Kuner (→ jean-claude-kuner.de) und Andrea Marggraf
anlässlich des 100. Geburtstages von Samuel Beckett1)
EA: 09.04.2006 → hoerspiele.dra.de
Mit freundlicher Genehmigung des Fotografen; © Sandro Most

Fritz Lichtenhahn fotografiert von Sandro Most während der Produktion des Hörspiels "Extraordinary. Stille. Ce soir" von Jean-Claude Kuner und Andrea Marggraf anlässlich des 100. Geburtstages von Samuel Beckett (EA: 09.04.2006); mit freundlicher Genehmigung des Fotografen; Copyright Sandro Most
Neben seiner umfangreichen Tätigkeit für das Theater und Fernsehen zeigte sich Lichtenhahn auch immer wieder mal mit profilierten Nebenrollen in großen Kinoproduktionen. So agierte er beispielsweise 1977 in Aleksandar Petrovics Heinrich-Böll-Verfilmung "Gruppenbild mit Dame"1) als Dr. Scholsdorff neben Romy Schneider auf der Leinwand, war 1980 der Onkel Bertrand in Margarethe von Trottas "Deutschland bleiche Mutter"1) oder 1992 der Dr. Schmidt in Gerhard Polts Komödie "Herr Ober!"3); im gleichen Jahr sah man ihn in Helmut Dietls Satire "Schtonk!"1). Zu Lichtenhahns letzten Kinoauftritten zählt 2000 seine Rolle in Markus Imbodens "Komiker"1) sowie 2003 Margarethe von Trottas "Rosenstraße"1), wo er als Vater von Fabian Fischer alias Martin Feifel in Erscheinung trat.
Fritz Lichtenhahn während seiner Reise nach Rom, die er 2011 anlässlich der Arbeiten an dem Hörspiel "Schöne Welt, wo bist du? – Wege zu Johann Joachim Winckelmann" von Jean-Claude Kuner unternahm ; Foto mit freundlicher Genehmigung von Jean-Claude Kuner Fritz Lichtenhahn, der im Herbst 2000 von der Graubündner Regierung für seine Leistungen ausgezeichnet wurde, hatte sich auch als Sprecher in zahlreichen Hörspielen einen Namen gemacht; er hielt darüber hinaus Lesungen und Rezitationsabende ab. Zusammen mit Filmlegende Nadja Tiller2) präsentierte er sich zuletzt in dem Hörspiel "Traumrollen" (Regie: Jean-Claude Kuner), welches am 22. Februar 2014 im "Literaturhaus Frankfurt" von der "Deutschen Akademie der Darstellenden Künste"1) zum "Hörspiel des Jahres 2013" gekürt bzw. erstmals am 13. April 2013 im "Deutschlandfunk" gesendet wurde. 
 
Fritz Lichtenhahn während seiner Reise nach Rom, die er 2011
anlässlich der Arbeiten an dem Hörspiel 
"Schöne Welt, wo bist du? – Wege zu Johann Joachim Winckelmann"1)
von Jean-Claude Kuner unternahm → jean-claude-kuner.de
Foto mit freundlicher Genehmigung von Jean-Claude Kuner
Quelle: jean-claude-kuner.de; © Jean-Claude Kuner
"Das Stück im Stück handelt von der Einladung des Autors an die Künstler, für ihn Hauptrollen zu geben. Sie nehmen an und lassen die Hörer teilhaben an Gesprächen über berufliche Erfolge und erfüllte Traume, aber auch über ausgeschlagene Angebote und private Einschnitte wie den Tod der Partner. Zugleich weitet sich das Gespräch der beiden, das mit der Arbeit an Traumrollen wie in "Romeo und Julia" konfrontiert wird, zu einer großen Reflexion über die Kraft des Lebens und den unersetzlichen Reichtum der Kunst. Ein wunderbares Denkmal für Nadja Tiller und Fritz Lichtenhahn, ein Glücksfall für das Radio und seine Hörer!" meinte die Jury unter anderem in ihrer Begründung → jean-claude-kuner.de, ARD Hörspieldatenbank.

Fritz Lichtenhahn und Nadja Tiller, fotografiert von Jean-Claude Kuner
während der Arbeiten zu "Traumrollen
Foto mit freundlicher Genehmigung von Jean-Claude Kuner
Quelle: jean-claude-kuner.de; © Jean-Claude Kuner

Fritz Lichtenhahn und Nadja Tiller, fotografiert von Jean-Claude Kuner während der Arbeiten zu "Traumrollen"; Foto mit freundlicher Genehmigung von Jean-Claude Kuner
Am 13. November 2016 konnte man das weit über 80 Jahre alte Sprecherpaar noch einmal hören, in dem vom "Schweizer Radio und Fernsehen" (SRF) und "Südwestrundfunk" ausgestrahlten Stück "Das Gartenhaus" nach einer 1989 publizierten Novelle von Thomas Hürlimann sprachen beide ein älteres Ehepaar, das plötzlich den eigenen Sohn verliert. "Die von Depression und sinnloser Wut gegen das Unvermeidliche heimgesuchten Eheleute entwickeln immer skurrilere Trauerrituale. Ein regelrechter Kleinkrieg beginnt, verzweifelt und komisch zugleich." kann man bei der ARD Hörspieldatenbank lesen;  → mehr bei jean-claude-kuner.de.
Seit Ende der 1950er Jahre wirkte Lichtenhahn in Hörspielen mit,
eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier am Ende dieser Seite.
 
Der populäre, verwitwete Charakterschauspieler lebte seit 2005 in der Hamburger Seniorenresidenz "Augustinum"; seine Ehefrau Margrid  verstarb 2011 → Artikel bei  www.abendblatt.de. Lichtenhahn, Bruder des Musikwissenschaftlers Ernst Lichtenhahn1), war Mitglied der Hamburger "Freien Akademie der Künste".
Der Künstler starb am 24. Mai 2017 in Hamburg – noch rund drei Wochen zuvor hatte er am 6. Mai in der Seniorenresidenz seinen 85. Geburtstag mit einem kleinen Hauskonzert feiern können.
Quelle (unter anderem): "Henschel Theaterlexikon"*)
Siehe auch prisma.de, Wikipedia, deutsches-filmhaus.de, tls.theaterwissenschaft.ch
*) Henschel Theaterlexikon (Hrsg. C. Bernd Sucher; Henschel Verlag, 2010, S. 525/526)
Link: 1) Wikipedia, 2) Beschreibung bzw. Kurzportrait innerhalb dieser HP, 3) prisma.de, 4) tittelbach.tv
      
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, Die Krimihomepage, fernsehserien.de,
 prisma.de, tittelbach.tv, deutsches-filmhaus.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Link: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung) bzw. Wikipedia)
Fritz Lichtenhahn in den 1990 Jahren im Hörspielstudio; Urheber: Fotograf Werner Bethsold; Lizenz: CC BY-SA 4.0; Quelle: Wikimedia Commons
Fritz Lichtenhahn in den 1990 Jahren im Hörspielstudio
Urheber: Fotograf Werner Bethsold1); Lizenz: CC BY-SA 4.0
Quelle: Wikimedia Commons
1970er Jahre 1980er Jahre 1990er Jahre ab 2000
    
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de