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Nach nur einem Jahr in Meiningen folgte Benzinger 1891/92 einem Ruf an das "Stuttgarter Hoftheater", wo er seinen Einstand mit der Figur des Henry Percy in Shakespeares Historiendrama "Heinrich IV."2) gab und sich im Folgenden einen Namen als herausragender Charakterdarsteller machte. Ludwig Eisenberg schreibt in seinem Lexikon*): "Man rühmte das treffliche, oft geradezu ergreifende, außerordentlich temperamentvolle Spiel des Künstlers. Die Auffassung seiner Rollen zeigt von tiefem Verständnis, sowie er überhaupt bemüht ist, durch sorgfältiges Studium der Intention des Dichters gerecht zu werden. Unterstützt von einer stattlichen Erscheinung und starkem sonorem Organ, findet er vorzugsweise Verwendung auf klassischem Gebiet. Hier kommen seine schöne Deklamation und seine charakteristische Darstellungsart am besten zur Geltung." Eisenberg hebt von seinen "vortrefflichen Darstellungen im Fach des Helden und Liebhabers" besonders Goethes "Egmont"2) und "Faust"2) hervor sowie die Interpretation seiner Shakespeare-Figuren, den "Othello"2), "Richard II."2), "Macbeth"2), "Coriolanus"2) und den Marc Anton in "Julius Caesar"2). Genannt werden zudem die Titelrollen in Schillers "Wilhelm Tell"2) und Albert Emil Brachvogels2) Trauerspiel "Narciss". Das Privatleben des Mimen sorgte zeitweise für Aufsehen, 1892 hatte er seine mehr als 20 Jahre ältere Stuttgarter Kollegin Eleonore Wahlmann2) geheiratet (→ Foto bei deutsche-digitale-bibliothek.de). Die am 11. April 1843 in Klagenfurt geborene, für ihr "heißblütiges Temperament" bekannte österreichische Tragödin erkrankte Anfang Februar 1900 an einer schweren Geistesstörung, wurde nach einem Selbstmordversuch aus den Fluten des Neckars gerettet und in eine Tübinger Psychiatrie eingewiesen, wo sie am 18. Juli 1900 starb. "Trotz seiner Eskapaden und trotz seiner Schulden für Essen und Wein"3) wurde der als begabt geltende Benzinger von der Stuttgarter Intendanz bis Anfang 1898 als Heldendarsteller gehalten. Wie in jener Ära üblich, nutzte Benzinger danach von 1898 bis Anfang 1900 seinen Ruf als Heldendarsteller und Hofschauspieler, um mit Gastauftritten ("Gastieren") an verschiedenen Theatern aufzutreten, zwischen 1900 und 1903 war er dann erneut am "Stuttgarter Hoftheater" engagiert, wenn auch nicht mehr im 1. Heldenfach. Ab 1904 waren "Gastieren" und Jahresengagements für Benzinger immer notwendiger geworden, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Zwischen 1905 und 1912 wirkte er an Berliner Bühnen, während des 1. Weltkrieges wurde er von Max Reinhardt2) verpflichtet, spielte am "Deutschen Theater" und an der "Volksbühne", musste sich jedoch meist mit mittleren und auch kleineren Rollen zufrieden geben. So erlebte man ihn beispielsweise in Reinhardts Inszenierungen von Schillers "Die Piccolomini"2) (1915), Shakespeares "Das Wintermärchen"2) (1916) und "Macbeth" (1917) sowie unter der Regie von Felix Hollaender in Hebbels Drama "Gyges und sein Ring" (1916). Danach nahm die Qualität der Theater, an denen der Schauspieler Beschäftigung fand, zunehmend ab. Erste Erfahrungen mit dem neuen Medium Kinematographie hatte Benzinger als Graf der Räuber in dem Stummfilm "Das Mirakel" (1912) gesammelt, von Cherry Kearton und Max Reinhardt in Szene gesetzt nach dem gleichnamigen Bühnenwerk2) von Karl Gustav Vollmoeller2) mit Vollmoeller-Ehefrau Maria Carmi4) in der weiblichen Hauptrolle. Seit Mitte der 1910er Jahre trat Benzinger dann regelmäßig vor die Kamera, wurde jedoch überwiegend auf Nebenrollen reduziert. Benzinger mimte Militärs, Grafen und Professoren, zu seinen wenigen hervorgehobenen Aufgaben zählte der Vaters der Titelheldin bzw. der Königs von Travankore in Otto Ripperts monumentalem Drama "Die Königstochter von Travankore"2) (1917) und der legendäre russische Wunderheiler Rasputin2) in dem Streifen "Suchomlinow"2) (1918), mit dem Regisseur Kurt Matull den Ausbruch des 1. Weltkrieges anhand des von Bodo Serp gespielten Generals Wladimir Alexandrowitsch Suchomlinow2) thematisierte. Als Domherr zeigte er sich in Hans Neumanns Wagner-Adaption "Der fliegende Holländer2) (1918), der ihn auch als Herzog in "Nixenzauber" (1918) besetzte, einer freien Verfilmung der "Undine"-Sage bzw. der Erzählung "Undine"2) von Friedrich de la Motte Fouqué2). Für Alfred Halm stellte er den Gutsbesitzer Saretzki in dessen Alexander Puschkin-Verfilmung "Eugen Onegin" (1919) dar, Benzingers letzte Arbeit für den Stummfilm war Arzén von Cserépys Episodenfilm "Betrogene Betrüger" (1922). Danach trat er nach achtjähriger Pause erst 1930 wieder im Tonfilm auf der Leinwand in Erscheinung, war hier jedoch nur mit winzigen Parts zu sehen. Zuletzt schrumpften seine Filmrollen auf Sekundenformat und wurden mitunter nicht einmal mehr im Abspann erwähnt. Neben seiner Arbeit für Theater und Film tat sich Benzinger auch als Autor hervor, so verfasste er "Die Weiber von Weinsberg" (1904) mit dem Untertitel "Dramatischer Schwank in 2 Aufzügen mit Benützung des Uhland'schen Bruchstücks", seine "Fünfzig Balladen und Romanzen" erschienen 1912. Seine Meinung zur aufstrebenden Filmwirtschaft tat er in dem Artikel "Schaufilm oder Spielfilm?" kund, der 1920 in der Wochenschrift "Das Tage-Buch"2) (Bd. 1, 1920, 2. Halbjahr, S. 13321336) erschien → digitalisiert von "Internet Archive"2). Ernst Benzinger, der bis ins hohe Alter als Schauspieler, aber auch als Vortragskünstler sowie Verfasser von Essays tätig war, starb am 29. Januar 19465) wenige Wochen vor seinem 79. Geburtstag in Berlin-Wilmersdorf. Seit 1901 war er in zweiter Ehe mit Georgina Mutschler aus Heidelberg (1872 1944) verheiratet gewesen. |
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Quelle (unter anderem*)):
Wikipedia,
www.cyranos.ch
sowie Volker Wachter2) |
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*) Ludwig Eisenberg: Großes
biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag
von Paul List, Leipzig 1903); Digitalisiert: Ernst Benzinger: S. 80 1) laut "Biographisches Bühnen-Lexikon der deutschen Theater" (1. Jahrgang., München 1892, S. 22) Link: 2) Wikipedia, 4) Kurzportrait innerhalb dieser HP 3) Wolf Liese: "Louise Dumont. Ein Leben für das Theater" (Schröder, Hamburg u. a. 1971, S. 89) 5) laut Sterberegister Berlin-Wilmersdorf Lizenz Abbildung Ernst Benzinger (Urheber: Ignaz Eigner): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers. |
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