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John Gielgud (Arthur John Gielgud) wurde am 14. April 1904 als einziger
Sohn des erfolgreichen Börsenmaklers Frank Gielgud und dessen
Ehefrau, der Schauspielerin Kate Terry1)
(1844 1924), im Londoner
Stadtteil Kensington (Großbritannien) geboren. Sein Vater stammte aus einer alten polnisch-litauischen adeligen Familie,
seine Mutter aus der Theater-Dynastie der "Terry
family"1). John Gielgud
war der Großneffe der berühmten englischen Schauspielerin Ellen Terry2)
(1827 1928) sowie jüngerer Bruder des
Schriftstellers Val Gielgud2)
(1900 1981) und stammte aus einer führenden englischen Schauspielerfamilie,
deren Ursprung bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht. Nach dem Besuch der
"Westminster School" in London nahm er Schauspielunterricht an der
"Lady Benson's Acting School" und später bei Claude Rains an der
"Royal Academy of Dramatic Arts". Ab 1921 arbeitete Gielgud zunächst als
Statist am "Old Vic"-Theater und schloss sich dann zwischen 1922 und 1924
einer Theatergruppe als Shakespeare-Darsteller an; 1924 trat er als Daniel
in seinem ersten Stummfilm "Who Is the Man?" auf.
1928 debütierte der Schauspieler mit dem romantischen Äußeren und der angenehmen
Stimme dann in New York und zwei Jahre später fand der 26-Jährige erstmals in der Rolle
des "Hamlet" Anerkennung als exzellenter Shakespeare-Interpret am
"Old Vic"; es folgten Rollen unter anderem als Romeo, Richard II., King Lear und Macbeth
sowie als Antonius in "Antonius und Cleopatra".
Ab 1932 arbeitete Gielgud auch als Regisseur, mitunter auch als
Theaterleiter und gilt neben Sir
Laurence Olivier3) (1907 1989) und Sir Alec Guinness3)
(1914 2000) als einer der bedeutendsten
Schauspieler seiner Generation.
Foto: Sir John Gielgud, aufgenommen 1973
Quelle: Wikimedia
Commons
Urheber: Allan
Warren2) (www.allanwarren.com)
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Bis in die 1950er Jahre war der Mime nur relativ selten auf der Leinwand zu
sehen; so spielte er unter anderem 1936 in Hitchcocks Spionage-Thriller "The Secret Agent"2)
(Geheimagent) den schriftstellernden Offizier Edgar Brodie alias Richard
Ashenden, der sich als Geheimagent
verpflichten lässt und versehentlich einen unschuldigen Touristen tötet.
Seine Kinorollen ab den 1950er Jahren waren vorrangig Shakespeare-Rollen und
gelten als Höhepunkte seiner Filmkarriere: So verkörperte er 1953 den
Verschwörer Cassius in Joseph Mankiewiczs
"Julius Caesar"2), 1955 neben Laurence Olivier und Ralph Richardson
den Clarence in Oliviers "Richard III."2). Nach seiner
glänzenden Verkörperung des Earl of Warwick in Otto Premingers "Saint
Joan"2) (1957, Die heilige Johanna) gedreht nach dem gleichnamigen Drama von George Bernard Shaw , erhielt Gielgud 1964 eine Oscar-Nominierung für die
Interpretation des Königs
Louis VII. in Peter Glenvilles Anouilh-Adaption "Becket"2).
1966 war er als Henry IV. in Orson Welles' "Campanadas
a medianoche"2)
(Falstaff) zu sehen, zwei Jahre später gab er den historischen Lord Raglan2)
(1788 1855) in dem Abenteuer "The
Charge of the Light Brigade"2) (1968, Der Angriff der
leichten Brigade). In Michael Andersons hochkarätig besetztem Drama "The
Shoes of the Fisherman"2) (1968, In den Schuhen des
Fischers) war er als der alte Papst Pius XIII. zu erleben,
1970 gestaltete Gielgud erneut den Caesar in Stuart Burges "Julius Caesar".
Einen Ausflug in das kriminalistische Unterhaltungsfach machte er als Mr. Beddoes in Sidney Lumets Agatha Christie-Verfilmung "Murder
on the Orient Express"2) (1974, Mord im Orient-Expreß), 1979
zeigte er sich neben Richard Attenborough mit der Hauptrolle des Brigadier
Tomlinson in Otto Premingers Spionagethriller "The
Human Factor"2) (Der menschliche Faktor), basierend auf dem gleichnamigen Roman
von Graham Greene. Es folgten Produktionen wie "Murder
by Decree"2) (1979, Mord an der Themse), wo er an
der Seite von Christopher Plummer (Sherlock Holmes) und James Mason (Dr. Watson)
den Premierminister Lord Salisbury mimte, "Caligola"2) (1979, Caligula Aufstieg und Fall eines Tyrannen)
mit der Figur des Nerva und Andrzej Wajdas "eindringliches
psychologisches Kammerspiel"4) "Dyrygent"2)
(1980, Der Dirigent) mit der Hauptrolle des Dirigenten John Lasocki. Nach Hugh Hudsons
Sportlerfilm "Chariots
of Fire"2) (1981, Die Stunde des
Siegers) und der Darstellung des "Master of Trinity", erhielt er im
darauffolgenden Jahr den begehrten "Oscar" für seine Nebenrolle des Butlers Hobson in Steve Gordons
Komödie "Arthur"2)
(1982, Arthur Kein Kind von
Traurigkeit). Das "Lexikon des internationalen Films" notiert:
"Der turbulente Film lebt vor allem von seinen Darstellern;
bemerkenswert: John Gielgud als Butler".
Zu den Höhepunkten von Gielguds qualitativ sehr unterschiedlichen und teils kaum
beachteten Filme gehörten 1977 die Rolle des Clive Langham
in Alain Resnais' Drama "Providence"2)
(1977), die Rolle des Carr Gomm in David Lynchs "The Elephant Man"2)
(1980, Der
Elefantenmensch), der Lord Irvin in Richard Attenboroughs
vielfach ausgezeichnetem Meisterwerk "Ghandi"
(1982) sowie die Titelrolle in Peter Greenaways Shakespeare-Adaption
"Prospero's Books"2)
(1991, Prosperos Bücher). 1995 spielte er sich selbst
in Al Pacinos ambitioniertem Shakespeare-Film "Looking for Richard",
gehörte 1996 zum aufwendigen Team von Kenneth Branaghs "Hamlet"2) und
1998 verkörperte er den Papst Pius V. in dem mehrfach Oscar-nominierten Historiendrama
"Elizabeth"2).
Dazwischen agierte er in Filmen wie den Thrillern "The
Scarlet and the Black"2) (1983, Im
Wendekreis des Kreuzes) und "Shining
Through"2) (1992, Wie ein Licht in dunkler Nacht), dem Agatha-Christie-Krimi "Appointment
with Death"2) (1988, Rendezvous mit einer Leiche)
oder dem Gruselstreifen "Haunted" (1995, Haunted Haus der Geister).
Die unzähligen Rollen, die Gielgud in Fernsehproduktionen und Mehrteilern
spielte, lassen sich kaum aufzählen. Am bemerkenswertesten waren seine
Darstellungen als Edward Ryder in der prominent besetzten Verfilmung des
Romans "Brideshead Revisited" (1981, Wiedersehen
mit Brideshead2)) des britischen Schriftstellers Schriftstellers Evelyn Waugh,
1988 als Aaron Jastrow in "War and Remembrance"5)
(Feuersturm und Asche) und
ein Jahr später seine Verkörperung des Haverford Downs in "Summer's
Lease"1) (1989) wofür er einen "Emmy" erhielt. In nachhaltiger
Erinnerung ist er auch als Doge von Venedig in dem Vierteiler "Marco
Polo"2) (1982) geblieben, ebenso wie als Komponist und Musikpädagoge
Joseph Drechsler2) (1782 1852) in
der sechsteiligen österreichischen Filmbiografie "Die
Strauß-Dynastie"2) (1991). Kleine, dennoch
prägnante Rollen waren auch die als "Professor des Sonnenlichts" in dem Zweiteiler
"Gulliver's
Travels"2) (1996, Gullivers Reisen) oder die des König
Konstant in der Miniserie "Merlin"2) (1998).
Wegen seiner
Sprachkultur wurde der Schauspieler in Großbritannien gerne für
"Off-Stimmen" wie 1996 in "Dragonheart"2) oder als
Kommentator von Dokumentarfilmen eingesetzt. Neben der Schauspielerei machte
sich Gielgud auch als Schriftsteller einen Namen: unter anderem
veröffentlichte er 1939
seine Erinnerungen "Early Stages", 1963 erschien "Stage Directions",
eine Sammlung von Reden und Essays, 1972 "Distinguished Company"
und 1979 die Autobiografie "An Actor and His Times".
Zu den zahlreichen Auszeichnungen, die der Schauspieler im Verlaufe seiner
mehr als 70-jährigen Schauspielerkarriere erhielt, ist wohl als Höhepunkt seine Erhebung in
den Adelstand zu nennen; seit 1953 durfte sich Gielgud mit "Sir" anreden
lassen. Zu seinen Ehren wurde 1994 das Londoner "Globe Theatre" in
das "Gielgud Theatre" umbenannt.
Gielgud war nie verheiratet und wohnte bis zu seinem Tod mit seinem
langjährigen Lebensgefährten, dem 40 Jahre jüngeren Martin Hensler, den er in den frühen
1960er Jahren
kennen gelernt hatte, auf seinem Landsitz, einem schlossartigen Anwesen aus
dem 17. Jahrhundert, in Buckinghamshire in der Nähe von Oxford. Der
große Shakespeare-Darsteller Sir John Gielgud starb im
hohen Alter von 96 Jahren
am 21. Mai 2000 in Wotton Underwood (Buckinghamshire); mit ihm ging die letzte
britische Theaterlegende des 20. Jahrhunderts; der 1944 geborene Martin Hensler war wenige Monate vor Gielguds Tod im Jahre 1999 verstorben.
Für ein leicht morbides Geheimnis sorgt bis heute ein Brief von Gielgud an
seinen Schauspielkollegen Stringer Davis2)
(1899 1973; bekannt aus den "Miss
Marple"-Filmen), den dieser bei seinem Tode ungeöffnet in seiner
Pyjamajacke trug. Der Brief wurde ungeöffnet mit Davis beerdigt. Über den
Inhalt hat Gielgud bis zu seinem Tode Stillschweigen bewahrt. (Quelle: Wikipedia)
Foto: Sir John Gielgud, aufgenommen 1973
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