Die australische Koloratursopranistin Nellie Melba wurde am 19. Mai 1861 in Richmond (heute Teil von Melbourne) als Helen Porter Mitchell und Tochter eines aus Schottland stammenden Baumeisters in eine musikalische Familie hineingeboren. Da sie in Melbourne 1884 ihr erstes Konzert gegeben hatte und glühende Verehrerin der australischen Hauptstadt war, wählte sie später "Melba" als Künstlernamen.
Sie wuchs zusammen mit ihren sieben jüngeren Geschwistern auf, besuchte als junges Mädchen eine presbyterianische Privatschule, erhielt dort schon Gesangsunterricht und fiel mit ihrer ungewöhnlich schönen Stimme auf. 1880 zog sie mit ihrem Vater David Mitchell nach Queensland, heiratete später im Dezember 1882 ihren Mann, Charles Nesbitt Frederick Armstrong (1858 – 1948), und bekam 1883 ihren einzigen Sohn George. Die Ehe war nicht glücklich und wurde bereits nach kurzer Zeit geschieden.
1886 reiste
Nellie Melba mit ihrer Familie nach Europa, um eine musikalische Karriere zu beginnen. Die ersten Versuche in London waren wenig erfolgreich, doch in Paris traf sie die berühmte Gesangslehrerin Mathilde Marchesi1) (eigentlich Mathilde Graumann; 1821 – 1913), welche ihr intensive Gesangsstunden gab und die wunderschöne Naturstimme professionell ausbildete. Nun begann eine, für die damalige Zeit außergewöhnlich erfolgreiche Laufbahn für Nellie Melba; sie avancierte zur ersten australischen Sopranistin, die internationales Ansehen erlangte. Bis in die 1920er Jahre war die Sängerin die ungekrönte Königin am Londoner "Covent Garden", 1918 wurde sie in Großbritannien in den Adelsstand erhoben und durfte sich fortan "Dame Nellie Melba" nennen.

Foto: Nellie Melba auf einer alten Künstlerkarte
Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons
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Nellie Melba auf einer alten Karte; Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Am 13 Oktober 1887 gab sie ihr Bühnendebüt in Brüssel als "Gilda" in Verdis "Rigoletto"1), ein Jahr später trat sie erstmals in London mit der Titelrolle in Donizettis "Lucia di Lammermoore"1) auf, 1888 brillierte sie in Paris als "Ophélie" in "Hamlet"1) von Ambroise Thomas. Mit der "Lucia di Lammermoore" glänzte sie unter anderem 1890 in Sankt Petersburg sowie 1893 an der Mailänder "Scala", ebenso wie im gleichen Jahr an der New Yorker "Metropolitan Opera", wo sie auch in Leoncavallos "Der Bajazzo"1) begeisterte. London, Mailand und New York wurden im Laufe der Zeit neben Paris zu ihrer zweiten künstlerischen Heimat, hier trat sie bis zum Ende ihrer aktiven Laufbahn regelmäßig auf, sang mit so legendären Partnern wie Enrico Caruso2) (1873 – 1921). In Paris studierte sie beispielsweise mit dem Komponisten selbst, Sarah Bernhardt2) (1844 – 1923) und ihrem Partner Jean de Reszke2) (1850 – 1925) die "Marguérite" in Gounods "Faust"1) sowie die weibliche Titelpartie in dessen "Roméo et Juliette" (Romeo und Julia) ein; Komponisten wie Giuseppe Verdi1) (1813 – 1901), Ruggero Leoncavallo1) (1857 – 1919) oder Giacomo Puccini1) (1858 – 1924) arbeiteten mit ihr zusammen, einer ihrer größten Anbeter war der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen1) (1805 – 1875).
Nellie Melba fotografiert von Henry Walter Barnett (1862 – 1934); Quelle: Wikipedia (englisch) von "State Library of New South Wales"; Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Ihre "Aida", die sie 1892 zuerst in London sang, wurde allgemein begrüßt, aber sie setzte die Rolle nur vorsichtig ein, weniger vorsichtig war sie vier Jahre später, als sie an der Seite von Jean de Reszke als "Siegfried" die "Brünhilde" in "Siegfried" an der Met sang – der einzige kapitale Fehler, der ihr in ihrer minuziös geplanten Karriere unterlief und der sie für einige Wochen die Stimme kostete – sie sang die Rolle nie wieder. Hingegen gelang ihr, mit Puccinis "Mimi" eine Rolle zu erobern, die mit ihr assoziiert wurde wie keine andere – nicht zuletzt deshalb bereitete sie bei ihrem Abschiedsabend in Covent Garden ihrem Publikum das Vergnügen, eine 65jährige "Mimi" neben einem 30 Jahre jüngeren "Rodolfo" zu hören.3)
 
Foto: Nellie Melba fotografiert von Henry Walter Barnett*) (1862 – 1934)
Quelle: Wikipedia (englisch) von "State Library of New South Wales"; Lizenz siehe hier
Link: *) Australian Dictionary of Biography
Ihre offizielle Abschiedsvorstellung gab Dame Nellie Melba 1926 in London in Anwesenheit der englischen Königsfamilie; in London war es auch, wo Auguste Escoffier1) (1846 – 1935), der berühmte Meisterkoch des "Savoy Hotels", 1892 oder 1893 ihr zu Ehren die Nachspeise "Pfirsich Melba" erfand, die er in einem aus Eis gehauenen Schwan servieren ließ und welche der Opernstar nach einer Aufführung des Wagnerschen "Lohengrin" zum ersten Mal kostete. Man erzählte sich, dass die Sängerin im Alter in Australien große Gesellschaften gab und jedes Essen stets mit dem "Pfirsich Melba" beendete.
Zwischen 1911 und 1924 ging die Künstlerin auf eine ausgedehnte Operntournee durch ihre Heimat, 1928 zog sie sich dann nach letzten umjubelten Vorstellungen in Sydney und Melbourne endgültig von der Bühne zurück, nur drei Jahre später starb die legendäre Sängerin am 23. Februar 1931 – wenige Wochen vor ihrem 70. Geburtstag – in Sydney an den Folgen einer Blutvergiftung. Ihre letzte Ruhestätte fand sie – gemäß ihrem eigenen Wunsch – in Lilydale, ihre Beisetzung war ein nationales Ereignis mit hochrangigen Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft; auf ihrem Grabstein stehen ihre letzten Worte "Addio!, Senza Rancor" – was übersetzt so viel bedeutet wie "Auf Wiedersehen, ohne Bitterkeit".
 
Bis ins hohe Alter hatte Nellie Melba aufgrund ihrer wunderbaren Technik ihre außergewöhnliche Stimme zur Geltung bringen können. Sie glänzte im französischen ebenso wie im italienischen Fach, interpretierte Delibes' "Lakmé"1) ebenso grandios wie die "Violetta" in Verdis "La Traviata"1); aber auch Rollen, die einen größeren dramatischen Einsatz verlangen, wie die "Mimi" in Puccinis "La Bohème"1), die "Rosina" in Rossinis "Der Barbier von Sevilla"1) oder die "Margarethe von Valois" in Meyerbeers "Die Hugenotten"1) "adelte" sie mit ihrer enormen Ausdruckskraft.
 

Foto: Nellie Melba 1891 (Urheber/Gravur: H. Meyer)
Quelle: Wikimedia Commons von Bibliothèque nationale de France
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Nellie Melba 1891 (Urheber/Gravur: H. Meyer); Quelle: Wikimedia Commons von Bibliothèque nationale de France; Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.
Im "Performing Arts Museum" von Melbourne erinnert eine "Melba"-Abteilung an die legendäre Sängerin; dort werden neben zahlreichen Fotografien und historischen Dokumenten auch ihre Kostüme und Schmuckstücke, die sie für die verschiedensten Rollen getragen hat, ausgestellt; ein Konzertsaal in der Universität von Melbourne trägt den Namen "Melba Hall", eine australische 100 Dollar-Note zeigt, ebenso wie eine Briefmarke, ihr Konterfei. Nellie Melba selbst hatte bereits 1909 in Richmond das "Melba Conservatorium of Music" gegründet, wo sie später auch als Musikpädagogin tätig war.
Nur noch wenige Tondokumente zeugen heute von der enormen sängerischen Dominanz und stimmlichen Bandbreite der Operndiva; erste Schallplatten machte sie bereits 1904, weitere, rund 130 Titel, wurden bis in die 1920er Jahre aufgenommen und das Gros ihrer Aufnahmen ist in zwei Kassetten – herausgegeben von der Londoner EMI und der australischen RCA – heute der Nachwelt erhalten. Die Platten zeigen, dass keine Sängerin des Jahrhunderts eine größere Zahl von makellos reinen Tönen hat verewigen können. Es sind Töne, die die Grenzen der menschlichen Stimme versetzen, Triller, die so ebenmäßig schwingen wie eine Sinuskurve, und Skalen, die aus Perlen gereiht sind. Henderson hat ihre Stimme genau beschrieben: Sie umspannte einen Umfang vom B unter dem Schlüssel bis zum hohen F. Ihre Skala war durchgehend vollkommen ausgeglichen, und es gab, von der Tiefe bis zur Höhe, nicht die geringste Veränderung der Klangqualität. Alle Töne saßen vorn; es gab nie auch nur den geringsten Anflug von Kehligkeit. Die volle, flutende und leichte Emission der Töne ist von keinem Sänger unserer Zeit erreicht, geschweige denn übertroffen worden. Die Intonation war überragend in ihrer Genauigkeit; die Sängerin wich kaum je von der korrekten Tonhöhe ab."4)

Jens Malte Fischer gibt in seinem Buch "Grosse Stimmen" folgende Literaturhinweise zu Nellie Melba: "Die Literatur zu Nellie Melba entspricht ihrer säkularen Karriere. Da ist zunächst ihre Autobiographie Melodies and Memories (London 1925), dann die immer noch unentbehrliche frühe Biographie von Agnes G. Murphy: Melba: A Biography (London 1909). Von Percy Colson stammt Melba. An Unconventional Biography (London 1932). Joseph Wechsbergs romanhafte biographische Erzählung Red Plush and Black Velvet (Boston 1961) erschien auch auf deutsch (Roter Plüsch und schwarzer Samt, Reinbek 1964)."3)
Eine jüngere Biographie ist die von John Hetherington: Melba (New York 1968), eine Sammlung von Zeugnissen gab W. R. Moran 1984 heraus: Nellie Melba. A Contemporary Review (Westport, Conn.)." 

Siehe auch Wikipedia (deutsch) sowie die ausführliche Seite bei der englischsprachigen Wikipedia
Lizenz Fotos Nellie Melba: Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP
Quelle: 
3) "Grosse Stimmen" von Jens Malte Fischer, Verlag J. B.  Metzeler, Stuttgart 1993, S. 41 bzw. (Literaturhinweise) S.  44
4)  "Die Grossen Sänger des 20. Jahrhunderts" von Jürgen Kesting,  Cormoran Verlag (München), 1993, S. 35
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