Der Bassbariton Hans Hotter wurde am 19. Januar 1909 als Sohn eines Lehrers in Offenbach/M. geboren und wuchs in München auf, wo sein Vater an einer Kunstgewerbeschule unterrichtete. Bevor der Sohn zu einem der renommiertesten Wagner-Sänger avancierte, hatte er in München parallel an der Universität Philosophie und Musikwissenschaften und an der "Hochschule für Musik" Orgel und Gesang studiert, ohne jedoch ernsthafte Pläne zu haben, Heldenbariton zu werden. Die Bekanntschaft mit dem Jean de Reszke-Schüler Matthäus Römer, der bereits 1909 in Bayreuth den "Parsifal" gesungen hatte, führte dann zu einer Wende, da dieser Hotters enormes sängerisches Potential erkannte und ihn mit dem Lied und der Oper vertraut machte.
Der erste öffentliche Auftritt Hotters als Sänger wurde 1929 in München auf Anhieb ein großer Erfolg und so wandte er sich ganz der Bühne zu. Bereits ein Jahr später sang er mit dem "Messias"1) von Händel ein erstes Oratorium und gab sein Debüt am Stadttheater im schlesischen Troppau, wo er anfangs als Sprecher in der "Zauberflöte" auftrat. Über Breslau, wo er die großen italienischen Partien sang, kam Hotter dann an das "Deutsche Theater" in Prag, blieb dort zwei Jahre lang und lernte während dieser Zeit den berühmten russischen Bassbariton Fjodor Iwanowitsch Schaljapin2) (1873 – 1938) kennen, der sein künstlerisches Vorbild wurde und der auch seine spätere Darstellung des "Boris Godunow" maßgeblich beeinflusste.
Nach seiner Prager Zeit ging Hotter bis 1937 nach Hamburg an die Staatsoper, wo er unter anderem in Händels "Julius Cäsar"1) brillierte und zum "Kammersänger" ernannt wurde. Eine weitere Station seiner grandiosen Karriere als Sänger wurde dann in München die "Bayerischen Staatsoper", wo er Hotter in fast allen großen Heldenrollen seines Fachs glänzte und als Endzwanziger bereits das Fundament für seine einzigartigen Wagner-Interpretationen legte; dort arbeitete Hotter mit so renommierten Dirigenten wie Clemens Krauss und Hans Knappertsbusch zusammen. In München hatte er auch zwei Richard-Strauss-Uraufführungen maßgeblich mitgetragen: Am 24. Juli 1938 als Kommandant in "Friedenstag"1) und am 28. Oktober 1942 als Dichter Olivier in "Capriccio"1).

Gleichzeitig gab der Sänger mit der imponierenden Gestalt – er war über 1,90 m groß – Gastspiele an der Wiener Oper, der er bis 1970 als Mitglied verbunden blieb, und konzentrierte sich während des 2. Weltkrieges vermehrt auf Liederabende. So sang er beispielsweise 1941 in Hamburg zum ersten Mal Franz Schuberts Liedezyklus "Winterreise"1), mit der er in späteren Jahren weltweit das Publikum begeistert. So brachte er beispielsweise nach dem Krieg auch auf einer Japan-Tournee den Schubert-Zyklus zu Gehör.
Nach Kriegsende schloss Hotter 1946 einen Vertrag mit der britischen Schallplattenfirma "Columbia", sang 1947 erstmals am Londoner "Covent Garden", trat in Salzburg, Mailand und New York auf und hatte damit den Durchbruch als international anerkannter Bassbariton geschafft. In London wurde er beispielsweise in Mozarts "Die Hochzeit des Figaro"1) sowie in "Don Giovanni"1) gefeiert, aber auch als Hans Sachs in Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"1).

1952 holte Wieland Wagner Hotter für den Part des Wotan in "Der Ring des Nibelungen"1) nach Bayreuth, für den Bassbariton bedeutete dies einen entscheidenden Umbruch. Hotter hat oft in Interviews erzählt, wie schwer er sich zunächst mit dem neuen Bayreuther Stil tat: Allein auf der unendlich weiten, leer geräumten Szene, angehalten, den gesanglichen Vortrag nicht wie gelernt gestisch zu begleiten, sondern mit kleinsten Zeichen und Bewegungen die jeweilige dramatische Figur aus der Zusammenführung von Musik, Gebärde, Mimik und Körperhaltungen als Einheit zu formen. Aus dieser strengen Formung und Bewusstheit des Gestaltens konnte Hotter dann auch wieder etwas gewinnen, was zu diesem Zeitpunkt eher verpönt war: ein neues Pathos, nicht als hohle, aufgesetzte Gebärde, sondern als gesteigerte, von innen nach außen dringende Expression. Diese emotionale Bewegtheit verwandelte den Sing-Schauspieler Hans Hotter in einen großen Menschendarsteller. Der "Wotan" wurde zu seiner Paraderolle und er gestaltete sie mehr als ein Jahrzehnt.
Hotters Wotan war überdimensioniert in Stimme und Gestalt, gehört anscheinend einer bereits versunkenen Bühnenwelt an. Er war ein resignierter Gott von archetypischer Größe, ohne dabei in das wabernde Pathos früherer Bayreuther Jahre zu verfallen, insofern mit Wieland Wagners Interpretation durchaus übereinstimmend. Stimmlich war Hotter kein typischer Heldenbariton, für den ja der stark metallische Beiklang charakteristisch ist, seine Stimme war zwar voluminös, aber eher weich mit einer weichen Konsonantenbehandlung, die im Kontrast zur damals üblichen Sprachbehandlung im Wagner-Gesang stand, manchmal aber auch zur deklamatorischen Undeutlichkeit führte, immer jedoch das belcantistische Element betonte.3)

Zu Hotters herausragendem Wagner-Repertoire zählten sowohl der Gralskönig Amfortas als auch der Gralsritter Gurnemanz im "Parsifal"1), er brillierte beispielsweise 1952 als Kurwenal in "Tristan und Isolde"1) unter Herbert von Karajan, gab den Pogner und den Hans Sachs in "Die Meistersinger von Nürnberg" und bleibt ein unvergessener "Fliegender Holländer"1).
Hotter betrachtete sich jedoch keineswegs als Wagner-Spezialist oder als Nur-Opernsänger, ebenso wichtig war ihm sein Lied- Repertoire, in dem Franz Schuberts "Winterreise" oder dessen "Schöne Müllerin" das geliebte Zentrum bildete. Er sang unter anderem Lieder von Schumann, Brahms, Loewe oder Hugo Wolf und zahlreiche Schallplattenaufnahmen zeugen von Hotters unverwechselbarem Ausdruck sowie seiner Klangschönheit und Stimmgewalt.

1974 beendete Hotter zwar offiziell seine Gesangslaufbahn, trat jedoch vereinzelt immer noch einmal auf der Bühne in Erscheinung. Noch im fortgeschrittenen Alter wurde Hotters ausdrucksvolle Stimme bewundert, so übernahm er in Frankfurt die Partie des Moses in Schönbergs "Moses und Aron"1), 1986 feierte er als 75-Jähriger bei den Münchener Festspielen als Greis Schigolch in Alban Bergs "Lulu"1) Triumphe – eine Rolle, mit der er die Opernbesucher überraschte; sein letzter dokumentierter Auftritt war 1993, im Alter von 82 Jahren, für eine Schallplatte. Hotter arbeitete nach dem Ende seiner Solistenkarriere als international gefragter Gesangspädagoge und gab mit großem Engagement seine Erfahrungen bei vielen Meisterkursen an die nächste Generation weiter. Auch als Berater war er unverzichtbar, so holte ihn unter anderem James Levine1) für die Einstudierung von Wagners "Der Ring des Nibelungen" an die New Yorker "Metropolitan Opera".

Hans Hotter, der fast 120 Partien beherrschte, darunter nicht nur Wagner, sondern auch Mozart und Verdi, wurde während seiner Karriere mehrfach ausgezeichnet. 1977 beispielsweise ernannte ihn die Wiener Musikakademie zum Professor, zuletzt erhielt er 2003 für seine Verdienste um das deutsche Operntheater und die Gesangspädagogik den "Wilhelm-Pitz-Preis", der Neu-Bayreuths erstem Chorleiter gewidmet ist → Dankesrede von Hans Hotter anlässlich der Preisverleihung.
Kurze Zeit später starb Hotter unerwartet am 6. Dezember 2003 in München – wenige Wochen vor seinem 95. Geburtstag.
Der Künstler war seit 1936 mit der früheren Schauspielerin Helga Fischer (verstorben 1998) verheiratet, der gemeinsame Sohn Peter erblickte ein Jahr später das Licht der Welt. Die 1939 geborene Tochter Gabriele ließ sich zur Bibliothekarin ausbilden, heiratete später den Enkel des Komponisten Richard Strauss1), den zum Opernregisseur ausgebildeten Richard (Max Emanuel Hermann) Strauss.

Seine Erinnerungen hatte der gefeierte Wagner- und Kunstliedsänger 1996 unter dem Titel "Der Mai war mir gewogen…" veröffentlicht. In diesem Buch erzählt er von seiner Jugend in den zwanziger und dreißiger Jahren, von den Anfängen an den Opernhäusern in Prag und Hamburg und von den Schwierigkeiten eines Künstlers während des Dritten Reichs. Hotter, der zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten dieses Jahrhunderts zählt, ist im Laufe seiner Karriere vielen großen Künstlern begegnet: Otto Klemperer und Erich Kleiber, den Komponisten Richard Strauss und Hans Pfitzner, dem scheuen Herbert von Karajan und dem legendären Wilhelm Furtwängler.4) 
Am 19. Januar 2009 wäre Hans Hotter, einer der ganz großen Sänger der Nachkriegszeit, 100 Jahre alt geworden. Von vielen als "Jahrhundertsänger" bezeichnet, war er von Stimme und Erscheinung her ein Gigant im wahrsten Sinne des Wortes, als Konzert- und Liedersänger beeindruckte er hingegen vor allem durch seine Natürlichkeit und überraschte immer wieder auch mit leisen Tönen. Ohne Zweifel gehört Hans Hotter zu den absoluten Phänomenen der Gesangskunst und galt gleich für mehrere Generationen als quasi zeitlose Erscheinung des europäischen Kulturlebens.5)
 

Siehe auch Wikipedia sowie die Nachrufe bei www.operundtanz.de und www.spiegel.de
Weiterhin den Artikel "Hans Hotter zum 100. Geburtstag" von Gottfried Cervenka bei oe1.orf.at
Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP
Quelle:
3) "Grosse Stimmen" von Jens Malte Fischer, Verlag J. B. Metzeler, Stuttgart 1993, S.  245
4)  Zitat "Klappentext"
5)  oe1.orf.at: "Hans Hotter zum 100. Geburtstag" von Gottfried Cervenka
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