Filmografie
Lotte Werkmeister fotografiert von Wilhelm Willinger (1879 – 1943); Quelle: www.cyranos.ch Die Diseuse, Kabarettistin und Filmschauspielerin Lotte Werkmeister erblickte am 26. Dezember 1885 als Frieda Anna Werkmeister im heutigen Berlin-Neukölln1), das bis 1912 den Namen Rixdorf trug, das Licht der Welt. Nach dem Tod der Mutter  wuchs Frieda bei der Großmutter in Magdeburg1) auf, wo sie später als Chorschülerin am "Stadttheater"1) bereits erste Bühnenerfahrungen sammelte und ihre Leidenschaft für das Theater entdeckte. Bevor sie eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen konnte, war sie jedoch dem Wunsch der Großmutter nachgekommen und besuchte – wie in jener Zeit üblich – ein hauswirtschaftliches Mädchenpensionat in Suderode1) im Harz.
Nach dem Volontariat (1902) am "Stadttheater Magdeburger"1) bei Arno Cabisius1) (1843 – 1907) erhielt sie ein erstes Engagement vom Direktor des "Brandenburger Theaters"1). Wenig später wechselte die aufstrebende Künstlerin nach Köln an das "Reichshallen und Operetten Theater" und begann zudem eine Gesangsausbildung. Bald schon machte sie sich mit Couplets und Operetten-Melodien aus Werken von Franz von Suppé1), Johann Strauss1) oder Franz Lehár1) als Soubrette einen Namen.
Anlässlich einer Gastspielreise lernte sie den Kapellmeister Heinz Jaksch kennen und lieben, bald darauf heiratete das Paar.
  
Lotte Werkmeister fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: www.cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier
War sie zunächst unter dem Künstlernamen "Lutti Werkmeister" aufgetreten, änderte sie den Vornamen später in "Lotte". Von  1906 bis  1913 war sie am Kölner "Metropoltheater" engagiert und kehrte dann nach Berlin an das "Montis Operetten-Theater" (das heutige "Theater am Schiffbauerdamm"1)) zurück. "Zwischen 1906 und 1925 diente das Gebäude unter wechselnden Direktionen hauptsächlich als Unterhaltungs- und Operetten­Theater. 1912 wurde es in "Montis Operetten-Theater" umbenannt, ab 1916 hieß es "Neues Operettenhaus" und ab 1921 "Neues Operettentheater." vermerkt Wikipedia.
Ihre größten Erfolge feierte sie seit Mitte der 1910er Jahre in der Metropole Berlin, wo sie von der Presse bald liebevoll "Lotteken" genannt wurde. Der Durchbruch zum gefeierten Star gelang ihr mit der Operette "Der Soldat der Marie" von Leo Ascher1), die seit der Uraufführung am 2. September 1916 am "Neuen Operettenhaus" 800 Mal en suite gegeben wurde. Hier glänzte sie neben Dora Hrach1), Käthe Dorsch, Ferry Sikla und Paul Westermeier, mit dem sie unter anderem im Duett das Lied "Wenn die Veilchen wieder sprießen" trällerte → siehe auch Infos zum Stummfilm 19271).
Als sich die Blütezeit der Operetten dem Ende entgegen neigte, präsentierte sich Lotte Werkmeister in zahlreiche Revuen der 1920er Jahre, wandte sich gegen Ende des Jahrzehnts dem Kabarett und Varieté zu, wo sie mit "typischer Berliner Schnauze" das Publikum zu begeistern wusste. Bei fembio.org kann man lesen: "Die Suche nach einem passenden musikalischen Begleiter ist für die temperamentvolle Künstlerin nicht einfach. Schließlich gibt ihr Ehemann seine Anstellung als Kapellmeister auf und wird von nun an ihr Komponist und Pianist. In einer Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit ist dies für beide ein gewagter Schritt. Doch trotz der großen Konkurrenz schafft es Lotte Werkmeister, nicht nur die Berliner Bühnen zu erobern. (…) Sie zieht das Publikum durch ihre Stimme, Mimik und Gestik in den Bann."
Lotte Werkmeister trat in Berlin beispielsweise am "Theater des Westens"1), am "Thalia-Theater", am "Theater am Schiffbauerdamm"1) aber auch in so legendären Varietés wie dem "Prater"1), der "Scala"1) und dem "Wintergarten"1) auf; bis 1933 wirkte sie zudem am "Kabarett der Komiker"1). Auch wenn Lotte Werkmeister nicht den nachhaltigen Ruhm ihrer nahezu gleichaltrigen "Konkurrentin" Claire Waldoff (1884 – 1957) erreichte – die beiden sollen sich übrigens nicht gemocht haben – war sie ein fester Bestandteil der Kabarett und Kleinkunstszene der "Goldene Zwanziger Jahre". Mit ihrer urwüchsigen Komik, dem Mutterwitz bzw. der Darstellung der "kleinen Leute" aus dem Volk war sie prädestiniert für die deftigen Couplets aus dem "Milljöh" des mit ihr befreundeten Heinrich Zilles1). 1924 trat sie – einmal mehr mit Paul Westermeier – in der von Direktor James Klein an der "Komischen Oper"1) inszenierten Ausstattungs-Revue "Das hat die Welt noch nicht gesehn" in einer Zille-Szene auf, dessen Milieubild der berühmte Grafiker, Maler und Fotograf "Pinselheinrich" selbst gestaltet hatte.
Erste Schallplattenaufnahmen mit Lotte Werkmeister entstanden Mitte der 1920er Jahre, unter anderem nahm sie zusammen mit Julius Falkenstein das Lied "Eine Weiße mit 'nem Schuss?" aus der 1926 im "Theater des Westens" aufgeführten Willi Kollo1)-Revue "Der Zug nach dem Westen" auf, oder den Ohrwurm "Wenn in Werder die Kirschen blüh’n" mit der Melodie von Fred Raymond1). Mit Paul Heidemann trällerte sie beispielsweise das Lied "Die Augen einer schönen Frau", interpretierte auch den berühmten Evergreen "Das ist die Berliner Luft"1) von Paul Lincke1) (Musik) und Heinrich Bolten-Baeckers1) (Text).
 
Die vielseitige Künstlerin betätigte sich zudem bei Film-Bühnenschauen, die als eine Art Kino-Varieté im Vor- oder Zwischenprogramme in den Lichtspielhäusern gezeigt wurden. Seit Mitte der 1910er Jahre stand Lotte Werkmeister selbst vor der Kamera, gab ihr Leinwanddebüt in dem stummen Streifen "Dalles und Liebe" (1916), gedreht von Franz Schmelter1) nach dem Schwank "Der Bibliothekar" von Gustav von Moser1). Im Film verkörperte sie ebenfalls bodenständige, einfache Frauen, mimte in den Lustspielen jener Ära oft Hausmeisterinnen, Zimmermädchen und Köchinnen oder gestandene Freundinnen, Mütter und Ehefrauen. So zeigte sie sich beispielsweise als Dienstmädchen Marie Stabs neben Titelheld Arnold Rieck in dem Schwank "Der unwiderstehliche Theodor"2) (1917), als Gattin des Altertumsforschers Professor Meurath (Otto Gebühr) bzw. Mutter von Felicitas (Marija Leiko) in der phantastischen Geschichte "Die Vase der Semiramis"2) (1918) oder als Freundin der jungen Witwe Hertha (Ria Jende) in der mit Bruno Kastner inszenierten Verwechslungskomödie "Nur ein Diener"1) (1919). Als Schankmamsell Marie kam sie in dem mit Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II.1) in Szene gesetzten Fridericus-Rex1)-Historienfilm "Die Mühle von Sanssouci"1) (1926) daher, als zweite Ehefrau des Burgkastellans Süßkind (Hermann Vallentin) bzw. Stiefmutter der von Henny Porten gespielten, altjüngferlichen Titelheldin in dem Rührstück "Lotte"1) (1928) – zugleich eine ihrer letzten Arbeiten für den Stummfilm → Übersicht Stummfilme.
  
Gleich zu Beginn der Tonfilm-Ära blieb Lotte eine beliebte Darstellerin und konnte sich dank ihrer Bühnenerfahrung in dem neuen Medium behaupten, tauchte vor allem in Lustspielen weiterhin in ihrem bewährten Rollenfach auf. So erschien sie unter anderem als Zofe in der von E. W. Emo1) nach dem Libretto von Gustav Beer1) und Fritz Lunzer1) zu der gleichnamigen Vaudeville-Operette von Robert Stolz1) realisierten Komödie "Der Hampelmann"2) (1930), als Evchen Schickedanz in dem ganz auf Siegfried Arno zugeschnittenen Schwank "Ein ausgekochter Junge"3) (1931) oder als Blumenfrau an der Seite der Protagonistin Rotraut Richter in dem Volksstück "Das Veilchen vom Potsdamer Platz"1) (1936). Die Pensionswirtin Frau Wuttke mimte sie in der Komödie "Die Stimme aus dem Äther"3) (1939), die Besitzerin der "Hasenpforte" und Mutter der Musikerin Lotte (Liselotte Klingler1)) in der mit Georg Alexander gedrehten, turbulenten Verwechslungsgeschichte "Wenn Männer verreisen"2) (1939) oder die Köchin Marie, deren Leben in der witzigen Story "Tip auf Amalia"3) (1940) durch eine unverhoffte gemeinsame Erbschaft mit drei anderen Dienstboten, dem Zimmermädchen Bärbel (Olly Holzmann), dem Portier Piesicke (Oscar Sabo) und dem Chauffeur Ferdinand (Jaspar von Oertzen), eine unverhoffte Wendung nimmt. Eine schöne Rolle war auch die der Plättstuben-Besitzerin Witwe Bock, Mutter von Ilse (Mady Rahl), die in Paul Heidemanns Verfilmung "Krach im Vorderhaus"3) (1941) nach dem Roman/Lustspiel von Maximilian Böttcher1) mit der Musik von Walter Kollo1) ein paar Sprengkörper zwischen den Bricketts versteckte, die explodierten, als der diebische Portier des Hauses Eduard Panse (Paul Westermeier) diese in seinem Ofen anzündete.
Es folgten Auftritte in Helmut Käutners1) Revuefilm "Wir machen Musik"1) (1942) sowie in den Komödien "Ein schöner Tag"3) (1943) und "Herr Sanders lebt gefährlich"1) (1943). Danach sah man Lotte Werkmeister erst fünfzehn Jahre später nur noch einmal in einer Kinoproduktion, in der Militärklamotte "Mikosch, der Stolz der Kompanie"1) (1958) trat sie neben Titelheld Gunther Philipp mit demen kleinen Part der Josephine von Drachwitz in Erscheinung, Ehefrau des preußischen Oberst Wilhelm von Drachwitz (Paul Westermeier). Erwähnt werden sollte die knapp 25-minütoge DEFA1)-Dokumentation "Zille und sein Berlin"4) (1959), in der Lotte Werkmeister als Sprecherin fungierte und als Sängerin mitwirkte → Übersicht Tonfilme.
 
Die beliebte Künstlerin konnte während des NS-Regimes ihren Beruf unbehelligt ausüben, da ihr Repertoire von den braunen Machthabern als "unbedenklich" eingestuft wurde. Neben ihrer umfangreichen Arbeit auf der Bühne und im Film war sie auch mit Sketchen im Rundfunk zu hören, machte Werbung für das populäre Scheuerpulver "Vim"1) (Musik/Text: Willy Rosen; → youtube.com) und sang auf der "Berliner Funkausstellung"1). Sie ging auf Gastspielreisen, wurde zu Veranstaltungen der NS-Organisation "Kraft durch Freude"1) eingeladen oder engagierte sich bei der Truppenbetreuung und trat gemeinsam mit Kollegen unter anderem vor Soldaten im besetzten Frankreich auf. Vereinzelt arbeitete sie auch für die Synchronisation, so lieh sie Winnie Lightner5) als Mabel in dem Revuefilm "Vorhang auf!" (1929, "Gold Diggers of Broadway"5)) ihre Stimme → dievergessenenfilme.wordpress.com.
Erst in der Endphase des 2. Weltkrieges, als der Kulturbetrieb in Deutschland weitgehend zum erliegen kam, machte die inzwischen knapp 60-jährige Lotte Werkmeister gezwungenermaßen eine Pause, um dann kurz nach Ende des Krieges im Mai 1945 in Potsdam1) wieder auf der Bühne zu stehen. Wenig später gehörte sie im Sommer 1945, wie beispielsweise auch der Rehbrücker Maler Otto Nagel1) (1894 – 1967), zu den Mitbegründern des "Kulturbundes".
Bis ins hohe Alter blieb sie künstlerisch aktiv, trat unter anderem in dem von Hans Joachim Heinrichs1) 1945 gegründeten "Berliner Kammerbrettl"1) auf, das im "Café Wiesner" am S-Bahnhof Ostkreuz1) Quartier bezogen hatte – "ein Kabarett der Unterhaltung und der literarischen Ambition, das dem urwüchsigen Berliner Humor wie auch der kritischen, zeitbezogenen Parodie und Satire besondere Aufmerksamkeit widmete." notiert Wikipedia.
 
Seit März 1937 lebte Lotte Werkmeister mit ihrem Ehemann Heinz Jaksch in Bergholz-Rehbrücke1), heute Ortsteil der Gemeinde Nuthetal1) im Brandenburger Landkreis Potsdam-Mittelmark1). Eigentlich als Feriendomizil erworben, wurde das Haus in der Gerhart-Hauptmann-Straße (heute Bismarckstraße 6) zum ständigen Wohnsitz. Am 4. Oktober 1969 verlieh man ihr im "Institut für Ernährungsforschung"1) im Rahmen der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der DDR ("Tag der Republik"1)) als bis dato einzige Persönlichkeit die Ehrenbürgerwürde.
Die Künstlerin starb am 15. Juli 1970 im Alter von 84 Jahren in ihrer Wahlheimat Bergholz-Rehbrücke und die letzte Ruhe auf dem dortigen Gemeindefriedhof. Seit 1981 erinnert der in der Nähe ihres ehemaligen Wohnhauses befindliche "Lotte-Werkmeister-Platz" an die einst so beliebte, heute jedoch weitgehend in Vergessenheit geratene Künstlerin.
Von Wolfgang Carlé kam in Zusammenarbeit mit der Chansonničre Mitte der 1960er Jahre die Biografie "Lotte Werkmeister. Eenmal in der Woche muß ick weenen" auf den Markt, der Titel greift den von Lotte Werkmeister gesungenen, humorvollen Gassenhauer auf. Das Chanson soll folgendermaßen entstanden sein: Der Direktor des Berliner "Thalia-Theaters" hatte geäußert: "Die Lotte muss irgendwas Passendes singen: Sie weint so schön!" Als Lotte Werkmeister dies ihrem Ehemann erzählte, wurde dieser sofort tätig, setzte sich mit dem befreundeten Textdichter Otto Heinz Palm (* 1884) zusammen bzw. komponierte die Melodie.
Quelle: Wikipedia, cyranos.ch, fembio.org sowie
Artikel bei "Tagesspiegel" (13.10.2009)
Ein Foto bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia (deutsch), 2) Murnau Stiftung, 3) filmportal.de, 4) defa-stiftung.de, 5) Wikipedia (englisch)
Lizenz Foto Lotte Werkmeister (Urheber Wilhelm Willinger): Dieses Medium (Bild, Gegenstand, Tondokument, …) ist gemeinfrei,  weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
einige Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Murnau Stiftung, geschichtewiki.wien.gv.at, deutsche-biographie.de; R = Regie)
Stummfilme Tonfilme
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