Hübsche, niedliche kleine Kinder oder herzig-freche Jugendliche übten schon
immer einen besonderen Reiz auf das Kinopublikum aus, doch zu frühen
Stummfilmzeiten waren sie im deutschsprachigen Raum anders als in den USA eher eine Seltenheit.
Nur wenige Namen können genannt werden, etwa Martin Herzberg1) (1911 um 1972)
oder Loni Nest2) (1915 1990), die als
kleines blondes Mädchen in dem
Klassiker "Der Golem, wie er in die Welt kam"2) (1920) Aufsehen erregte.
So schreibt Oskar Kalbus in "Vom Werden deutscher Filmkunst"3): "Kinder
als Darsteller sind auf der Sprechbühne nie recht zur Geltung gekommen. Das
Stimmchen ist zu dünn, zu zart, zerflattert zu leicht im großen
Zuschauerraum. Daneben gehen die mimischen Feinheiten bei der weiten
Entfernung des Beschauers von der Bühne gänzlich verloren, und es bleibt
nur die Pose übrig. Anders im Film. Ein Kind auf der Leinwand nimmt
darstellerisch immer die Herzen des Kinopublikums gefangen. Hier kann der
kleine Künstler seine Mimik und Gesten zeigen zur Freude aller, wenn
er im Spiel kindlich und natürlich bleibt und außerdem der richtige
Kinderregisseur am Werke war. Der Regisseur, der mit Kindern arbeitet, muß
sich unbedingt in die Seele und das Wesen eines Kindes einfühlen können. Als im Dezember 1919 der
Lubitsch- Film "Die Puppe" in Berlin seine Premiere erlebte, holte sich
in einer Nebenrolle ein lebensechter Lausbubenlehrling, halb Wilhelm Busch, halb Hans Thoma,
wiederholten Soloapplaus: Gerhard Ritterband." Geboren wurde Gerhard Ritterband am 8. Mai 1904 in Berlin, über den familiären Hintergrund ist derzeit nichts bekannt. Er begann seine Filmkarriere Ende der 1910er Jahre und gehörte somit zur ersten Generation von Jugendlichen-Darstellern im deutschen Film. Erstmals Aufsehen erregte der 15-Jährige mit der Rolle des frechen Lehrbuben des Puppenmachers Hilarius (Victor Janson) in dem Streifen "Die Puppe"2) (1919), gedreht von Ernst Lubitsch frei nach der Opéra comique "La poupée"2) von Edmond Audran2), zu der Alfred Maria Willner2) die deutschsprachige Textfassung geschrieben hatte.
Seinen ersten Tonfilm drehte der inzwischen über 25-Jährige im ersten, von Startenor Richard Taubers eigenen Produktionsfirma hergestellten Sängerfilm mit dem Titel "Das lockende Ziel"4) (1930), danach folgten Auftritte als jugendlicher Komiker unter anderem in den Leinwandoperetten "Liebeskommando"4) (1931) mit Dolly Haas, "Ein Lied ein Kuss ein Mädel" (1932) mit Gretl Theimer und zuletzt "Hochzeit am Wolfgangsee" (1933), wo er sich als Gehilfe des Zuckerbäckers Sebastian Hupfinger (Oskar Sima) präsentierte. Mit der so genannten Machtergreifung der Nationalsozialisten war Ritterbands filmische Laufbahn beendet, eingestuft als "Halbjude" fand er keine Arbeit mehr vor der Kamera, verlegte sich stattdessen zeitweise auf die Produktion von Kurzfilmen bevor er Deutschland verließ und nach Großbritannien emigrierte. "Im letzten Quartal 1937 ist in London-Islington eine Eheschließung Ritterbands nachweisbar." vermerkt Kay Weniger**). Nach Ende des 2. Weltkrieges kehrte Ritterband nach Deutschland bzw. seine Geburtsstadt Berlin zurück, wurde als Schauspieler jedoch nicht mehr aktiv. Dagegen betätigte er sich gemeinsam mit Franz Fiedler2) als Produzent und Mitinhaber der Firma "Sonne Film GmbH", war 1950 auch am Zustandekommen des 60-minütigen Fußball-Kulturfilms "Hinein! Deutsche Fußball-Meisterschaft 1950" (→ www.bundesarchiv.de) beteiligt, mit dem Regisseur Walter Rohde das entscheidende Endspiel zwischen dem VfB Stuttgart und Kickers Offenbach am 25. Juni 1950 im Berliner Olympiastadion dokumentierte bzw. die Spieler portraitierte. Der heute weitgehend vergessene Gerhard Ritterband starb am 29. September 1959 mit nur 55 Jahren in Berlin (West). |
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Quelle (unter anderem*)**)):
Wikipedia,
www.cyranos.ch Fotos bei www.virtual-history.com |
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*) Kay Weniger: "Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945" (Metropol, Berlin 2008, S. 291/292) **) Kay Weniger: "Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben "; Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945 (ACABUS Verlag, Hamburg 2011, S. 603, 675) Link: 1) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 2) Wikipedia, 4) filmportal.de 3) Oskar Kalbus (Hrsg.): Vom Werden deutscher Filmkunst. Band 1: Der stumme Film (Cigaretten-Bilderdienst, Altona-Bahrenfeld 1935, S. 130/131) |
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