Die Theaterlegende Gertrud Eysoldt (Gertrud Franziska Gabriele Eysoldt) erblickte am 30. November 1870 im sächsischen Pirna1) das Licht der Welt. Sie war die Tochter des Juristen Friedrich Arthur Eysoldt1) (1832 – 1907), unter anderem Abgeordneter des Sächsischen Landtags bzw. des Reichstags und Vertreter der "Deutschen Fortschrittspartei". Gertrud war noch ein Kind, als sich der Vater 1877 von seiner Ehefrau Bertha (1845 – 1934), Tochter des Rittergutspächters August Wilhelm Richter, scheiden ließ. Die ältere Schwester Anna Eysoldt (1868 – 1913) studierte in Zürich1) als eine der ersten Frauen zwischen 1887 und 1891 Medizin, gehörte zum Studentinnenkreis um die Schriftstellerin Ricarda Huch1) und hatte enge Beziehungen zur Frauenbewegung.
ortrait Gertrud Eysoldt; Quelle: Bildrechte/-herkunft: Meininger Museen: Theatermuseum "Zauberwelt der Kulisse" bzw. www.museum-digital.de

Ausgebildet zur Schauspielerin (1888/1889) in München an der traditionsreichen "Königlichen bayerischen Musikschule"1) (heute "Hochschule für Musik und Theater München"1)) unter anderem von Hofschauspieler Heinrich Richter2) (1820 – 1896), sammelte sie nach Abschluss ihrer einjährigen Studien erste Bühnenerfahrungen als Elevin am "Münchener Hoftheater"1) und machte beispielsweise als Page des Ritters Sir John Falstaff1) in dem Shakespeare-Drama "Heinrich IV."1) auf sich aufmerksam. Zur Spielzeit 1890/91 erhielt die junge Gertrud Eysoldt im Herbst auf Empfehlung Richters ein erstes Engagement an dem unter der künstlerischen Leitung von Herzog Georg II.1) von Sachsen-Meiningen (Thüringen) stehenden "Hoftheater Meiningen"1), wurde dort vom Herzog sowie dessen dritten Gemahlin Helene Freifrau von Heldburg, der ehemaligen Schauspielerin Ellen Franz1), besonders gefördert und tat sich vor allem im Rollenfach der Naiven und Sentimentalen in diversen Lust- und Trauerspielen hervor; 1891 nahm sie an einer Tournee der Meiniger nach Russland teil. Auch nachdem sie Meiningen verlassen hatte, kam Eysoldt in späteren Jahren im Rahmen von Gastverpflichtungen an diese Bühne zurück, so in den Jahren 1900, 1902 und 1923, zudem ist in den 1920er Jahren eine intensive Korrespondenz mit Helene Freifrau von Heldburg belegt. 1891 wechselte Gertrud Eysoldt als "Erste Muntere und Naiv-Sentimentale" an das deutschsprachige Stadttheater in Riga1), das damals von Max Martersteig1) (1853 – 1926) geleitet wurde. Aus der beruflichen Zusammenarbeit ergab sich bald eine private Beziehung, 1894 heiratete das Paar nach Martersteigs Scheidung. In Riga machte sie am 10. April 1893 auch erstmals mit einer ihrer späteren Glanzrollen von sich reden, dem Puck in der Shakespeare-Komödie "Ein Sommernachtstraum"1)
  
Foto: Portrait Gertrud Eysoldt um 1890
Quelle: Bildrechte/-herkunft: Meininger Museen:
Theatermuseum "Zauberwelt der Kulisse" → www.museum-digital.de;
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Es folgte eine Verpflichtung in Stuttgart am "Königlichen Hoftheater" (1893–1899; heute "Staatstheater Stuttgart"1)), wo Gertrud Eysoldt zunehmend in das Fach der eindrucksvollen Charaktermimin hineinwuchs. Zu nennen sind unter anderem Titelrollen in der Traumdichtung "Hanneles Himmelfahrt"1) (ab 15.12.1893) von Gerhart Hauptmann1) und das Stück "Nora oder Ein Puppenheim"1) (ab 29.03.1894) von Henrik Ibsen1). Dann zog es die Schauspielerin in die Metropole Berlin, wo sie zwischen 1899 und 1901 zunächst an dem in "Schillertheater O." umbenannten "Wallner-Theater"1) und dann am "Lessingtheater"1) wirkte.
 Anschließend begann eine intensive Zusammenarbeit mit Max Reinhardt1) (1873 – 1943), erstmals war sie am 4. Dezember 1901 an dessen kurz zuvor gegründeten Kleinkunstbühne "Schall und Rauch"1) in einem Programm mit dänischen Gassenliedern aufgetreten. Als zur Spielzeit 1902/1903 aus der Kleinkunstbühne "Schall und Rauch" das "Kleine Theater"1) hervorging bzw. dieses von Reinhardt als reine Schauspielbühne weitergeführt wurde, blieb Gertrud Eysoldt dem Ensemble treu, dem sie bis 1933 angehörte. Unter der Intendanz von Reinhardt spielte sie an fast allen seinen Berliner Bühnen ("Reinhardt-Bühnen") und feierte zahlreiche Erfolge. Zu ihren "leidenschaftlich-expressiven" Interpretationen zählten zahlreiche titelgebende Frauengestalten, so die "Salome"1) (1902) in dem skandalumwitterten, gleichnamigem Drama1) von Oscar Wilde1)1), mit der sie "ihren Ruf als bedeutendste Theaterschauspielerin dieser Jahre in Berlin begründete. Sie spielte die Rolle mit einer Leidenschaft, die auf die Anwesenden einen tiefen Eindruck hinterließ. Ihre intensive Spielweise war Teil einer Abkehr des "Kleinen Theaters" vom rein naturalistischen Theater." notiert Wikipedia.

Gertrud Eysold 1903 in der Rolle der Salome
auf einem Gemälde (Öl auf Leinwand)
von Lovis Corinth1) (1858 – 1925)
"Klassik Stiftung Weimar"1), im "Stadtschloss Weimar"1)
Quelle: Wikimedia Commons;
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Gertrud Eysold 1903 in der Rolle der Salome auf einem Gemälde (Öl auf Leinwand) von Lovis Corinth (1858–1925); "Klassik Stiftung Weimar" im "Stadtschloss Weimar"; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei
Gertrud Eysoldt als "Katze" in "Der blaue Vogel" ("L'oiseau bleu") von Maurice Maeterlinck in der deutschsprachigen Erstaufführung (23.12.1912) am "Deutschen Theater" (Regie: Max Reinhardt), fotografiert von Hans Böhm (1890–1950); Quelle: theatermuseum.at; Inv. Nr.: FS_PE264406; Copyright KHM-Museumsverband; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 Und Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon**): "Eysoldt ist eine feinempfindene Schauspielerin von großem Kunstverstand, die aber auch über warme Herzenstöne verfügt. Mit liebevoller Hingabe geht sie an die zu lösende Aufgabe, ist wirkungsvoll bestrebt, völlig in der darzustellenden Persönlichkeit aufzugehen, ist dabei eigenartig, keine Nachahmerin oder Kopistin. In jeder Rolle bestätigt sie, dass sie eine ganze und echte Künstlerin ist, als "Käthchen von Heilbronn"1) ebenso wie als "Nora". In der Vorführung und Verkörperung der letztgenannten Rolle wurde sie von einem Teile der Berliner Kritik sogar neben die Sorma1) gestellt. "Ihr Lachen und ihr Weinen wirkt gleichermaßen überzeugend. Vorzugsweise wendet sich das Darstellungsvermögen der Künstlerin den Mädchenfiguren der modernen deutschen Dichtung zu, einer "Rita", einem "Hannele", einem "Rautendelein" (Anm.: in "Die versunkene Glocke"1) von Gerhart Hauptmann1)), einer "Salome", erstreckt sich bis zu "Frou-Frou" (Anm.: Theaterstück (1869) von Ludovic Halévy1) und Henri Meilhac1)) und feiert in temperamentvoller Verkörperung liebenswürdiger, kecker Knaben besondere Triumphe, während sie den konventionellen Backfischen des Lustspiels und Schwanks mitunter eine verzeihliche und erklärliche Gleichgültigkeit entgegenbringt"."
  
Gertrud Eysoldt als "Katze" in "Der blaue Vogel"1)
("L'oiseau bleu") von Maurice Maeterlinck1)
in der deutschsprachigen Erstaufführung (23.12.1912)
am "Deutschen Theater" (Regie: Max Reinhardt),
fotografiert von Hans Böhm (1890 – 1950)  
Link: "Österreichisches Biographisches Lexikon"
Quelle: theatermuseum.at; Inv. Nr.: FS_PE264406
© KHM-Museumsverband; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
Eben solche Triumphe verzeichnete sie als Protagonistin in dem Trauerspiel "Fräulein Julie"1) (1904) von August Streindberg1) oder in dem Drama "Penthesilea"1) von Heinrich von Kleist1). mit ihrer Darstellung der Amazonen-Königin Penthesilea1). Als "männermordende" Lulu brillierte Gertrud Eysoldt in der Tragödie "Erdgeist"1) (1902) von Frank Wedekind1), als das Mädchen bzw. die Prostituierte Nastja in dem Schauspiel "Nachtasyl"1) (1903) von Maxim Gorki1) oder als tragische Heldin Elektra1) in Max Reinhardts Inszenierung von Hugo von Hofmannsthals1) einaktigen Adaption des antiken, gleichnamigen Werkes1) des Sophokles1), uraufgeführt am 30. Oktober 1903 im "Kleinen Theater". Der Schriftsteller und Theaterkritiker Alfred Kerr1) schrieb damals unter anderem: "(…) sie ist "Hüterin des Mordes" schlechtweg; eine Fledermaus der Rache: weil das ganze Werk Erfüllung des Rachegefühls ausdrückt. Sie verkörpert ein Ding, nicht einen Fall. Sie hält wunderbar die Arme gespreizt wie ein Nachtvogel die Fittiche (der Dichter sagt nur, sie solle mit dem Rücken gegen die Wand gepreßt stehen), sie ist mit Raubtieraugen Hüterin des Mordes, wird zu einem Ornament, zu einer Impression, zu einem Symbol, sie gibt den Stil der malenden Schauspielkunst. Man hat schlimmstenfalls das ganze Geschöpf in dieser Gebärde. Und die Sache in diesem Geschöpf."3)

Gertrud Eysold als Lulu auf einer
Lithografie von Emil Orlik1) (1870 – 1932)
Sammlung: "Metropolitan Museum of Art"1)
Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: CC0 1.0 
(Verzicht auf das Copyright)

Gertrud Eysold als Lulu auf einer Lithografie von Emil Orlik (1870–1932); Sammlung: "Metropolitan Museum of Art"; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: CC0 1.0 (Verzicht auf das Copyright)
Hugo von Hofmannsthal schrieb Gertrud Eysoldt noch zwei weitere Figuren auf den Leib, den Schwertträger des Kreon1) in der Tragödie "Ödipus und die Sphinx"1), uraufgeführt am 2. Februar 1906 am "Deutschen Theater"1), sowie die "Guten Werke" in "Jedermann"1) (UA: 01.12.1911 im "Zirkus Schumann") mit Alexander Moissi in der Titelrolle – jeweils in Szene gesetzt von Max Reinhardt.
Vor allem als Puck in der Shakespeare-Komödie "Ein Sommernachtstraum"1) (1905) schrieb Gertrud Eysoldt Theatergeschichte – einmal mehr unter der Regie von Max Reinhardt: "Aus dem niedlichen Ballett-Puck früherer Inszenierungen machte sie einen zotteligen Kobold, der durch einen richtigen Wald auf der Bühne hüpfte. Sie verkörperte den Puck bis 1921 in insgesamt fünf Inszenierungen des Stücks durch Reinhardt."3)
 
Weitere wichtige Rollen-Gestaltungen von Gertrud Exsoldt an Berliner Bühnen3)
(Link: Wikipedia, theatertexte.de; UA = Uraufführung):
Gertrud Eysoldt galt als "erste Feministin des deutschen Theaters", erlangte Berühmtheit durch ihre meisterlich gespielten, oft erotisch angehauchten Frauengestalten sowie ihr großes, facettenreiches Rollenspektrum. "Eysoldt war eine eminent kluge Schauspielerin, die es verstand, sowohl durch die Bewegungen ihres fast geschlechtslosen, knabenhaften Körpers sowie durch ihre "gräßlich aufklärende" Stimme Akzente zu setzen, wie man sie damals noch nicht kannte. Ihr "Antinaturalismus" wirkte besonders durch den Puck (Sommernachtstraum) revolutionär, den sie als Naturrüpel brachte. Es entsprach einem Zug ihrer Epoche, wenn sie einem übersteigerten Intellektualismus zuneigte, ihren Gestalten Lebenswärme und Liebe fehlten, diese eher vom Haß geprägt waren."4) Und Felix Hollaender1) schrieb über sie: "Je länger man die Eysoldt kennt, desto zuverlässiger wird das Gefühl von der Stärke und dem Reichtum ihrer Persönlichkeit. Dennoch ist es schwer, ihre Art mit einer Formel zu umschreiben … Oft ist es bloß eine Bewegung, ein Ausdruck ihres Gesichtes, durch den sie eine außergewöhnliche Wirkung erreicht … Man könnte aus dem Gesagten vielleicht schließen, sie sei lediglich eine Schauspielerin des Instinkts. Mitnichten! Das Beste und Wertvollste, das in jeder Kunst Unkontrollierbare, schafft sie aus der Treffsicherheit einer starken Empfindung, aus jenem dunklen Drange und jener Mühelosigkeit, die über das Gute als über das Selbstverständliche kein helles Bewußtsein hat. Aber daneben besitzt sie einen Intellekt, der alles durchdringt, der sie befähigt, ein Problem auf seine sachliche Fruchtbarkeit hin zu prüfen und den geistigen Gehalt einer Dichtung bis auf den letzten Rest auszuschöpfen."5) →  berliner-schauspielschule.de
In der Zeitschrift "Sport im Bild"1) widmete man 1905 in der Reihe "Berliner Bühnensterne" auch Gertrud Eysold einen Artikel: "Gertrud Eysoldt ist ein Stern erster Grösse geworden, ihr Name hat eine Anziehungskraft, die nicht nur die Theaterkasse füllt, sondern auch die geistige Elite Berlins vor den Vorhang des geheimnisvoll düster drapierten Raumes lockt, in dem nur wirkliche Kunst, alte und neue, zur Darstellung kommt. (…) Eine "interessante" Schauspielerin, so nennt man sie, denn immer gibt sie Neues, immer haben ihre Gestalten einen besonderen Typus, eine stark ausgeprägte Eigenart. (…) Gertrud Eysoldt ist nicht schön. Sie verfügt weder über eine imponierende Erscheinung, noch über ein machtvolles Organ – es ist ein zarter, schwacher Körper, an den sie die gewaltigen psychischen wie physischen Anstrengungen einer den Abend füllenden Rolle, täglicher Proben und Privatstudien stellen muss. Um so bewundernswürdiger ist es, wie dieser gebrechliche Frauenkörper sich den Geboten einer leidenschaftlichen, flammenden Künstlerseele fügt, wie er jeder leisesten Seelenregung sich anpasst, wie diese Stimme zu singen und zu klingen beginnt, dies bewegliche Antlitz Schmerz und Lust, Verzücktheit und Entsetzen, Hass und Liebe zu spiegeln weiss. Gertrud Eysoldt steht auf der Höhe ihrer Kunst. Ihr Talent mag sich ausdehnen, immer neue Rollen an sich ziehen, uns mit reizvoller Mannigfaltigkeit überraschen – etwas Grösseres hat sie kaum zu geben, als sie in der Salome", der "Lulu" und der "Elektra" bot."6)
   
Zudem war die Mimin zwischen 1920 und 1922 gemeinsam mit Maximilian Sladek1) Direktorin des in der "Hochschule für Musik" angesiedelten "Kleinen Schauspielhauses" in Berlin-Charlottenburg1). Hier brachte sie am 23. Dezember 1920 trotz Verbots das Schauspiel "Reigen"1) von Arthur Schnitzler1) in einer Inszenierung von Hubert Reusch zur Aufführung, was einen der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts bzw. den so genannten "Reigen-Prozess"1) nach sich zog, bei dem während der fünftägigen Verhandlung auch zahlreiche angesehene Literaturwissenschaftler, Theaterleute und Publizisten wie Alfred Kerr1), Ludwig Fulda1), Felix Hollaender1), Georg Witkowski1) und Herbert Ihering1) als Sachverständige gehört wurden. Das preußische Kultusministerium hatte noch wenige Stunden vor der Berliner Premiere die Vorstellung unter Androhung einer sechswöchigen Haftstrafe verhindern wollen. "Gertrud Eysoldt trat vor den Vorhang, berichtete dem Publikum über die Sachlage und erklärte mutig, dass die drohende Haftstrafe sie nicht daran hindern könne, für die Freiheit der Kunst einzutreten und dem Vorwurf entgegenzutreten, dass Schnitzler ein "unsittlicher Schriftsteller" sei. Die Premiere fand regulär statt. Am 3. Januar 1921 hob ein Gericht das Verbot auf, nachdem sich die Richter die Vorstellung selbst angesehen hatten, in ihrem Urteil nannten sie die Aufführung eine "sittliche Tat".7)
Auch als hervorragende Schauspiellehrerin erwarb sich Gertrud Eysoldt einen Ruf, bereits seit 1905 vermittelte sie ihr Wissen an Hunderte junge Nachwuchstalente. Als am 2. Oktober 1905 auf Betreiben Max Reinhardts die Schauspielschule des "Deutschen Theaters" (heute: "Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch"1)) seine Pforten öffnete, wurde Gertrud Eysoldt gemeinsam mit Hedwig Wangel eine der ersten Lehrerinnen für Rollenstudium → berliner-schauspielschule.de.
Dem noch jungen Medium Film stand Gertrud Eysoldt aufgeschlossen gegenüber und wirkte ab Anfang der 1920er Jahre sporadisch in verschiedenen stummen Produktionen mit. Ihr Leinwanddebüt gab sie als Großmutter in dem von Rochus Gliese1) nach der Novelle "Brennendes Geheimnis"1) von Stefan Zweig1) in Szene gesetzten Drama "Mutter, dein Kind ruft!"1) (1923), Jenny Hasselqvist spielte die Mutter des von Peter Eysoldt1) dargestellten 12-jährigen Edgar – im wahren Leben Eydoldts Sohn –, Ernst Deutsch den italienischen Grafen. 
Gertrud Eysoldt auf einem Sammelbild aus der Serie "Bühnenstars und ihre Autogramme", die 1933 den "Gold-Saba"-Zigaretten der "Garbaty"-Zigarettenfabrik beilagen. Urheber: Fotoatelier "Zander & Labisch"  (Albert Zander u. Siegmund Labisch) (1863–1942)); Quelle: www.virtual-history.com; Lizenz: gemeinfrei Man sah sie unter der Regie von Ludwig Berger1) als das böse Weib "die Rauerin" in dem Märchenfilm "Der verlorene Schuh"1) (1923), der nach Vorlagen/Motiven der Gebrüder Grimm1), ("Aschenputtel"1)), E. T. A. Hoffmann1) und Clemens Brentano1) entstand, oder als Jungfer Eli in dem Melodram "Das Geheimnis von Brinkenhof"1) (1923), inszeniert von Svend Gade1) nach dem Roman "Die Brinkschulte" von Joseph von Lauff1) mit Henny Porten als Maria Brinkenhof. Unter anderem trat sie in dem von Richard Oswald1) nach einem Illustrierten-Roman von Ludwig Wolff mit Hans Stüwe in der Titelrolle realisierten Drama "Dr. Bessels Verwandlung"1) (1927) als als Madame Pelagie Trouille, Tante von Germaine (Agnes Petersen1)), in Erscheinung, in der ebenfalls dramatischen, kolportagehaften Geschichte "Hotelgeheimnisse"1) (1929) mit dem Untertitel "Die Abenteuerin von Biaritz" stand sie für Friedrich Fehér vor der Kamera und mimte die tyrannische, auf den Rollstuhl angewiesene Herzogin, welche eine von Fehér-Ehefrau Magda Sonja dargestellte Gesellschafterin einstellt, die in den Verdacht gerät, deren Schmuck entwendet zu haben. Einen letzten Auftritt in einem Stummfilm hatte sie als Mutter des jungen Schlossbesitzers Rauol (Marcel Vibert; 1883–1959) in dem Drama "Heilige oder Dirne"1) (1929) mit dem Untertitel "Nebenbuhlerinnen", von Ludwig Berger gedreht nach dem gleichnamigen, als "Sittentragödie" bezeichnetem Roman des Franzosen Georges Ohnet1) mit Hilde von Stolz ("Heilige") und Maria Corda ("Dirne") als weibliche Protagonistinnen.  
     
 Gertrud Eysoldt auf einem Sammelbild aus der Serie "Bühnenstars und ihre Autogramme",
die 1933 den"Gold-Saba"-Zigaretten der "Garbaty"1)-Zigarettenfabrik von Josef Garbáty1) beilagen;
Urheber: Fotoatelier "Zander & Labisch" (Albert Zander u. Siegmund Labisch1) (1863–1942))
Quelle: virtual-history.com; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Danach ließ sich Gertrud Eysoldt erst wieder Anfang der 1940er Jahre vor die Kamera locken, präsentierte sich in dem pathetisch-heroischen NS-Propagandastreifen "…reitet für Deutschland"1) (1941) als Tante des Helden bzw. Rittmeisters von Brenken (Willy Birgel); die von Arthur Maria Rabenalt1) gedrehte Produktion basierte auf der gleichnamigen Biografie von Clemens Laar1) über Carl-Friedrich von Langen1), Reiter und Olympiasieger von 1928. Es folgte der kleine Part eines alten Mütterchens in Walter Felsensteins1) Adaption "Ein Windstoß"1) (1942) nach der Komödie "Un colpo di vento" von Giovacchino Forzano1) mit Paul Kemp in der Hauptrolle des Kunst- und Antiquitätenhändlers bzw. Pedanten Emanuele Rigattieri, der in einem Mietshaus Unfrieden stiftet. Einen letzten Leinwandauftritt hatte die inzwischen knapp 80-jährige Schauspielerin in Harald Brauns1) mehrfach ausgezeichnetem Melodram "Nachtwache"1) (1949), zeigte sich an der Seite von Luise Ullrich, Hans Nielsen, René Deltgen und Dieter Borsche als Stiftsschwester Jakobe → Übersicht Filmografie.
 
Bereits Anfang der 1930er Jahre zog sich Gertrud Eysoldt nach Auflösung des Reinhardt-Ensembles weitgehend von der Bühne zurück. Einen letzten Höhepunkt ihrer Karriere in Berlin feierte sie 1940 am Abend ihres 70. Geburtstages mit der Rolle der Herzogin von Gloucester in dem Shakespeare-Drama "Richard II."1), aufgeführt am "Deutschen Theater"1) in einer Inszenierung von Heinz Hilpert1) mit Rudolf Forster in der Titelrolle des Richrsd II.1).
Während der Kriegswirren in und um Berlin floh sie 1943 aus der immer unsicherer werdenden Metropole und ließ sich im oberbayerischen Ohlstadt1) bei Murnau1) nieder. Ihre Ehe mit Max Martersteig1) war nach kurzer Zeit gescheitert, die zweite Ehe ging sie 1915 mit dem Berliner Kunstmaler Benno Berneis1) ein, der erst 33-jährig während des 1. Weltkrieges am 8. August 1916 über der französischen Gemeinde Saint-Souplet1) als Angehöriger eines Kampfeinsitzer-Kommandos in einem Luftkampf fiel; er wurde auf dem deutschen Soldatenfriedhof von Mont-Saint-Remy1) in den Ardennen1) (Frankreich) beigesetzt. Aus dieser Verbindung ging der bereits am 1. April 1910 geborene Sohn Peter Berneis1) († 04.11.1985) hervor, der als Kinderdarsteller (unter dem Namen Peter Eysoldt) sowie als Drehbuchautor im Film erfolgreich war. Auch der aus der Ehe mit Max Martersteig stammende, erstgeborene Sohn, der spätere Pianist, Komponist und Bandleader Leo Eysoldt1)4) (1891 – 1967), machte sich einen Namen: Er leitete unter anderem das Salon-Orchester im Kölner "Café Germania" mit dem die Frühgeschichte des "WDR Rundfunkorchesters"1) begann. Das Orchester "war eines der besten der Stadt, das mit seiner ungewöhnlich großen Besetzung von 20 Musikern gehobene Unterhaltungsmusik und populäre Musik auf einem "bemerkenswert anspruchsvollen Niveau" ("Kölner Stadt-Anzeiger"1), Mai 1926) bot" notiert Wikipedia. Das "Leo-Eysoldt-Orchester" bestand bis 1942, wurde dann während des Krieges aufgelöst, 1949 erhielt Eysoldt eine Festanstellung am "Funkhaus Nürnberg"1) des "Bayerischen Rundfunks"1).
Beim "Norddeutschen Rundfunk"1) entstand von Egon Monk1) mit Eysoldt und Karl Ebert die rund 30-minütige Hörfunk-Sendung/das Gespräch "Tönende Theatergeschichte: Gertrud Eysoldt erzählt aus ihrem Leben"8) (EA: 07.05.1960). Bereits in den 1920er Jahren wirkte Eysoldt vereinzeilt in Hörspielen mit, so sprach sie bei der "Nordischen Rundfunk AG"1) (NORAG) unter der Regie von Hans Bodenstedt1) in der Live-Sendung (ohne Aufzeichnung) "Königin Christine"8) (EA: 29.08.1927) nach dem gleichnamigen Drama von August Strindberg1) die Schweden-Königin Christine1)
 
Die mitunter in Vergessenheit geratene, brillante Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt starb laut Grab-Inschrift am 5. Januar 1955 im Alter von 84 Jahren in ihrer Wahlheimat Ohlstadt1). Die letzte Ruhe fand sie in der Stadt, in der sie Jahrzehnte nachhaltig gewirkt hatte – in Berlin auf dem "Dorotheenstädtischen Friedhof"1) in Berlin-Mitte1), nahe der Grabstätten von Bertolt Brecht1) und desesen Gattin Helene Weigel → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons sowie knerger.de. Die Grabplatte trägt den Spruch "Was einmal war in allem Glanz und Schein, es regt sich dort, denn es will ewig sein." aus Goethes "Faust. Der Tragödie zweiter Teil"1) → projekt-gutenberg.org.
An ihrem Geburtshaus in Pirna1) (Marktgasse 1) erinnert eine Gedenktafel (→Wikimedia Commons) mit der Inschrift "Wegbereiterin moderner Bühnenkunst" an die legendäre Künstlerin, die bereits 1945 zum Ehrenmitglied des "Deutschen Theaters" ernannt worden war. Zudem ist im Stadtteil Pirna-Hinterjessen1) sowie im hessischen Bensheim1) eine Straße nach ihr benannt.
Die Stadt Bensheim hat einen besonderen Bezug zu Gertrud Eysoldt: Der mit ihr in engem Briefkontakt stehende, in Bensheim verstorbene Theaterkritiker Wilhelm Ringelband1) (1921 – 1981) stiftete zur Erinnerung an sie den (heute) mit 10.000 Euro dotierten Theaterpreis "Gertrud-Eysoldt-Ring"1). Seit 1986 wird dieser für hervorragende schauspielerische Leistungen an einem deutschsprachigen Theater von der Stadt Bensheim zusammen mit der "Deutschen Akademie der Darstellenden Künste"1) jeweils im März verliehen. Erste Preisträgerin war Doris Schade (1924 – 2012) für ihre Darstellung der Hekabe1) in dem Schauspiel "Der Untergang (Die Troerinnen)"9) von Walter Jens1) nach "Die Troerinnen"1) des Euripides1) in der Inszenierung von George Tabori1) an den "Münchner Kammerspielen"1) → weitere Preisträger-/innen bei Wikipedia, siehe auch stadtkultur-bensheim.de
Von dem Theaterwissenschaftler Dr. Carsten Niemann, der über Gertrud Eysoldt promovierte, stammt die bebilderte, 1995 veröffentlichte Biografie "Das Herz meiner Künstlerschaft ist Mut. Die Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt", welche in der Schriftenreihe "Prinzenstraße. Hannoversche Hefte zur Theatergeschichte" zeitgleich mit einer Ausstellung in dem im "Schauspielhaus Hannover"1) beheimateten "Theatermuseum" erschien, mit dessen Leitung Niemann seit 1995 betraut ist; für die Stadt Bensheim richtete er ein "Gertrud-Eysoldt-Archiv" ein. Bereits 1988 zeichnete er als Herausgeber verantwortlich: Anlässlich einer Ausstellung der Stadt Bensheim im "Parktheater" (26.11.1988–09.01.1989) wurde die 51-seitige Begleitbroschüre "Gertrud Eysoldt – Bilder aus einem Schauspielerleben" publiziert. In der ersten Etage des Bensheimer "Parktheaters" befindet sich zudem das "Gertrud-Eysoldt-Foyer", in dem die "Stadtkultur/Galerie" jährlich drei bis vier Ausstellungen veranstaltet.
Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, Neue Deutsche Biographie (NDB), cyranos.ch
Fotos bei virtual-history.com, Wikimedia Commons
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) deutsche-biographie.de, 8) ARD Hörspieldatenbank, 9) theatertexte.de
*) Weitere Quellen:
  • Dr.Carsten Niemann: "Das Herz meiner Künstlerschaft ist Mut". Die Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt. In: prinzenstraße. Hannoversche Hefte zur Theatergeschichte/Hrsg. von B. Weber im Auftrag des "Niedersächsischen Staatstheaters Hannover" (Hannover 1995)
  • "Henschel Theaterlexikon", Hrsg. Curt Bernd Sucher (Henschel Verlag, 2010, S. 199/200) mit den Quellen:
    J. Bab/W. Handl: "Deutsche Schauspieler" ( Berlin 1908)
    Herbert Ihering: "Von Josef Kainz bis Paula Wessely. Schauspieler von gestern und heute" (Heidelberg, Berlin, Leipzig 1942)
    Dr. Carsten Niemann: "Gertrud Eysoldt. Bilder aus einem Schauspielerleben" (Ausstellungskatalog. Bensheim 1988)
    Dr. Carsten Niemann: "Das Herz meiner Künstlerschaft ist Mut". Die Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt. In: prinzenstraße. Hannoversche Hefte zur Theatergeschichte/Hrsg. von B. Weber im Auftrag des "Niedersächsischen Staatstheaters Hannover" (Hannover 1995)
    Marcus Bier: "Schauspielerporträts. 24 Schauspieler um Max Reinhardt" (Berlin 1989)
  • www.museum-digital.de
**) Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert" (Verlag von Paul List, Leipzig 1903);
Digitalisiert: Gertrud Eysoldt: S. 246 (Internet Archive)
Zitate/Quellen:
3) "Henschel Theaterlexikon" , Hrsg. Curt Bernd Sucher (Henschel Verlag, 2010, S. 199)
4) Weickert, Christian; "Eysoldt, Gertrud" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 712–713; Onlinefassung: www.deutsche-biographie.de
5) Felix Hollaender: Die Eysoldt, in: "Das Theater" (19.01.1905, Heft 7, S. 75) → www.berliner-schauspielschule.de
6) Dora Schmidt in: "Sport im Bild" ( (1905, Jahrgang 11, Nr. 31, S. 742ff)
7): Wikipedia (abgerufen 21.01.2014)
Lizenz Foto Gertrud Eysoldt: Die Rechte für die Abbildungen des Objektes sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (CC By-NC-Sa 3.0 DE).
Lizenz Foto Gertrud Eysoldt (Urheber "Fotoatelier Zander & Labisch", Berlin): Das Atelier von Albert Zander und Siegmund Labisch († 1942) war 1895 gegründet worden; die inaktive Firma wurde 1939 aus dem Handelsregister gelöscht. Externe Recherche ergab: Labisch wird ab 1938 nicht mehr in den amtlichen Einwohnerverzeichnissen aufgeführt, so dass sein Tod angenommen werden muss; Zander wiederum war laut Aktenlage ab 1899 nicht mehr aktiv am Atelier beteiligt und kommt somit nicht als Urheber dieses Fotos in Frage. Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. (Quelle: Wikipedia)
Lizenz Abbildung Gertrud Eysoldt als Salome auf einem Gemälde von Lovis Corinth (1858–1925): Der Urheber dieses Werks ist 1925 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 95 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
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(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de; R = Regie)
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