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Anneliese Rothenberger wurde am 19. Juni 1919 als Tochter eines Kaufmanns in Mannheim geboren. Nach einem Musikstudium an der Musikakademie ihrer
Geburtsstadt, unter anderem bei der renommierten Richard-Strauss-Sängerin Erika Müller sowie bei verschiedenen
Privatlehrern, erhielt sie 1943 ein erstes Engagement am Stadttheater von
Koblenz, wo sie nicht nur als Gesangsinterpretin, sondern auch als Schauspielerin auf
der Bühne stand. Knapp drei Jahre später folgte sie einem Ruf des
damaligen Intendanten Günter Rennert an die "Hamburger
Staatsoper", avancierte schnell zu einer der herausragendsten Sopranistinnen
ihrer Generation. Bis 1956 gehörte Anneliese Rothenberger zum Ensemble der
"Hamburger Staatsoper", danach blieb sie bis 1973 dem Haus durch regelmäßige
Gastauftritte verbunden, Zu ihren großen Hamburger Glanzrollen gehörte
beispielsweise 1967 die Titelpartie in Alban Bergs "Lulu"1), die
neben der Konstanze in Mozarts "Die Entführung aus dem
Serail"1) und der Sophie in "Der Rosenkavalier"1) von
Richard Strauss zu ihren "Paraderollen" zählte.
Eine weitere Station ihrer Laufbahn wurde dann für zwei Jahre die
"
Deutsche Oper am Rhein" Düsseldorf-Duisburg, 1958 ging sie an die
" Wiener Staatsoper", wo sie bereits seit 1953 gastiert hatte.
Foto: © Rainer
Binder
Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem Fotografen Rainer Binder zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Rainer Binder; das Foto darf nicht für andere Zwecke
verwendet werden.
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Seit Mitte der 1950er Jahre begeisterte Anneliese Rothenberger auch jedes
Jahr bei den Salzburger Festspielen, hatte dort beispielsweise 1954 in der Uraufführung der Oper
"Penelope" von Rolf Liebermann gesungen oder 1957 bei dessen Premiere
"Schule der Frauen"1) die Partie der
Agnes
interpretiert. An weiteren Salzburger "Höhepunkten" sind 1956 und 1963 die
Papagena in Mozarts "Die
Zauberflöte"1)
zu nennen, 1958 die Zdenka in "Arabella"1) von Richard Strauss, 1959 die
Clarissa in Haydns "Die
Welt auf dem Monde"1) oder ab 1960
die Sophie in der Richard-Strauss-Oper "Der
Rosenkavalier", eine Rolle, in der sie fünf Jahre lang brillierte
und die unter Herbert von Karajan als Meilenstein der Oper gilt.
Das internationales Renommee der Rothenberger zeigte sich in unzähligen Auftritten an so
bedeutenden Bühnen wie der Mailänder "Scala", wo sie als einzige deutsche Sängerin das
Angebot erhielt, die "Traviata"1) zu singen. An der New Yorker
"Metropolitan Opera" riss sie beispielsweise 1960 auch das
amerikanische Publikum in "Arabella" zu Begeisterungsstürmen
hin; sechs Spielzeiten lang stand sie an der "Met" auf der
Bühne, gestaltete dort unter anderem die Susanna in Mozarts
"Figaros Hochzeit"1), die
Sophie im "Rosenkavalier", die Adele in der Strauss'schen "Fledermaus"1) oder den
Pagen Oscar in Verdis
"Ein Maskenball"1). Glanzvolle Konzert-Tourneen führten die
Sopranistin an die Musikmetropolen rund um den Globus, man feierte ihre
wunderschöne Stimme in Europa ebenso wie in Nord- und Südamerika; 1970 beispielsweise
unternahm sie eine triumphale Gastspielreise durch die
ehemalige UDSSR, 1972 reiste sie drei Wochen durch Japan.
Anneliese Rothenberger am 3. Oktober 1969 im "Koninklijk Concertgebouw"1) (Amsterdam)
anlässlich der Verleihung des niederländischen "Edison
Award"1)
Rechteinhaber: Nationaal
Archief (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 922-8380)
Urheber/Fotograf: Eric Koch / Anefo;
Quelle: Wikimedia
Commons; Ausschnitt des Originalfotos
Lizenz: CC0 1.0 (Verzicht auf das Copyright)
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Einem breiten Publikum wurde Anneliese Rothenberger mit Auftritten in
zahlreichen Rundfunk- und Fernsehsendungen, aber auch mit einigen Spielfilmen
bekannt. Breits 1951 war sie als Sängerin in Géza von Cziffras "Die Verschleierte
Maja" aufgetreten, 1952 sah man sie in dessen "Der Bunte Traum,"
sowie 1954 in Karl Antons "Clivia"; 1955 spielte sie auch in der
britischen Film-Version von "Die Fledermaus" (Oh
Rosalinda!!) die "Adele"
und im Fernsehen konnte man sie 1956 mit der Rolle der "Dolly Fleuriot"
in Ralph Benatzkys musikalischem Singspiel "Meine Schwester und ich" unter der
Regie von Franz Peter Wirth an der
Seite von Johannes Heesters hören und sehen. 1962 stand sie für Paul Czinners
Film-Adaption von "Der Rosenkavalier" zusammen mit Elisabeth Schwarzkopf
sowie Otto Edelmann vor der Kamera und sang ihre berühmte Rolle der "Sophie".
Schon während ihrer Hamburger Zeit war die Künstlerin oft im Rundfunk
präsent, seit Anfang der 1970er Jahre konnte man die stets elegant
wirkende Anneliese Rothenberger in
zahlreichen Unterhaltungssendungen auf dem Bildschirm erleben und mit
ZDF-Shows wie "Das Sonntagskonzert", "Anneliese Rothenberger gibt sich die
Ehre"1), "Anneliese Rothenberger stellt sich vor
" oder "Traumland
Operette", in der sie unter anderem auch junge, noch unbekannte Sängerinnen
und Sänger vorstellte, erreichte sie eine ungeheure Zuschauerresonanz und
brachte die sogenannte E-Musik auch solchen Menschen nahe, die nicht unbedingt
zu dem Kreis klassischer Musikanhänger zählten; von einigen Kritikern wurde
ihr Ausflug in die leichte Unterhaltung jedoch "geächtet", andere
wiederum bewerteten diesen Schritt positiv.
Foto: Anneliese Rothenberger als Dolly
mit Johannes Heesters (Dr. Roger Fleuriot) in "Meine Schwester und
ich" (1956)
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR
Media Services; © SWR
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Zahllose Schallplatten und CDs zeugen darüber hinaus von den großen
Erfolgen der weltberühmten Sopranistin, die sich sowohl im Koloraturgesang als auch im Vortrag lyrischer Rollen
ausgezeichnete. Die als "erfolgreichste deutsche Sängerin der
Nachkriegszeit" gefeierte Anneliese Rothenberger erhielt zahlreiche Würdigungen für
ihre herausragende Stimme bzw. ihr Lebenswerk: Die Kammersängerin war unter anderem Trägerin des
"Bundesverdienstkreuzes I. Klasse" (1966), des "Großen Bundesverdienstkreuzes" (1976)
für "hervorragende Verdienste um das Ansehen des deutschen Kulturschaffens im
Ausland" sowie der "Max-Reinhardt-Plakette". Sie erhielt
zahlreiche Medienpreise, zwei Mal den "Goldenen Bildschirm"1), zwei
"Goldene Bambis"1) sowie die "Goldene Kamera"1), im Oktober 2003 wurde ihr der "Echo Klassik 2003"1) für ihr Lebenswerk
verliehen; siehe Liste der Auszeichnungen bei Wikipedia.
Auch nach dem krankheitsbedingten Abschied von der Bühne Mitte/Ende der
1980er Jahre
blieb Anneliese Rothenberger stets der klassischen Musik verbunden und
engagierte sich aktiv für den sängerischen Nachwuchs; so veranstaltete sie
beispielsweise auf der Bodenseeinsel Mainau im Rahmen des dort angesiedelten Europäischen Kulturforums den
"Anneliese Rothenberger Nachwuchswettbewerb".
Rothenbergers Sopran war stets ein ein zartes Instrument, nicht sehr
belastbar und auch nicht im Verlauf der Jahre sich entwickelnd, ihre Stimme
verharrte eigentlich immer auf der Schwelle zwischen Soubrette und lyrischem
Sopran und wurde durch die Natur in ihrem Ausdrucksspektrum begrenzt. Es
verwundert nicht, dass eine so überlegene Künstlerin mit diesem ihr
erreichbaren schmalen Rollenbereich nicht zufrieden sein konnte; ihre
weitgespannte Tätigkeit in den Massenmedien muss insofern als Kompensation
betrachtet und verstanden werden.2)
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Die berühmte Sopranistin starb am 24. Mai 2010 nach kurzer Krankheit im
Kantonsspital Münsterlingen1) (Thurgau, Schweiz) wenige Wochen vor ihrem
91. Geburtstag. Beigesetzt wurde sie anonym im Familiengrab einer
Freundin auf dem Hamburger "Friedhof
Ohlsdorf"1).
In zahlreichen Nachrufen wurde an die Ausnahmesängerin erinnert,
so würdigte unter anderem ZDF-Intendant Markus Schächter
die Künstlerin mit den Worten: "Anneliese Rothenberger war nicht nur eine der
erfolgreichsten deutschen Sängerinnen der Nachkriegszeit, von der Kritik gelobt und
vom Publikum geliebt. Sie hat auch als eine der Ersten wie außer ihr vielleicht nur
Herbert von Karajan die Möglichkeiten des Mediums Fernsehen für die Musik erkannt
und konnte Generationen für Musik begeistern. Als Gastgeberin zahlreicher ZDF-Unterhaltungssendungen
hat sie in den siebziger und achtziger Jahren der klassischen Musik im Fernsehen ein Millionenpublikum gewonnen.
Wir haben Anneliese Rothenberger viel zu verdanken."3)
Anneliese Rothenberger, die seit 1954 bis zu dessen Tod im Jahre 1999 mit dem Journalisten,
Redakteur und Lyriker Gerd W. Dieberitz verheiratet war, hatte seit langer Zeit
die kleine Gemeinde Salenstein1) am Schweizer Ufer des Bodensees zu
ihrer Heimat gemacht. 1972 veröffentlichte sie ihre Erinnerungen unter dem
Titel "Melodie meines Lebens". Seit vielen Jahren machte sich die
vielseitige Künstlerin auch als erfolgreiche Malerin, vor allem mit
impressionistischen Blumenmotiven einen Namen. Bereits in den frühen sechziger Jahren studierte sie in New York
bei dem deutsch-amerikanischen Kunstmaler
Alfred Zwiebel1). 1963 hatte sie
schon die erste Ausstellung eigener Bilder in Frankfurt am Main. Seitdem richtete sie etliche
gut beachtete Ausstellungen in Deutschland und der Schweiz aus.4)
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