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Margitta Scherr wurde am 15. August 1943 als Tochter
bayerischer Eltern mitten in den Kriegswirren in Chemnitz1) geboren.
Die Mutter hatte auf Drängen ihrer in Chemnitz wohnenden
Schwester bzw. aus Sorge vor drohenden Luftangriffen der Alliierten
München
verlassen und war wenige Tage vor der Geburt in die vermeintlich
ruhigere sächsische Stadt gereist. Kurz nach der Entbindung die
kleine Margitta war erst sieben Tage alt kehrte sie in ihre Heimatstadt München
zurück, wo Margitta Scherr aufwuchs und auch seither
lebte.
Ihre erste kleine Rolle
erhielt sie bereits im Alter von zwölf Jahren unter der Regie von
Rudolf Jugert1)
als die kleine Marei in dem Film
"Der Meineidbauer"1) (1956),
einer Adaption des gleichnamigen
Volksstücks1) von Ludwig Anzengruber1). Nach
zwei Heinz-Erhardt-Filmen "Vater, Mutter und neun Kinder"1) (1958) sowie
"Natürlich die Autofahrer"1)
(1959) nahm die Jungdarstellerin
Schauspiel- und Ballettunterricht und stand nebenbei weiterhin vor der
Kamera.
Den Kritikern fiel sie in dem von Arthur Maria Rabenalt1) inszenierten Fernsehfilm "Frédéric Chopin
und George Sand" (1960) als Solange (* 1828),
(vermutliche) Tochter von George Sand auf; der Komponist,
Pianist und Klavierpädagoge Chopin1) wurde von Peter Arens,
die Schriftstellerin George Sand1) von Renate Mannhardt1)
verkörpert. Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb beispielsweise:
"Die renommierten Hauptdarsteller wirkten längst nicht so intensiv wie
die blutjunge Margitta Scherr, die eine der verblüffendsten, überzeugendsten Talentproben der letzten Zeit
ablegte."
Margitta Scherr 1961
Foto: © K.H. Vogelmann (auch Hintergrund)*)
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Die Schauspielerin zeigte ihre Begabung auf der Kinoleinwand mit ihrer ersten Hauptrolle
als Partnerin von Carlos Thompson in Arthur Maria Rabenalts
Romanze "Der Held meiner Träume"1) (1960), spielte unter der Regie von
Frank Wisbar1) in
dessen Hans Hellmut Kirst-Verfilmung "Fabrik der
Offiziere"1) (1960), als Tochter von
Luise Ullrich
und Rudolf Prack in
John Oldens1) Kriegsheimkehrer-Drama
"Frau Irene Besser"1) (1960) und
hatte Maria Schell und
O. W. Fischer als Filmeltern in
Géza von Radványis1) Melodram "Das Riesenrad"1) (1961), bevor sie
im gleichen Jahr an der Seite des legendären Willy Reichert (1896 1973)
als Domkapellmeister Blasius Römer für die
Titelrolle des Bärbele in der modernisierten TV-Fassung "Das Schwarzwaldmädel"1) (1961)
engagiert wurde, gedreht von Wilm ten Haaf1)
nach der gleichnamigen
Operette1) von Leon Jessel1) (Musik).
Die "Kieler Morgenzeitung" notierte damals unter anderem:
"Für den Bildschirm äußerst wichtig: Die bezaubernde Darstellerin
der Titelrolle, ein Mädchen mit natürlichem Liebreiz, hatte man in Margitta Scherr
gefunden." Auch die "Süddeutsche Zeitung" lobte:
"Willy Reichert als Domkapellmeister und Margitta Scherr, die mit ihrem putzmunteren
Bärbele eine überzeugende Talentprobe ablegte, führten ein Ensemble an, das keine Langeweile aufkommen ließ".3)
Margitta Scherr 1961 als Bärbele
in der TV-Fassung von "Das Schwarzwaldmädel".
Foto: ©
K.H. Vogelmann*) |
Ebenfalls 1961 holte Kultregisseur Michael Pfleghar1)
(1933 1991) sie für seine 1962 mit
der "Bronzenen Rose von Montreux"1) preisgekrönten Fernsehshow
"Zu jung um blond zu sein" vor die Kamera, in der
Margitta Scherr neben Show- bzw. Schlagerstars wie Alice und Ellen Kessler,
Silvio Francesco oder
Bibi Johns auftrat.
In den 1960er Jahren wirkte die Münchnerin in zahlreichen, zu dieser Zeit beliebten, Schlagerfilmen mit, in denen Musik,
Liebe, Reise und Komik dominierten, etwa
in "Das
süße Leben des Grafen Bobby"1) (1962) mit
Peter Alexander,
"Wenn
die Musik spielt am Wörthersee"1) (1962)
und "Die
Post geht ab"1) (1962) mit
Vivi Bach und
Claus Biederstaedt.
In dem Streifen "Übermut
im Salzkammergut"1) (1963) zeigte sich Margitta Scherr erneut
mit Claus Biederstaedt, "Die lustigen Weiber von Tirol"1) (1964), "Tausend
Takte Übermut"1) (1965) oder
"Komm mit zur blauen Adria"1) (1966)
sind weitere
Produktionen jener Jahre, in denen Margitta Scherr mit sympathischen
Hauptrollen auf der Leinwand präsent war. Ihre letzte große Kinorolle spielte
sie 1966 als Vevi in dem Lustspiel "Das
sündige Dorf"1),
inszeniert von Werner Jacobs1) nach dem gleichnamigen
Baurenschwamk1) von Max Neal1)
unter anderem mit Beppo Brem,
Michl Lang und Hans-Jürgen Bäumler1).
Nachdem Margitta Scherr auf rund drei Dutzend Titelblättern deutscher Zeitschriften erschienen war (u. a. 1963 auf der Titelseite der
"Bravo"1) und 1968 auf dem Cover der "Quick"1)), wurde Amerikas berühmtestes
Männermagazin auf sie aufmerksam. Der "Playboy"1) (Ausgabe November 1964) widmete Margitta Scherr zur Titelstory
"The Girls of Germany" ein ganzseitiges Aufmacherfoto, auf dem sie jedoch komplett bekleidet blieb.
Eine schöne Figur war die der Meg in dem TV-Spiel "Die Glocken von London",
frei nach der berühmten Erzählung "Die Silvesterglocken" von Charles Dickens,
mit welcher der Autor auf poetische Weise schildert, wie die Ärmsten der Armen die
Silvesternacht im Londoner Winter erleben. Das
"Traumspiel in achtzehn Szenen" (Drehbuch: Otto
Zoff1)) war von Regisseur Wilm ten Haaf1)
stimmig in Szene gesetzt worden, Margitta Scherr verlieh der Tochter des barmherzigen und gütigen Toby Veck
(Georg Lehn) bzw. der Braut des Schreinergesellen Richard Johnson
(Hartmut Reck) eindrucksvolle Züge. Weitere Darsteller waren unter anderem
Edith Schultze-Westrum
als Dorothy Chickenstalker, Alexander Golling als Aldermann Cute
und Friedrich Joloff als Filer; ausgestrahlt wurde diese vom
"Bayerischen Rundfunk" produzierte sehenswerte Literaturadaption am 31. Dezember 1962.
Margitta Scherr tauchte auf dem Bildschirm mit Episodenrollen in
verschiedenen populären TV-Serien auf, präsentierte sich unter anderem
als Anita in
der Folge "Schließfach 1026"4) (1965) neben
"Kommissar Freytag"
alias Konrad Georg,
in der Hotelgeschichte "Die reizendste Bekanntschaft
meines Lebens" aus der Serie "Zimmer 13"2) (1968),
und auch beim "Landarzt Dr. Brock",
gespielt von Kinolegende Rudolf Prack,
gehörte sie 10 Folgen
lang als Susanne, Nichte des Bürgermeisters Stahl (Kurt Großkurth),
zur Besetzung.
Margitta Scherr und Hartmut Reck in "Die Glocken von London"
Foto: © Paul Sessner
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Mit der Hauptrolle der hübschen bayerischen Metzgerstocher Evi, die sich in einen Schwarzen
verliebt, erlebte man Margitta Scherr am 20.09.1966 in dem von
Theodor Grädler1)
für den "Bayerischen Rundfunk" inszenierten, vergnüglichen Fernsehfilm "Boni" nach dem gleichnamigen
Volksstück von Georg Lohmeier1),
zusammen mit Fritz Straßner (Evis Vater) und
Erni Singerl
(Evis Tante Ziska) sowie natürlich dem "Titelhelden"
Boni, gespielt von Louis-Eduard Smart. Ein Jahr später
gestaltete sie die Anita in Georg Marischkas
Literaturverfilmung des klassischen Verwechslungsschwanks "Hulla di Bulla"
von Franz Arnold und Ernst Bach ("Arnold
und Bach"1)), an der Seite von
Fritz Eckhardt,
der auch das Drehbuch abgeliefert hatte, und Claus Wilcke.
Danach stand Margitta Scherr monatelang Abend für Abend erfolgreich auf der Bühne des "Intimen Theaters" in
Wuppertal,
brillierte mit der Titelfigur der Journalistin Mary McKellaway in der witzig-charmanten Boulevard- bzw. Beziehungskomödie
"Mary, Mary" von Jean Kerr (1922 2003).
In einer Inszenierung von Kay Roland spielte neben Margitta Scherr
der damalige Leiter des ehemaligen Theaters, Wilfried Köster, den
männlichen Part des jungen Verlegers Bob McKellaway bzw.
Marys frisch geschiedenen Ehemann. Das Stück
der amerikanischen Autorin, erstmals am Broadway im März 1961
aufgeführt, war dort rund drei Jahre lang ein Publikumsrenner
gewesen und erwies sich auch in Wuppertal als Publikumsmagnet.
Foto: Margitta Scherr 1966 in der weiblichen Hauptrolle der Metzgerstocher
Evi
mit Louis-Eduard Smart als dem afrikanischen Studenten Boni;
siehe auch die kurze Inhaltsangabe zu Lohmeiers Volksstück beim Südtiroler Theaterverband
Foto: © Paul Sessner
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Nach mehr als 20 Kinofilmen und ebenso vielen Fernsehrollen konnte die
Schauspielerin zwischen 1969 und 1972 ihren Bekanntheitsgrad mit
der 18-teiligen populären Artistenserie
"Salto Mortale"
noch steigern, begeisterte als Trapezkünstlerin Francis Doria
ein Millionenpublikum, neben Gustav Knuth als
Familienoberhaupt Carlo Doria, Hellmut Lange als ältestem Sohn Mischa Doria,
Hans-Jürgen Bäumler1) als
Star der Truppe Viggo Doria, Horst Janson als "Fänger" Sascha Doria,
Gitty Djamal1) als Saschas Frau Lona,
Andreas Blum1)
als Rodolfo (Ehemann von Francis Doria) und Hans Söhnker als Zirkusdirektor
Kogler → siehe auch Wikipedia.
Nach mehr als vier Jahrzehnten erinnerte sich die Künstlerin, wie
es dazu
kam, dass sie als Francis Doria in "Salto Mortale" besetzt wurde bzw. als
"Blondine" in Erscheinung trat: "Der Regisseur Franz M. Lang hatte mich 1963 für
die TV-Serie "Der Nächste bitte" engagiert, in der ich verschiedene
Frauenfiguren (wie beispielsweise Barfrau oder Arzthelferin) mit blonder Perücke
mimte.
Im gleichen Jahr holte mich Regisseur Lang für die sehr schöne Rolle der Minou in
der Krimikomödie "Die letzte
Folge"4) (EA: 07.07.1964), gedreht nach dem
erfolgreichen Theaterstück "D'après nature ou presque" von Michel Arnaud,
als Partnerin von Ivan Desny,
Ursula von Manescul und Hellmut Lange vor die Kamera.
Da wir hervorragend miteinander arbeiten konnten, hatte
Lang, der anfangs als Regisseur für "Salto Mortale" verpflichtet war, mich für die Rolle der Francis Doria
vorgeschlagen, in der ich natürlich wieder in Blond agieren sollte.
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Von links nach
rechts:
Margitta Scherr, Andreas Blum und Gitty Djamal |
Von links nach rechts: Andreas Blum als Rodolfo,
Margitta Scherr als Francis Doria
und Hans-Jürgen Bäumler als Viggo Doria |
Margitta Scherr
als Trapezkünstlerin Francis Doria |
Fotos zur Verfügung gestellt von SWR
Media Services; © SWR |
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Doch schon kurz nach Beginn der Dreharbeiten tauschten die TV-Verantwortlichen
Lang gegen den Serien-erfahrenen Michael Braun1)
aus. Braun wiederum wollte, dass ich mit meinen echten langen, dunkelbraunen Haaren spielte. Das war aber nicht
mehr möglich, da die Aufnahmen mit meinem Double, einer echten Artistin für die Trapez-Szenen, bereits abgedreht waren. Deshalb war ich in
den zehn Folgen der ersten Staffel blond, in der zweiten Staffel durfte ich dann
auftreten, wie ich in Wirklichkeit aussah.
Eine nette Reminiszenz ist, dass ich beim Schweizer "Circus
Knie"1), wo wir 1969 einen großen Teil der Aufnahmen
drehten, einen acht Wochen alten Tiger, der beim "Circus
Knie" geboren worden war, in der Manege vor Publikum auf den Namen
"Francis" taufen durfte so wie ich in "Salto
Mortale" hieß."
Nach den Dreharbeiten zu "Salto Mortale" beendete Margitta Scherr auf dem Höhepunkt ihrer Karriere
die Laufbahn als Schauspielerin und
zog sich ins Privatleben zurück. Sie absolvierte ein 8-semestriges Fremdsprachenstudium,
das sie unter anderem als Jahrgangsbeste in Spanisch abschloss, später
erlangte sie noch ein Diplom in Englisch und erlernte unter anderem
auch die schwedische Sprache. Viele Jahre arbeitete sie als Presse-Betreuerin für internationale Kinofilme.
Margitta Scherr, zweifache
Großmutter, war von 1962 bis 1977 mit dem
renommierten Fotografen Karl-Heinz Vogelmann5) (1927 2011)
verheiratet; aus der Verbindung ging der 1964 geborene Sohn Alexander Vogelmann
hervor,
der als selbständiger "Postproduction Supervisor"
tätig ist. Karl-Heinz Vogelmann, der im Lauf seiner langen Karriere
Standfotos zu rund 200 Filmen
schoss unter anderem zu Wolfgang Petersens preisgekröntem Kultfilm "Das Boot"1) (1981)
sowie zu dessen Michael Ende-Adaption "Die unendliche Geschichte"1) (1984) starb am 14. Januar 2011 im Alter von 83 Jahren in
Berlin; sein Nachlass wird vom "Deutschen Filminstitut" (DIF) in Frankfurt
verwaltet.
Margitta Scherr-Vogelmann starb am 30.Dezember 2020 im Alter von 77 Jahren nach längerer Krankheit im Kreise ihrer Familie in München.
Margitta Scherr 2008 Privatfoto; © Margitta Vogelmann
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Noch kürzlich war die einstige Schauspielerin
unter die Autorinnen gegangen, mit "Joker Das Geheimnis vom grünen
Hund" veröffentlichte sie Ende Oktober 2020 ein Buch für junge Leser ab zehn Jahren bzw. zum Vorlesen ab sechs
Jahren; die Illustrationen stammen von Margitta Scherr-Vogelmanns Enkelin Mia Talina Moon Vogelmann.
Erzählt wird die Geschichte des elfjährigen Felix, der
sich nichts mehr als einen Hund wünscht, doch seine berufstätige Mutter ist dagegen. Er macht Bekanntschaft mit einem kleinen
Streuner, den er
"Joker" nennt. Den lustigen Vierbeiner versteckt er in einer alten, verlassenen Mühle, wo er ihn versorgt und viel Spaß mit ihm hat. Als
sich plötzlich herausstellt, dass der Hund vom Zirkus weggelaufen ist, wo er bisher als
"Miracolino, der Wunderhund" aufgetreten ist, wird die Sache zu einem turbulenten Abenteuer für beide,
denn Felix entwickelt einen ungewöhnlichen Plan, der ihm verhelfen soll, den vierbeinigen Zirkuskünstler zu behalten.
(Quelle: epubli.de)
Abbildung Buchcover mit freundlicher
Genehmigung
von Margitta Scherr-Vogelmann und
Mia Talina Moon Vogelmann
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Kurzportrait unter Verwendung von Wikipedia
(Stand August 2008) sowie Informationen von Margitta Scherr;
siehe auch den Artikel bei filmreporter.de,
unter anderem mit einem ausführlichen Interview
vom 06.12.2016
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*) Das Foto wurde mir aus dem Privatarchiv von Margitta Vogelmann zur Verfügung gestellt.
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) fernsehserien.de, 4) Die Krimihomepage,
5) filmportal.de
Quelle: 3) Kritiken, ausgewiesen bei Wikipedia
(abgerufen 11.09.2011)
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Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database
sowie filmportal.de
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Die
Krimihomepage, fernsehserien.de;
EA = Erstausstrahlung) |
Kinofilme
Fernsehen (Auszug)
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und hier noch einige schöne Fotos von
(bzw. mit) Margitta
Scherr:
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Margitta Scherr 1959
© P.G. Neubarth |
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Margitta Scherr 1961
© K.H. Vogelmann |
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Margitta
Scherr mit Hellmut Lange
in dem Krimi "Die letzte Folge" (EA: 07.07.1964)
Quelle: SWR Media Services;
© SWR |
Margitta Scherr mit
Hellmut Lange
Ralf Wolter und Ivan Desny
in dem Krimi "Die letzte Folge" (EA: 07.07.1964)
Quelle: SWR Media Services;
© SWR |
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Margitta Scherr 1967
© K.H. Vogelmann |
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Margitta Scherr 1987
© K.H. Vogelmann |
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Fotos © P.G. Neubarth: Mit
freundlicher Genehmigung der Witwe
Fotos ©
K.H. Vogelmann: Privatarchiv Margitta Vogelmann
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