Rudolf (Johann) Schock wurde am 4. September 1915 als Sohn eines
aus Westpreußen stammenden Hafenarbeiters
in der nordrhein-westfälischen Stadt Duisburg geboren. Nur wenige Jahre später
verstarb 1923 sein Vater, seine Mutter, die unter anderem im Duisburger Stadttheater
arbeitete, musste ihn sowie seine älteren vier Geschwister mehr schlecht als
recht durchbringen. Schock sang von Kindheit an in der Familie und
in verschiedenen Chören. Nach dem frühen Tod des Vaters im Jahre 1923 unterstützten er
und seine vier Geschwister, die später alle Berufssängerinnen und -sänger wurden,
die Mutter finanziell dadurch, dass sie bei Festen und in Lokalen mit volkstümlichen Liedern und Operettenmelodien auftraten.1)
Bevor Rudolf Schock zu einem der prägendsten und beliebtesten lyrischen
Tenöre der Nachkriegszeit avancierte, studierte er Gesang in Köln
bei Professor Gustav Pilken. Bereits seit 1932 war er zusammen mit seiner
Schwester Elfriede Mitglied des Duisburger Opernchores, 1936 wirkte er als 1. Chortenor erstmals
in Bayreuth mit, wo er auch dem Heldentenor Laurenz Hofer
(1888 1964) begegnete, der seine gesangliche Karriere noch bis Mitte der
1950er Jahre auch als Gesanglehrer begleitete.
1937 erhielt Schock ein Engagement am Landestheater Braunschweig und trat dort
erstmals in Lorzings "Die beiden Schützen" als Solist auf. 1940 wurde Schocks
Karriere durch den 2. Weltkrieg unterbrochen, er musste als Soldat Kriegsdienst leisten und
konnte nur an der "Wiener Staatsoper" (September 1940) sowie 1943/44 am
"Deutschen Opernhaus" in Berlin wieder zeitweilig auf der Bühne
stehen.
Foto: © Rainer Binder
Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem Fotografen Rainer Binder zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Rainer Binder; das Foto darf nicht für andere Zwecke verwendet
werden.
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Nach Ende des 2. Weltkrieges war Schock seit Herbst 1945 am "Staatstheater Hannover"
verpflichtet, 1946 wechselte er an die "Berliner Staatsoper", im
darauffolgenden Jahr an die "Hamburger Staatsoper",
dessen Ensemblemitglied er bis 1956 blieb. Seit 1948 trat Schock wiederholt
bei den "Salzburger Festspielen" auf, Gastspiele und Tourneen
führten ihn unter anderem an die "Royal Covent Garden Opera" in London (1948/49), Australien (1949 mit
dem Programm, das für den 1948 verstorbenen Richard Tauber2) vorgesehen gewesen war), Amerika,
die Niederlande und
Belgien. Seit 1951 war er an der "Wiener Staatsoper" verpflichtet, durch Gastspielverträge
gleichzeitig mit der
"Deutschen Oper am Rhein" (Düsseldorf-Duisburg) und den Staatsopern von München und Hamburg verbunden.
Schock machte mit seiner schönen, lyrischen Tenorstimme vor allem als
Mozart-Interpret auf sich aufmerksam, brillierte beispielsweise auch bei den
Salzburger Festspielen 1951 mit der
Titelrolle in "Idomeneo"3).
Er begeisterte
die Zuhörer unter anderem als
"Jacquino" in Beethovens "Fidelio"3), gab den
Jägerburschen Max in
Webers "Der
Freischütz"3) oder glänzte mit der Titelpartie in Wagners
"Lohengrin"3).
Zu Schocks weiterem, herausragenden Repertoire gehörten auch der
Ritter Walther von Stolzing in Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"3),
der Don José in Bizets "Carmen"3), die Titelrolle
des Räuberhauptmanns in Aubers "Fra Diavolo",
der Bacchus in Richard Strauss' "Ariadne
auf Naxos"3) oder der Lenski in Tschaikowskis "Eugen Onegin"3) um nur einige der
vielen Partien zu nennen.
Rudolf Schock als Hans, der Oper "Die verkaufte
Braut"3)
von Bedřich Smetana3)
an der "Komischen Oper", Berlin
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000883_016)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek3) (19011983); undatiertes Foto
Quelle:
www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Während seiner Karriere als
Operntenor arbeitete Schock mit so bedeutenden Dirigenten wie beispielsweise
Karl Böhm (1894 1981),
Wilhelm Furtwängler3)
(1886 1954) und
Herbert von Karajan3) (1908 1989)
zusammen, zu seinen
Partnerinnen zählten neben vielen anderen berühmten Sängerinnen auch
Erna Berger2) (1900 1990),
Elisabeth Schwarzkopf2) (1915 2006),
Rita Streich2)
(1920 1987), Elisabeth Grümmer2) (1911 1986)
und Anneliese Rothenberger2) (1926 2010).
Ungeheure Popularität erlangte der blendend aussehende und international
renommierte Tenor Rudolf Schock vor
allem ab Ende der 1950er Jahre durch seine zahlreichen Auftritte im Rundfunk, in
Fernseh- und Unterhaltungsshows sowie seiner Mitwirkung in einigen Musikfilmen
und TV-Produktionen. Vor allem aber in späteren Jahren durch seine
schwerpunktmäßige Hinwendung zur Operette, was von einigen Kritikern
allerdings negativ bewertet wird.
Dennoch seine Beliebtheit bleibt unbestritten, er war der "Danilo" sieht
man von Johannes Heesters einmal ab par excellence in Léhars "Die
Lustige Witwe"3),
hinreißend als "Eisenstein" in
Johann Strauss' "Die
Fledermaus"3) oder als Graf Erminio Saluzzo in Millöckers
Operette "Gasparone"3).
Rudolf Schock als Nemorino in der komischen Oper
"Der Liebestrank"3)
von Gaetano
Donizetti3), 1950 an der "Deutschen Staatsoper",
Berlin
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000873_068)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek3) (19011983); Datierung: 20.06.1950
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Schock entwickelte sich zu einem
"Sänger des Volkes" und stand Leinwandstars wie Rudolf Prack2)
(1905 1981) oder Dieter Borsche2) (1909 1989)
in nichts nach. Das lag wohl auch seiner Fähigkeit, bekannte
Arien mit seinem unverwechselbaren Timbre wie Schlager zu präsentiere damit
sang er sich in die Herzen eines breiten Publikums und bleibt vor allem Liebhabern
der "leichten Muse" unvergessen. Seine Tenorstimme war von seltenem Glanz in den hohen Lagen und
von nuancenreichem Ausdruck, mit der er sowohl in der Oper als auch in der Operette, im
Kunst- wie im Unterhaltungslied stets vielfältige Aufgaben fand.
Umjubelte Liederabende in überfüllten und stets ausverkauften Konzertsälen
sprachen für seine enorme sängerische Dominanz, unzählige Plattenaufnahmen mit mehr als
1 000 Titeln, die sich millionenfach verkauften (und immer noch verkaufen),
zeugen von Schocks Medienpräsenz. Rudolf Schock selbst meinte einmal in einem
Interview "Die Leute spüren, dass ich einer der ihren bin.
In erster Linie habe ich immer für mein Publikum gesungen und nicht für einen kleine Kreis von
Fachleuten".
Als "Filmstar" bleibt 1953 seine Verkörperung des legendären Richard Tauber
in "Du bist die Welt für mich"3) in Erinnerung. Im Heimat- und
Musikfilm der 1950er trat er unter anderem in Streifen wie "Der fröhliche Wanderer"3) (1955) oder dem Melodram "Stimme der Sehnsucht"3) (1956) auf,
Schock mimte beispielsweise neben Gerhard Riedmann als Emmerich Kálmán
den Tenor Janos Hegedüsch in dem Biopic "Der Czardas-König"3) (1958, Die Emmerich-Kalman-Story),
machte als verarmter Graf Michael in Rudolf Schündlers
Operettenverfilmung "Gräfin Mariza"3) (1958) eine
ebenso blende Figur wie als Franz von Schober3) (1796 1882) in
Ernst Marischkas "Das Dreimäderlhaus"3) (1958)
an der Seite von Karlheinz Böhm als Komponist Franz Schubert3) (1797 1828).
Seine Bühnenlaufbahn hatte Rudolf Schock anlässlich des 60. Geburtstages
1975 mit der Rolle des "Belmonte" in Mozarts "Die Entführung aus dem Serail"
beendet, sein letztes Konzert gab er am 9. November 1986 in
Düren. Nur zwei Tage später starb der 1954 in Wien zum "Kammersänger"
ernannte Rudolf Schock unerwartet am 13. November 1986
mit 71 Jahren in Düren infolge eines Herzversagens; die letzte
Ruhe fand er auf dem Friedhof Düren-Gürzenich → Foto der Grabstelle
bei knerger.de.
Aus seiner Ehe mit
der Tänzerin Gisela Behrends, die Schock 1940 geheiratet hatte,
stamm(t)en zwei Töchter, Isolde (1941 1983) und Dagmar (geb. 1945), die
später als Musiklehrerin tätig war.
Während seiner Karriere wurden dem Tenor und Liebling der bundesdeutschen
TV-Unterhaltung zahlreiche Ehrungen zuteil, so erhielt er unter anderem 1961 den "Goldenen Electrola-Ring",
1967 und 1970 einen "Goldenen Bildschirm" und 1985 die "Hermann-Löns-Medaille".
Schock war Träger des "Bundesverdienstkreuzes am Bande, Erster Klasse",
mit dem er auch für seine Verdienste um die Verbreitung der sogenannten
"ernsten Musik" ausgezeichnet worden war. Seine Geburtsstadt Duisburg würdigte ihren berühmten "Sohn" mit
der "Mercator-Medaille" (1971). In Düren erinnert der
"Rudolf-Schock-Platz" sowie in Duisburg Hochfeld
die "Rudold-Schock-Straße" an den legendären Künstler mit
Star-Status, der als einer der größten Tenöre der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute verehrt und bewundert wird.
Seine Memoiren veröffentlichte der Sänger noch kurz vor seinem
Tod in Zusammenarbeit mit Rolf Ulrici3) (1922 1997) unter dem
Titel "Ach, ich hab in meinem Herzen";
bereits 1962 war von Friederich Herzfeld die Biografie "Rudolf Schock" erschienen.
Im Jahr 1991 erschien ein Buch von Charlotte Hofmann-Hege, "Alle Tage
ist kein Sonntag Das Geheimnis um Rudolf Schock und die Schlossmagd".
Es erzählt die rührende Geschichte einer heimlichen Verehrerin Schocks.1)
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