Hört oder liest man den Namen "Döblin", denkt man in erster Linie an den Schriftsteller Alfred Döblin1) (1878 – 1957), der vor allem mit seinem mehrfach verfilmten Roma "Berlin Alexanderplatz"1) (1929) Weltruhm erlangte. Weniger bekannt ist, dass sein älterer, am 29. Oktober 1876 ebenfalls im pommerschen Stettin1) (heute: Szczecin, Polen) geborener Bruder Hugo Emil Döblin eine Karriere als Schauspieler und Autor machte.
Alle sechs Kinder des Ehepaares Döblin, Ludwig (geb. 1872), Meta (geb. 1874), Hugo, Alfred und Kurt (geb. 1880), wuchsen in einer gut bürgerlichen Familie auf, der Vater Max Döblin (1846 – 1921), von Beruf Schneidermeister, hatte auf Wunsch der Eltern die vermögende Tochter eines jüdischen Fabrikanten, Sophie Freudenheim (1844 – 1920) geheiratet. Durch der Mitgift seiner Frau finanzierte der musisch begabte Max Döblin sein neu errichtetes Konfektionsgeschäft und sicherte der Familie ein überdurchschnittliches Einkommen. Die Söhne Hugo und Alfred besuchten das "Friedrich-Wilhelm-Realgymnasium" in Stettin, als die Ehe der Eltern im Juni 1888 endgültig zerbrach – Max Döblin verließ die Familie für die zwanzig Jahre jüngere Schneidermamsell Henriette Zander, mit der er über Hamburg nach New York floh – zog dies einschneidende Veränderungen nach sich. Sophie Döblin verließ mit ihren Kindern Stettin und zog nach Berlin. Die Döblins, nun nicht mehr mit Reichtümern gesegnet, wohnten zunächst in der Blumenstraße im Ortsteil Friedrichshain1), der älteste Sohn Ludwig begann eine Lehre in der Firma seines Onkels, um die Familie finanziell zu unterstützen. 1890 begann auch Hugo Döblin eher halbherzig eine Kaufmannslehre bei seinem Onkel, denn sein Herz schlug für das Theater. So ließ er sich  1891 heimlich von dem legendären Josef Kainz1) und dem Komiker Paul Pauli (1838 – ?) zum Schauspieler ausbilden; 1901 heiratete er Paulis Tochter Martha Blissé.

Hugo Döblin vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Hugo Döblin vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: www.cyranos.ch: Lizenz: gemeinfrei
Sein erstes Engagement trat Hugo Döblin 1896 am "Stadttheater Celle"1) an. Im darauffolgenden Jahr kam er nach Berlin, wo er am "Carl-Weiß-Theater" (dem späteren "Rose-Theater"1)), dem privaten "Gebrüder-Herrnfeld-Theater"1), dem "Kleinen Theater" und schließlich ab 1919 an den "Reinhardt-Bühnen"1) bzw. auch "Deutschen Theater"1) auftrat. Als Schauspieler und Rezitator wirkte er zudem an verschiedenen Berliner Theatern und Kabaretts, wirkte beispielsweise ab 1922 zusammen mit Anita Berber und Adele Sandrock in den literarisch-politischen Revuen des Künstlerlokals "Café Größenwahn"1) ("Café des Westens"), ab Mitte der 1920er Jahre im von Leon Hirsch1) gegründeten "fliegenden", politisch-satirischen Kabarett "Die Wespen". Er betätigte sich auch als Autor, neben Einaktern und Kurz-Szenen für das Kabarett verfasste er, verschiedentlich unter dem Pseudonym "Hendrik Tewel", Drehbücher, Lieder und Gedichte; unter anderem trug er seine Dichtung "Die Türklinke im Hirnkasten" vor.

Bereits früh interessierte sich Döblin für das neue, aufstrebende Medium Film, war erstmals in der stummen Komödie "Der Stolz der Firma"1) (1914) an der Seite von Ernst Lubitsch1) zu sehen. Es folgten zahlreiche weitere Produktionen, in denen der Schauspieler überwiegend Figuren am Rande des Geschehens verkörperte, etwa Diener, Lakaien und andere Faktoten, Kurpfuscher, Wucherer und Bettler oder Hausierer und Trödler. Zu seinen einprägsamsten Rollen zählte der französische Revolutionär François Hanriot1) in Dimitri Buchowetzkis1) Historienfilm "Danton"1) (1921) mit Emil Jannings als Danton1) und Werner Krauß als Robespierre1). Unter anderem mimte er den Kurspfuscher in Richard Oswalds1) opulenten, prominent besetzten Historienfilm "Lady Hamilton"1) (1921) an der Seite der Protagonisten Liane Haid (Emma Hamilton) und, Conrad Veidt (Lord Horatio Nelson), den Waldarbeiter Schmidt in Urban Gada1) Adaption "Hanneles Himmelfahrt"1) (1922) nach der gleichnamigen Traumdichtung1) von Gerhart Hauptmann1) mit Margarete Schlegel in der Titelrolle, den Lakai des Despoten Herzog Ferrante (Paul Wegener; auch Regie) in dem Drama "Herzog Ferrantes Ende"1) (1922), den Theater-Agenten Mouchu in der von Friedrich Zelnik mit dessen Ehefrau Lya Mara in der Titelrolle gedrehten Liebesromanze "Die Venus vom Montmartre"1) (1925) oder einen Pfandleiher in dem Krimi "Der rote Kreis"1) (1929), ebenfalls von Zelnik in Szene gesetzt nach dem Roman "The Crimson Circle" von Edgar Wallace1) → Übersicht Stummfilme.
  
Im Tonfilm blieb Döblin ebenfalls auf Nebenrollen reduziert, wurde bis 1932 noch in wenigen Produktionen besetzt. Beispielsweise gehörte Döblin zur Besetzung des berühmten, von Fritz Lang1) realisierten Krimi-Klassikers "M"1) (1931) mit dem Untertitel "Eine Stadt sucht einen Mörder und Peter Lorre als der Kindermörder sowie unter anderem Otto Wenicke als Kriminalkommissar Karl Lohmann1) → Übersicht Tonfilme.
Nach der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten 1933 erhielt der Schauspieler mit jüdischen Wurzeln Berufsverbot und wurde aus der "Reichstheaterkammer"1) (RTK) ausgeschlossen.
1930 hatte Döblin die erste Berliner Tonfilmschule gegründet, die am 1. April 1933 von Mitgliedern der SA1) überfallen wurde; seither stand Döblin im Fokus der Gestapo1). Wenig später emigrierte er über Prag1) nach Österreich, nach dem "Anschluss" Österreichs1) an das "Deutsche Reich" im März 1938 floh er in die Schweiz. Dort arbeitete er vor allem als Schauspiellehrer und erneut als Schriftsteller. 1938 erschien dort sein schon vor dem Schweizer Exil im Jahre 1935 konzipiertes Drama "Goliath erschlägt David", in dem am Beispiel eines mit einer arischen Ehefrau verheirateten jüdischen Krebsforschers das Scheitern der deutsch-jüdischen Assimilation thematisiert wurde; ab 1944 trat Döblin als Schauspieler auch wieder auf der Bühne in Erscheinung. Nach Kriegsende wurde er 1947 als Professor an das "Zürcher Schauspiel- und Tonfilmstudio" berufen. Zu seinen späteren Veröffentlichungen zählt der Gedichtzyklus "Die Grenzen auf, die Herzen auf" (1950).
Vor die Kamera trat er nur noch ein einziges Mal und spielte den winzigen Part eines Patienten in dem von Leopold Lindtberg1) inszenierten Schweizer Krimi "Matto regiert"1) (1947) nach dem gleichnamigem Roman1) von Friedrich Glauser1) mit Heinrich Gretler als Wachtmeister Studer1) → cyranos.ch.

Hugo Döblin, der den Bekanntheitsgrad seines Bruders Alfred weder als Autor noch als Schauspieler erlangte, starb am 4. November 1960 im Alter von 84 Jahren in Zürich1) (Schweiz).
Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch
*) Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE), Hrsg. Rudolf Vierhaus, Band 2, Brann – Einslin (K G Saur, München 2005, S. 661)
Fremde Links: 1) Wikipedia
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