Theater / Filmografie / Hörspiel
Maria Nicklisch, fotografiert von Hanns Holdt (1887 – 1944); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: Gemeinfreiheit Die Charakterschauspielerin Maria Nicklisch erblickte am 26. Januar 1904 als Tochter des Jakob Peter Anton Kraushaar in Luckenwalde1) bei Potsdam (Brandenburg) das Licht der Welt. Schon früh hatte sie den Wunsch, Schauspielerin zu werden, ließ sich in Berlin von Maria Moissi – erste Ehefrau des legendären Alexander Moissi – an deren Schauspielschule sowie von Leontine Sagan1) entsprechend ausbilden. 1934 startete sie eine vielversprechende Karriere am "Staatsschauspiel"1) in München, wechselte im darauffolgenden Jahr an die "Münchner Kammerspiele"1). Abgesehen von einigen Gastspielen, unter anderem in Hamburg, am Wiener "Burgtheater"1) oder bei den "Heidelberger Schlossfestspielen"1) blieb sie dieser Bühne rund sechs Jahrzehnte lang treu und avancierte zu den tragenden Säulen des Theaters.
Maria Nicklisch verfügte über ein facettenreiches, breit gefächertes Repertoire, überzeugte in den frühen Jahren als jugendliche Heldin sowohl in Klassikern als auch in Stücken der Moderne. Als Shakespeare-Interpretin feierte die zierliche, stets zart wirkende Mimin unter anderem Erfolge als Cressida in dem Historiendrama "Troilus und Cressida"1) (1936), als Ophelia in der Tragödie "Hamlet"1) (1939) oder als Lady Macbeth in "Macbeth"1) (1942). Mit zunehmendem Alter wuchs sie in die gereifteren großen Frauenrollen hinein, glänzte beispielsweise als Lady Milford in dem Schiller-Drama "Kabale und Liebe"1) (1948/49), als Blanche DuBois in "Endstation Sehnsucht"1) von Tennessee Williams1) (1950/51) oder als Katharina in der Shakespeare-Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung"1) (1952/53).
 
Maria Nicklisch, fotografiert von Hanns Holdt1) (1887 – 1944)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz siehe hier
Die 1960er Jahre waren geprägt von Stücken wie der Parabel "Andorra"1)  von Max Frisch1) (1961/62), der gesellschaftskritischen Komödie "Der Kirschgarten"1) von Anton Tschechow1) (1962) oder dem Beziehungsdrama "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"1) von Edward Albee1) (1963/64), in denen sie jeweils mit tragenden Rollen das Publikum und Kritik zu begeistern wusste. Seit den 1970er Jahren wandte sie sich den "großen Alten" zu, gestaltete beispielsweise eindrucksvoll die Dorothea Merz in "Auf dem Chimborazo"1) von Tankred Dorst1) (1976), die Witwe María Wassíljewna in "Onkel Wanja"1) von Anton Tschechow (1987) oder die Hexe in Goethes "Faust I" (1987). Einen ihrer größten Erfolge feierte sie 1978 mit der Figur der Fonsia Dorsey in dem preisgekrönten Stück "Gin-Rommé" des US-amerikanischen Dramatikers Donald L. Coburn1) mit Peter Lühr als Partner in der Rolle des Altenheimbewohners Weller Martin.
Die Künstlerin arbeitete im Verlaufe der Jahre mit den vielen bedeutenden Regisseuren zusammen, Paul Verhoeven, Harry Buckwitz1), Leonard Steckel, August Everding1), Hans Lietzau1) oder Dieter Dorn1) sind zu nennen. Vor allem mit dem langjährigen Intendanten (1947–1963) der "Münchner Kammerspiele", Hans Schweikart1) (1895 – 1975), erarbeitete sie etliche, viel beachtete Rollen. Nach ihrer Scheidung von Helmut Nicklisch war sie zudem zwischen 1930 und 1940 dessen zweite Ehefrau gewesen → Übersicht Wirken am Theater (Auszug).
 
Auf der Leinwand sah man Maria Nicklisch nur wenige Male: Für Paul Verhoeven mimte sie als Partnerin von Curd Jürgens die Prinzessin in der sentimentalen "Lebensgeschichte" eines Eisenbahnwagens mit dem Titel "Salonwagen E 417"1) (1939), für Helmut Käutner1) verkörperte sie die Spekulantin Irene Sorel in der Komödie "Kitty und die Weltkonferenz"1) (1939). Alois Johannes Lippl1) besetzte sie als Tochter des Landesfürsten (Gustav Waldau), Prinzessin Gabriele, die in der heiteren Geschichte "Der siebente Junge"2) (1941) mit dem lebenslustigen Gardeleutnant Leopold von Röckl (Hans Holt) nach einigen Turbulenzen schließlich ihr Glück findet. Nach ihrer Hauptrolle an der Seite von Publikumsliebling Willy Birgel in dem von Ehemann Hans Schweikart inszenierten patriotischen Kostümstreifen "Ritt zwischen den Fronten"2) (1941) beendete Maria Nicklisch ihre kurze Karriere als Filmschauspielerin auch schon wieder.
Dieter Dorns vielbeachtete "Faust I"-Inszenierung an den "Münchner Kammerspielen" gelangte als "Faust – Vom Himmel durch die Welt zur Hölle"1) (1988) in die Kinos, wie auf der Bühne erlebte man Maria Nicklisch hier mit der Rolle der Hexe an der Seite von Helmut Griem (Faust), Romuald Pekny (Mephisto) und Sunnyi Melles1) (Gretchen).
Neben ihrer umfangreichen Tätigkeit für das Theater engagierte sich Maria Nicklisch auch als Sprecherin für ambitionierte, meist vom "Bayerischen Rundfunk"1) produzierte Hörspiele. So sprach sie mit ihrer unverwechselbaren, nuancenreichen Stimme unter anderem 1948 in "Madame Legros"3) (Regie: Walter Ohm1)) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Heinrich Mann1) die Titelrolle, ein Jahr später gehörte sie neben Peter Lühr und Marianne Kehlau1) zu den Protagonisten von Walter Ohms vierteiligen Hörspielversion3) des Dostojewski-Romans "Schuld und Sühne"1). Auch für den von Ohm für den Funk bearbeiteten Roman "Zwei Frauen" von Honoré de Balzac1) stand sie 1951 erneut mit Peter Lühr sowie Elfriede Kuzmany vor dem Mikrophon. 1952 inszenierte Ohm Dürrenmatts "Der Prozeß um des Esels Schatten"1), mit Werner Hinz und Maria Nicklisch entstand 1953 "Schwarzer Nebel"3), ein von Joachim Maass1) für den NWDR geschriebenes Hörspiel um eine Tiefenpsychologin und deren Patienten. 1956 hörte man sie als Hexe Muguur in "Die kleine Seejungfrau"1) nach dem Märchen "Die kleine Meerjungfrau"1) von Hans Christian Andersen1) (Regie: Heinz-Günter Stamm1)), 1965 als Madeleine de Scudéry (1607–1701) in dem spannenden Krimi "Das Fräulein von Scuderi"1) von E. T. A. Hoffmann1) (Regie: Edmund Steinberger), 1971 als die Zarin in dem Märchen für Erwachsene "Die Nacht vor Weihnachten"1) von Nikolai Gogol1) (Regie: Walter Ohm) – um nur Einiges zu nennen; eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
 
Am Theater hinterließ Maria Nicklisch stets nachhaltigen Eindruck: "Nicklisch, eine kleine, zierliche Frau mit einer unverwechselbaren, immer ein wenig flirrenden Stimme, schaffte es, selbst den einfachsten Frauen einen großbürgerlichen Touch zu geben. Sie beherrschte den überlegenen, ein wenig ironisch-hochnäsigen Ton. Sie verfügte über Grazie, natürliches Selbstbewußtsein und diskreten Humor. Die Geschöpfe, denen sie Leben gab, spielte sie stets mit Distanz, verfremdete und kommentierte deren Verhalten durch ihren Gestus."4)
Die schauspielerischen Leistungen wurden mehrfach gewürdigt, unter anderem erhielt Maria Nicklisch 1985 den "Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München"1), im Dezember 1992 konnte sie das "Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland"1) entgegennehmen. Die "Grande Dame" der "Münchner Kammerspiele", welche sich den Ruf als Münchens "Theatergöttin" erwarb, war überdies Mitglied der "Bayerischen Akademie der Schönen Künste"1).
 
Maria Nicklisch starb am 20. November 1995 im Alter von 90 Jahren in München. Die Urne mit den sterblichen Überresten wurde auf dem dortigen "Friedhof Bogenhausen"1) beigesetzt (Grab Urnenmauer-1-1); die Urne trägt keinen Namen, die Deckplatte ziert lediglich ein Kreuz.
In der bayerischen Landeshauptstadt erinnert seit Anfang Dezember 2000 im Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach die "Maria-Nicklisch-Straße" an eine Künstlerin, welche nicht nur die Münchener Theaterlandschaft nachhaltig prägte.
Quellen (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch, deutsche-biographie.de
Foto bei virtual-history.com
*) Weitere Quellen:
  • Langen Müller's Schauspielerlexikon der Gegenwart, Deutschland, Österreich, Schweiz (1986, Langen-Mueller Verlag), S. 710
  • Sucher, C. Bernd: "Nicklisch, Maria", in: Neue Deutsche Biographie 19 (1998), S. 200 → deutsche-biographie.de
  • Internationales Biographisches Archiv 32/1985 vom 29. Juli 1985
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) ARD-Hörspieldtenbank
4) Zitat: Sucher, C. Bernd: "Nicklisch, Maria", in: Neue Deutsche Biographie 19 (1998), S. 200 → deutsche-biographie.de
Lizenz Foto Maria Nicklisch: Der Urheber dieses Werks ist 1944 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 75 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Theater (Auswahl)
(Fremde Link: Wikipedia (deutsch/englisch), theatertexte.de, rowohlt-theaterverlag.de; R = Regie)
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipedia (deutsch/englisch),  filmportal.de, Die Krimihomepage (Spezial))
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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