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Nils Chrisander wurde am 14. Februar 1884 als Nils Valdemar Chrisander*)
oder Waldemar Olaf Chrisander**) in der schwedischen Hauptstadt
Stockholm1) geboren. Nach eigenen Angaben
war sein Onkel der gleichnamige Musik-Lektor bzw. Komponist Nils Chrisander
(1846 1918), seine Großtante die berühmte Opernsängerin Jenny Lind1) (1820 1887).
Er will verschiedene höhere Schulen in Stockholm, Wien, Paris und London besucht
haben, nach seinem Schulabschluss soll er zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Studium der Kunstgeschichte und Philosophie begonnen
haben; anschließend habe er sich als Kunstmaler versucht.
Chrisander besuchte die Elevenschule des "Königlich Dramatischen
Theaters"1) in Stockholm, stand anschließend auf der Bühne, wo er unter anderem in
dem Drama "Karl XII." von August Strindberg1) in Erscheinung trat.
Mit der noch jungen Kinematografie kam Chrisander 1913 über den
norwegischen Schauspieler und Regisseur Bjørn Bjørnson1) (1859 1842) in
Berührung, der ihn ermutigte, sich als Filmschauspieler zu versuchen.
Der erste nachweisbare stumme Streifen, in dem Chrisander auftrat, ist die
dänische Produktion "Et Gensyn" (1914), wenig später ging
Chrisander nach Berlin und konnte dort wie andere skandinavische Darsteller,
etwa Aud Egede Nissen
(1893 1974), Viggo Larsen
(1880 1957) oder Olaf Fönss
(1882 1949), Fuß fassen.
Nils Chrisander um 1915 Jahren auf einer Fotografie
von Nicola Perscheid1) (1864 1930)
Quelle: Wikimedia Commons
bzw. Wikipedia
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Der gut aussehende Nils Chrisander erhielt während seiner relativ kurzen
Karriere in Deutschland nun
ausschließlich Hauptrollen in stummen Dramen und abenteuerlichen
Geschichten, wurde als jugendlicher Held und Liebhaber
besetzt. Furore machte er 1916 als "Erik, das Phantom" in "Das Phantom der
Oper"1), Ernst Matrays mutmaßlich ersten Verfilmung
des romantischen, gleichnamigen Schauer-Romans1)
von Gaston Lerouxs1)
mit Aud Egede Nissen als Partnerin, welche das junge
Chormädchen Christine Daaé mimte. Mit Regisseur Urban Gad1)
(1879 1947) Noch-Ehemann der legendären Asta Nielsen
(1881 1972) drehte er "Die Vergangenheit rächt sich" (1917) und
"Die Gespensterstunde"1), war Partner von Henny Porten (1890 1960)
in "Die
Wellen schweigen"1) (1915),
trat neben Pola Negri
(1897 1987) in "Zügelloses
Blut"1) (1917), "Nicht lange täuschte mich das Glück"1) (1917), "Die toten Augen" (1917)
und "Küsse, die man stiehlt im Dunkeln" (1918) in
Erscheinung. Seine Lieblingsrolle soll in
Deutschland die des Fürsten Marcel Hochwald in dem Melodram "Die weißen Rosen von Ravensberg"2) (1919) gewesen sein,
eine Geschichte, die er nach dem
gleichnamigen
Roman1) von Gräfin Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem1) bzw. eigenem Drehbuch (gemeinsam mit
Richard Kühle1))
auch selbst in Szene setzte.
Foto: Nils Chrisander vor 1929 (NPG-Karte Nr. 427)
Urheber: Alexander
Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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1920/21 tauchte Chrisander in dem vierteiligen Abenteuer "Die Jagd nach dem Tode"1)
neben Lil Dagover
(1887 1980) als tüchtiger Ingenieur bzw. Detektiv Mc Allen auf, bei den beiden Teilen
des Kriegsdramas "Die Welt in Flammen" (1922/23) führte er
ebenfalls Regie und übernahm zudem die Rolle des Ministerpräsidenten
Brancone (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen US-amerikanischen
Stummfilm aus dem Jahre 1927, "The
Patent Leather Kid"1))
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Während seiner Arbeit in Deutschland kehrte Chrisander immer wieder
ins heimatliche Stockholm zurück und stand sporadisch für einige
Produktionen vor der Kamera, so zuletzt mit der Hauptrolle in dem Kriegs- und Eifersuchtsdrama
"Nobelpristagare" (1918) von Regisseur Georg af Klerckers
(1877 1951), mit dem er in
Schweden wiederholt zusammenarbeitete. Erzählt wurde die Geschichte
des begnadeten Chirurgen Dr. Henry Arel (Chrisander), der
"im Krieg die tödlich verwundete Violet Starford (Mary Johnson) auf dem Sterbebett
heiratet. Er zeugt als Kriegsgefangener mit Olga Orslowa (Maggie Gripenberg → Wikipedia (englisch))
einen Sohn und stellt nach dem Krieg nunmehr mit dem Nobelpreis ausgezeichnet fest, daß
seine totgeglaubte Frau dank seiner ärztlichen Kunst überlebt hat. Das Dreiecksverhältnis Henry Violet Olga platzt, und als man
Violet tot auffindet, wird Olga des Mordes verdächtigt. Das Drehbuch war ein erfolgreicher Beitrag
zu einem Drehbuchwettbewerb der Produktionsfirma, die um literarisch ambitionierte Stoffe bemüht war.
Die zeitgenössische Kritik bemängelte die Künstlichkeit der im (neutralen) Schweden nachgestellten Kriegsszenen.
(Quelle: nordische-filmtage.de)
→ Übersicht Stummfilme als Darsteller.
Nils Chrisander auf einer Fotografie
von Nicola Perscheid1) (1864 1930)
Photochemie-Karte Nr. 1642
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Zu seinen ersten Regie-Arbeiten zählte der Streifen "Olaf Bernadotte" (1918),
in dem Carl de Vogt (1885 1970) die Titelrolle spielte.
Es entstanden weitere von ihm inszenierte Stummfilme wie "Alraune
und der Golem" (1919) nach der Erzählung "Isabella
von Aegypten"1) von Achim von Arnim1) und dem
Schauerroman "Alraune.
Die Geschichte eines lebenden Wesens"1) von Hanns Heinz Ewers1) oder
das Drama "Cagliostros Totenhand"1) (1919), Arbeiten, die jedoch von filmisch untergeordneter
Bedeutung waren.
Mit Beginn der 1920er Jahre verließ Chrisander vorübergehend das Filmgeschäft und begab sich auf Reisen, unter anderem zu
"Geheimstudien in Ägypten und Asien", wie er nebulös
schrieb.3) Zurück in Deutschland, wohnte Chrisander bis 1926
nachweisbar in Berlin-Friedenau1), dann ging er in die USA bzw. nach
Hollywood, wo er im Frühjahr 1927 als Nils Olaf Chrisander zwei wenig beachtete
Stummfilme in Szene setzte, die romantischen Melodramen "Die Gefangene des Scheik"
("Fighting Love") sowie "Der Herzensdieb" ("The Heart
Thief"), unter
anderem mit Lya de Putti (1897 1931) und
Joseph Schildkraut (1896 1964)
→ Übersicht Stummfilme als Regisseur.
Danach verabschiedete er sich endgültig von der Filmszene, blieb aber noch eine
Zeitlang in den USA; später kehrte er nach Schweden zurück, wo er sich in einem Dorf im äußersten Süden des Landes niederließ.
Der einst gefeierte Stummfilmstar Nils Chrisander starb nahezu vergessen am 5. Juni 1947
im Alter von 63 Jahren im südschwedischen Skivarp, einer Ortschaft
der Gemeinde Skurup1).
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*) lt. Schwedischem Filminstitut;
**) lt. IMDb
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung
3) nach Kurt Mühsam/Egon
Jacobsohn: "Lexikon des Films" (Verlag der Lichtbild-Bühne, Berlin 1926, S. 32); das
"Schwedische
Filminstitut" gibt an, er hätte auch als Archäologe gearbeitet. Somit könnte
er zumindest in Ägypten an Ausgrabungen teilgenommen haben.
Lizenz Foto Nils Chrisander (Urheber Nicola
Perscheid/Alexander Binder):
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